STUTTGART (dpa-AFX) - Chinesische Investoren haben ihre Firmenkäufe in Europa stark reduziert. Im vergangenen Jahr gab es nach einer Analyse der Unternehmensberatung EY europaweit noch 139 Übernahmen oder Beteiligungen chinesischer Investoren an europäischen Firmen, 16 weniger als 2021.

Den geschätzten Wert dieser 139 Deals beziffern die Autoren der am Dienstag veröffentlichten Studie auf lediglich 4,3 Milliarden Dollar (4 Mrd Euro), im Vergleich zum Vorjahr wäre das ein Rückgang um fast zwei Drittel. EY verweist jedoch darauf, dass die Kaufpreise bei der Mehrheit dieser Übernahmen nicht veröffentlicht wurden.

Deutlich wird das Ausmaß der derzeitigen chinesischen Zurückhaltung vor allem im längerfristigen Vergleich zum Rekordjahr 2016. Damals hatte EY 309 Firmenkäufe oder -beteiligungen chinesischer Investoren in Europa mit einem Gesamtvolumen von 86 Milliarden Euro gezählt. Vor sieben Jahren war der größte Deal in Deutschland der Kauf des Augsburger Roboterherstellers Kuka durch den chinesischen Midea-Konzern, der allein geschätzte 4,7 Milliarden Dollar gekostet hatte.

Seither sind die Zahlen nahezu kontinuierlich gesunken, auch in Deutschland sind chinesische Übernahmen derzeit selten. Laut EY kam es im vergangenen Jahr lediglich zu 26 Übernahmen oder Beteiligungen an deutschen Firmen, für insgesamt knapp 290 Millionen Dollar. Die EY-Zahlen legen die Vermutung nahe, dass Käufer aus der Volksrepublik politisch umstrittene Großkäufe im Stil der Kuka-Übernahme mittlerweile vermeiden.

Abgesehen von politischen Hürden und Spannungen zwischen China und dem Westen spielten nach EY-Einschätzng auch die mitterweile beendeten drakonischen Covid-Restriktionen in China eine Rolle. Reisebeschränkungen und strenge Quarantäne-Regeln hätten Transaktionen erschwert, sagte Sun Yi, Leiterin der China Business Services für Westeuropa.

In diesem Jahr werden nach Einschätzung der Unternehmensberaterin wieder mehr chinesische Unternehmen in Europa nach Übernahmekandidaten Umschau halten. "Allerdings wird die Zahl der Deals nicht zuletzt aufgrund der politischen Rahmenbedingungen weiterhin deutlich niedriger liegen als in den Boom-Jahren", prophezeite Sun./cho/DP/zb