Von Stephen Wilmot

NEW YORK (Dow Jones)--Luxusauto-Marken sollten langfristig bessere Investments sein als die auf dem Massenmarkt. Das heißt aber nicht, dass sie vor jeder Rezession gefeit sind. Weniger als zwei Wochen nach seinem Börsengang hat Porsche bereits seinen Mehrheitsaktionär Volkswagen in Bezug auf den Marktwert überholt. Der Vergleich hinkt angesichts der Unterschiede in der Kapitalstruktur. Aber er unterstreicht unter anderem die Vorliebe der Anleger für teure Fahrzeuge gegenüber billigeren, da das Risiko einer nachlassenden Nachfrage immer schwerer zu ignorieren ist. Während die meisten Aktien von Automobilherstellern mit Multiplikatoren im mittleren einstelligen Bereich gehandelt werden, ist Porsche jetzt mit dem fast 17-fachen der diesjährigen Gewinne bewertet, wenn man die Prognosen hochrechnet.

Unterdessen schlagen die wirtschaftlichen Sorgen auf beiden Seiten des Atlantiks immer heftiger ins Kontor. In Europa liegt der Schwerpunkt auf dem Energiesektor. Selbst mit massiver staatlicher Unterstützung dürften die himmelhohen Strompreise wahrscheinlich die Wirtschaftstätigkeit und die Verbraucherausgaben dämpfen. In den USA sind steigende Zinssätze das Problem für Produkte, die normalerweise auf Pump gekauft werden. Die schlechten Quartalsergebnisse des Gebrauchtwagenanbieters Carmax im vergangenen Monat, der vor einer "Verlagerung des Verbraucherausgaben hin zu kleinere Ausgaben" warnte, ließen den Sektor erschaudern. Auf der einen Seite ist es sinnvoll, dass Anleger Zuflucht im Luxus suchen. Marken wie Porsche oder Ferrari ermöglichen es den Unternehmen, hohe Preise für Fahrzeuge zu verlangen, deren Produktion nicht viel kapitalintensiver ist als die von Fahrzeugen, die im Wettbewerb um ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis stehen. Aus diesem Grund schneiden die Hersteller von Luxusfahrzeugen bei den klassischen Qualitätskennzahlen eines Unternehmens wie Cashflow und Kapitalrendite so viel besser ab als ihre Konkurrenten auf dem Massenmarkt.


   Porsche ist kein Wundermittel gegen Rezession 

Das heißt aber nicht, dass Porsche nicht zyklisch ist, im Gegenteil. Obwohl das Unternehmen die kurze, merkwürdige Covid-Rezession mit kaum einem Kratzer überstanden hat, war der vorherige große Abschwung anders. Der Umsatz brach 2008 um 22,5 Prozent ein. Die Analysten von Quest, der auf Cashflow spezialisierten Abteilung von Canaccord Genuity, weisen darauf hin, dass das Modell 911 von Porsche noch schlechter anschnitt. So hatte sich die Produktion in den fünf Jahren bis 2011 mehr als halbiert. Dabei handelt es sich um das Modell, das das Unternehmen als die Verkörperung seiner Marke ansieht - so sehr, dass es seinen Börsenticker P911 genannt hat.

Auch das Leasing, das im vergangenen Jahr 43 Prozent der von Porsche verkauften Fahrzeuge ausmachte, könnte eine Schwachstelle bedeuten. Einige Käufer haben wahrscheinlich aus Bequemlichkeit geleast, aber andere hätten sich die Marke ohne die Leasing-Option, die Luxusautos wegen ihrer hohen Restwerte erschwinglicher macht, vielleicht nicht leisten können. Steigende Zinssätze werden die finanziellen Möglichkeiten, die hinter diesem Eigentumsmodell stehen, in Frage stellen, insbesondere wenn die Gebrauchtwagenwerte von ihren jüngsten Höchstständen zurückgehen.


   Dank schwachem Angebot könnten Preise auf Massenmarkt stabil bleiben 

Umgekehrt könnte ein Abschwung für die Hersteller von Massenautos weniger gefährlich sein als befürchtet, wenn man die derzeitige Knappheit an zu verkaufenden Fahrzeugen bedenkt - das Ergebnis von fast drei Jahren mit Produktionszahlen auf Rezessionsniveau. Die fetten Auftragsbücher, auf denen sie derzeit sitzen, würden schrumpfen, aber die Kombination aus schwacher Nachfrage und schwachem Angebot könnte die Preise hochhalten. Unternehmen, die in den guten Jahren hart an der Umstrukturierung gearbeitet haben, wie General Motors und Stellantis, scheinen besser auf stürmisches Wetter vorbereitet zu sein, als der Markt es ihnen zutraut. In den kommenden Jahren könnten die Gewinne aller Automobilhersteller einem Qualitätstest unterzogen werden, wie er seit Jahren nicht mehr stattgefunden hat - die Nachfrageschwäche wegen Covid war zu kurzlebig, um zu zählen. Die Ergebnisse werden vielleicht nicht ganz so eindeutig sein, wie die Anleger zu erwarten scheinen.

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October 10, 2022 09:09 ET (13:09 GMT)