PLANEGG (dpa-AFX) - Das Biotechnologieunternehmen Medigene steht einer Übernahme grundsätzlich offen gegenüber. "Als börsennotiertes Unternehmen entscheiden darüber unsere Aktionäre. Aktuell liegt aber keinerlei Angebot auf dem Tisch", sagte Finanzchef Thomas Taapken in einem Gespräch mit der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX. Übernahmespekulationen hatten den Kurs von Medigene zuletzt nach oben getrieben, nachdem der US-Pharmakonzern Gilead das Biotechunternehmen Kite Pharma geschluckt hatte. Große Pharmaunternehmen halten immer wieder Ausschau in der Biotechbranche, um ihre Produktpipeline aufzubessern.

Medigene etwa forscht derzeit an einer neuartigen Krebsimmuntherapie, von der sich Taapken für das Unternehmen viel verspricht. "Am Markt scheint sich nun die Auffassung durchzusetzen, dass unsere Technologien nicht mehr nur bloße Theorie sind", sagte Taapken. Das Interesse der Pharmabranche an der neuartigen Krebsimmuntherapie sei dabei groß. "Doch die Branche, aber auch unsere Investoren dürften erst einmal die Ergebnisse unserer Studien abwarten", sagte Taapken. Medigene hat einen entsprechenden Antrag im Juli eingereicht. "Mit der Genehmigung rechnen wir bis Ende des Jahres." Dabei handelt es sich zunächst um eine Sicherheits- und Machbarkeitsstudie der Phase I/II.

Medigene wäre dann das erste Unternehmen in Deutschland, das eine Studie zu der neuartigen Krebsimmuntherapie beginnen würde. Diese gilt als die nächste Generation der bereits zugelassenen Gen-Therapien von Gilead/Kite und dem Schweizer Pharmakonzern Novartis .

Bei Medigenes sogenannter T-Zellrezeptor-Therapie (englisch TCRs) werden die für die Immunabwehr zuständigen T-Zellen des Patienten so verändert, dass sie Krebszellen erkennen und unschädlich machen können. "Wir haben eine Technologie entwickelt, mit der wir jede spezifische Zielstruktur konkret angehen können", erläuterte Taapken. Wie bei einer Impfung sollen die T-Zellen auch bei einem Wiederaufflammen der Krankheit sofort zuschlagen.

Im Falle positiver Daten stellt sich laut Taapken für Medigene dann auch die Frage, ob für die Weiterentwicklung hin zur Marktreife eines Produktes ein Partner nötig wird - etwa in Form einer Entwicklungspartnerschaft. Auch im Fall eines Übernahmeangebotes würde dieses im Interesse der Aktionäre geprüft werden, sagte Taapken. Medigenes Aktionärsstruktur ist sehr breit gefächert - mit dem Finanzinvestor QVT hält der größte Anteilseigner weniger als 15 Prozent.

Aktuell sitzt Medigene aber auf einem genügend dicken Finanzpolster. Nach der jüngsten Kapitalerhöhung im Mai von über 20 Millionen Euro brutto und dank einer Vorauszahlung in Höhe von 15 Millionen Dollar durch den im Herbst vergangenen Jahres neu hinzugewonnenen US-Partner Bluebird reichten die Finanzmittel noch bis 2020, so der Finanzchef. Dies ist auch nötig, denn die Kosten für Forschung und Entwicklung dürften auch im dritten Quartal - wie bereits zur Halbjahresbilanz angekündigt - weiter gestiegen sein.

"Das Jahresviertel ist sehr gut und wie geplant verlaufen", sagte Taapken und verwies unter anderem auf Fortschritte in einigen Forschungsprojekten. Weil die Kosten steigen, rechnet Medigene bislang mit einem Jahresverlust von 16 bis 18 Millionen Euro. "An dieser Prognose halten wir fest, potenzielle Meilensteinzahlungen von Partnern nach wie vor nicht eingerechnet."

In der Pharmabranche ist es keine Seltenheit, dass einem marktreifen Produkt mehrjährige Investitionszeiträume und lange Verlustphasen vorangehen. Von der Gewinnschwelle scheint auch Medigene noch weit entfernt. "Kurzfristig werden wir weiter investieren, langfristig werden wir aber natürlich profitabel werden müssen", sagte Taapken. Auf einen konkreten Zeitplan ließ er sich dabei aber nicht festlegen.

Für die künftige Finanzierung werde Medigene auch weiter den Weg über Kapitalmaßnahmen und Partnerschaften beschreiten - und dies möglichst ausbalanciert. Eine konkrete Kapitalmaßnahme sei derzeit aber nicht in Vorbereitung. Auch ein Umbau zum reinen Dienstleister wie bei der Bluebird-Kooperation sei nicht geplant. "Es ist nicht unser Fokus, eine breite Service-Plattform aufzubauen, da wir damit die eigenen Kapazitäten ausschließlich für Partnerprojekte verwenden würden." Medigene wolle vorrangig die eigenen Projekte durch die klinische Prüfung in Richtung Zulassung bringen, so Taapken.

Bei dem vom Unternehmen im Frühjahr ins Schaufenster gestellten Mittel Veregen zur Behandlung von Genitalwarzen prüft Medigene derweil weiterhin alle Optionen, darunter auch einen Verkauf. "Wir haben aber keine Eile, weshalb wir auch niemanden für einen Verkauf engagiert haben", sagte Taapken. Gespräche über Veregen gebe es aber immer wieder./tav/nas/