FRANKFURT (Dow Jones)--Europas Börsen stehen auch am Montagnachmittag unter erheblichem Abgabedruck. Die Verschärfung der Lage um die Ukraine und die harten Sanktionen gegen Russland stellen einen Gift-Cocktail für die Börsen dar. Sie dürften zahlreiche westliche Unternehmen in Mitleidenschaft ziehen, vor allem den Bankensektor. Dieser bricht um 5,8 Prozent ein. Gewinner sind Rüstungsaktien mit teils nie gesehen Kursaufschlägen. Der DAX fällt um 2,1 Prozent auf 14.259 Punkte, der Euro-Stoxx-50 reduziert sich um 2,6 Prozent auf 3.866 Punkte. Gesucht sind "sichere Häfen" wie die Rentenmärkte, von Panik kann aber keine Rede sein.

Der Westen hat nun russische Banken aufgrund der andauernden Angriffe auf die Ukraine vom Swift-Zahlungssystem ausgeschlossen. Die Verbündeten beschlossen zudem, die Möglichkeiten der russischen Zentralbank weiter einzuschränken, mit internationalen Finanzgeschäften den Kurs des Rubel zu stützen. Die europäischen Tochtergesellschaften der russischen Sberbank werden "wahrscheinlich" zahlungsunfähig, erklärte die Europäische Zentralbank (EZB). Aufgrund der internationalen Verbindungen der Bankgeschäfte belastet dies auch den Banken-Sektor in Europa. Unter anderem fallen Deutsche Bank und Commerzbank um bis zu 8,8 Prozent.

Der Rubel steht stark unter Druck, und das obgleich die russische Notenbank den Leitzins auf 20 Prozent angehoben hat. Der Preis für die Feinunze Gold steigt wieder über die Marke von 1.900 Dollar, liegt aber unter dem Hoch der Vorwoche. Auch wenn Gold als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten gilt, könnten Verkäufe von Russlands Goldreserven für Druck sorgen. Auch die Preise für die Ölsorten WTI und Brent ziehen stark an. Der Handel an der russischen Börse ist derweil zunächst eingestellt worden.


   Russland versetzt Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft 

Dazu hat Russland mit einer erhöhten Alarmbereitschaft seiner Streitkräfte reagiert, was vor allem wegen der Nuklearwaffen Sorgenfalten hervorruft. Und selbst Störungen der Energieversorgung aus Russland könnten nicht ausgeschlossen werden, heißt es von Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege bei der Deutschen Bank. Ein weiterer Anstieg der Energiepreise würde aber nicht nur die Inflation anschieben, sondern auch die Konjunktur belasten.

Der Automobilsektor ist mit 4,9 Prozent fast so schwach wie der Bankensektor. Stellantis fallen um 5,4 Prozent, BMW 4 und VW um 5,6 Prozent. Renault mit ihrem hohen Russland-Exposure brechen um 11 Prozent ein. Die Aktien des Reifenherstellers Nokian Tyres erleben einen Crash mit minus 22 Prozent. Für die Finnen ist Russland einer der größten Absatzmärkte.

BP fallen in London um 6,5 Prozent. Der Ölriese will seine 20-Prozent-Beteiligung an der russischen Rosneft verkaufen. Dies könne durch die Kombination aus Verkaufszwang und Kurseinbruch des Rubel zu einem Milliardenverlust werden.

In dem schwierigen Gesamtmarkt geht es für Eon um 1,2 Prozent und RWE um 2,7 Prozent nach oben. Die Aktien profitieren nach Angaben aus dem Handel von Spekulationen, dass die Restlaufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke verlängert werden könnten. Wirtschaftsminister Habeck hat eine Verlängerung nicht ausgeschlossen. Die Versorger selbst sind von der Idee einer Verlängerung zumindest bislang nicht angetan.

Mit der Aussicht auf eine Beschleunigung der Energiewende haussieren Renewable-Aktien. Im Handel heißt es, der einzige wirtschaftliche Hebel, den Russland über Europa habe, sei die Abhängigkeit von russischem Gas. Die Politik werde nun alles tun, um diese zu verringern, etwa in Form von mehr AKWs bzw der Verlängerung bestehender Laufzeiten und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien. Nordex steigen 16,8 Prozent, Vestas 14,6 Prozent oder Siemens Gamesa 14 Prozent. Siemens Energy liegen 9,7 Prozent vorne.


   Hausse im Rüstungssektor 

Wie erwartet sind weltweit die Aktien der Rüstungsunternehmen die Hauptgewinner des russischen Angriffs. Experten sprechen bereits von einer "Zeitenwende" bei der Einschätzung der Verteidigungserfordernisse. Vor allem die Bundeswehr könne ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen und habe einen massiven Investitionsbedarf. Wichtige Truppenteile wie die Flugabwehr seien im Heer gar nicht mehr vorhanden und Deutschland der Nato-Forderung von 2 Prozent des BIP für die Verteidigung seit Jahren nicht nachgekommen. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte daher an, der Bundeshaushalt 2022 werde einmalig mit einem Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr ausgestattet.

Bei Rheinmetall geht es 25 Prozent höher, Hensoldt machen einen Satz von 41 Prozent. Selbst Aktien von Unternehmen mit hohen Marktkapitalisierungen wie BAE Systems aus Großbritannien und Leonardo aus Italien springen deutlich nach oben. Den Radar-Spezialisten Hensoldt treibt zudem ein Auftrag vom US-Militär. Hensoldt hat eine Erfindung aus Tschechien so weit entwickelt, dass selbst Stealth-Flugzeuge durch Mobilfunk-Abstrahlungen aufgespürt werden können.

Für die Aktie von Heidelberg Pharma geht es um 52 Prozent nach oben, nachdem das Unternehmen eine strategische Partnerschaft mit Huadong bekannt gegeben hat. Huadong beteiligt sich auch an einer Bezugsrechtsemission und übernimmt Anteile in Höhe von insgesamt 105 Millionen Euro, das chinesische Pharmaunternehmen wird damit zweitgrößter Aktionär.


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Aktienindex              zuletzt      +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.878,86      -2,3%        -91,83          -9,8% 
Stoxx-50                3.610,92      -1,4%        -50,32          -5,4% 
DAX                    14.323,21      -1,7%       -244,02          -9,8% 
MDAX                   31.678,77      -0,4%       -121,54          -9,8% 
TecDAX                  3.218,77      +0,9%         27,87         -17,9% 
SDAX                   14.362,96      +0,1%         12,14         -12,5% 
FTSE                    7.395,82      -1,3%        -93,64          +1,4% 
CAC                     6.589,51      -2,4%       -162,92          -7,9% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       0,16                    -0,06          +0,34 
US-Zehnjahresrendite        1,87                    -0,10          +0,36 
 
DEVISEN                  zuletzt      +/- %  Mo, 8:38 Uhr  Fr, 17:04 Uhr   % YTD 
EUR/USD                   1,1224      +0,6%        1,1190         1,1243   -1,3% 
EUR/JPY                   129,36      +0,4%        129,26         129,95   -1,2% 
EUR/CHF                   1,0310      -0,2%        1,0360         1,0435   -0,6% 
EUR/GBP                   0,8368      +0,1%        0,8367         0,8385   -0,4% 
USD/JPY                   115,26      -0,2%        115,55         115,60   +0,1% 
GBP/USD                   1,3410      +0,5%        1,3374         1,3408   -0,9% 
USD/CNH (Offshore)        6,3166      -0,2%        6,3124         6,3144   -0,6% 
Bitcoin 
BTC/USD                39.793,04      +5,2%     38.297,65      39.527,91  -13,9% 
 
ROHOEL                   zuletzt  VT-Settl.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                  94,91      91,59         +3,6%           3,32  +27,5% 
Brent/ICE                 100,62      97,93         +2,7%           2,69  +29,8% 
 
METALLE                  zuletzt     Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.909,62   1.889,20         +1,1%         +20,42   +4,4% 
Silber (Spot)              24,36      24,28         +0,3%          +0,08   +4,5% 
Platin (Spot)           1.056,00   1.055,05         +0,1%          +0,95   +8,8% 
Kupfer-Future               4,48       4,47         +0,3%          +0,01   +0,5% 
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February 28, 2022 10:02 ET (15:02 GMT)