Zürich (awp) - Die Privatbankengruppe Julius Bär publiziert am Donnerstag, 1. Februar, die Zahlen zum Geschäftsjahr 2023. Zum AWP-Konsens haben insgesamt neun Analysten beigetragen.

2023E
(in Mio Fr.)           AWP-Konsens         2022A 

Betriebsertrag             3713             3853  
Adj. Konzerngewinn          840             1050  
IFRS Konzerngewinn          802              950 

(in BP)
Bruttomarge                85,2             87,0  

(in %)
Cost/Income-Ratio          70,6             65,9 

(in Mrd Fr.)
Net New Money (NNM)        13,0              8,7  


(in Mrd Fr.)         per 31.12.2023      per 30.10.2023

Kundenvermögen (AuM)        442              435   


(in Fr.)                  2023E            2022A

Dividende je Aktie         2,60             2,60   

FOKUS: Julius Bär soll an der Jahresberichterstattung Klarheit darüber schaffen, welche Verluste der Bank aus den hohen Krediten an die mittlerweile insolvente Signa-Gruppe entstanden sind. (siehe auch PRO MEMORIA). Allgemein wird erwartet, dass die Julius Bär weitere Kreditrückstellungen vornehmen muss. Schätzungen reichen dabei von 150 Millionen in den Jahren 2023 und 2024 bis zu einer Rückstellung von 400 Millionen Franken für 2023. Einige Analysten würden eine vollumfängliche Abschreibung der Kredite auf einen Schlag als "Schlussstrich" unter die Affäre begrüssen.

Mehr Auskunft erhoffen sich die Anleger zudem über die Besicherung der Signa-Kredite: Offenbar sind diese teilweise durch - mittlerweile wohl wertlos gewordene - Aktien oder durch Einnahmenströme von Warenhäusern besichert. Zudem warten die Investoren gespannt auf die Resultate der angekündigten Überprüfung des Private-Debt-Geschäfts durch den Verwaltungsrat. Auch die Frage nach Reaktionen und allfälligen Sanktionen durch die Finanzmarktaufsicht Finma steht im Raum.

Der Jahresgewinn dürfte angesichts der Kreditrückstellungen klar unter dem Vorjahresniveau ausfallen. Auch Julius Bär selbst hatte bereits im November rückläufige Gewinnzahlen angekündigt - neben den Rückstellungen für die Signa-Kredite werde auch ein höherer Steuersatz das Resultat belasten. Trotz tieferem Gewinn wird allerdings eine unveränderte Dividende erwartet. Fraglich ist allerdings, ob angesichts einer möglicherweise tieferen Kapitalisierung ein neues Aktienrückkaufprogramm absehbar ist.

Im Fokus stehen zudem allfällige Reaktionen der Kunden auf die anhaltenden Negativ-Schlagzeilen um die Privatbank. Nach den ersten zehn Monaten 2023 lagen die Zuflüsse noch bei 3 Prozent, etwas gebremst durch den Fremdfinanzierungsabbau von Kunden. Die verwalteten Vermögen dürften immerhin dank der Unterstützung durch die Märkte weiter gestiegen sein.

Weitere Informationen werden auch über den laufenden Ausbau bei den Kundenberaterinnen und -berater erwartet. Im Nachgang zum Verschwinden der Credit Suisse will Bär die Zahl ihrer "Relationship Manager" deutlich erhöhen - bis Ende Oktober stieg deren Zahl um 75 Vollzeitstellen.

Nicht auszuschliessen sind aber auch personelle Konsequenzen für die Bär-Führungsebene. So galt CEO Philipp Rickenbacher vor allem in den Wochen nach dem Bekanntwerden der Rückstellungen als klar angezählt. Unter Beschuss geriet auch die Finanzchefin Evie Kostakis. Mehrfach gab es auch Spekulationen über einen Abgang von Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher, da offenbar auch der Verwaltungsrat in die Bewilligung der Kredite involviert war. Zuletzt verdichtete sich allerdings der Eindruck, dass die Bär-Führung die Krise aussitzen möchte.

ZIELE: Die Mittelfristziele für die Periode 2023-2025 sehen eine adjustierte Vorsteuermarge von 28 bis 31 Basispunkten und ein adjustiertes Kosten-Ertragsverhältnis von "unter 64 Prozent" vor. Beim adjustierten Gewinn vor Steuern wird eine jährliche Wachstumsrate von über 10 Prozent angestrebt. Die bereinigte Rendite auf dem Kernkapital (CET1) soll von 2023 bis 2025 über 30 Prozent betragen.

Zudem will die Bank bis 2025 Bruttoeinsparungen bis 120 Millionen realisieren, die "linear über den Zyklus 2023 bis 2025" erzielt werden sollen. Erreichen will sie dies durch eine weitere Straffung der geografischen Präsenz, durch Effizienzverbesserungen sowie durch Optimierungen in der Organisation. Die Einsparungen sollen zur Finanzierung von Technologieinvestitionen über rund 400 Millionen Franken in der Periode beitragen, die zum Investitionsbudget hinzukommen.

PRO MEMORIA: Julius Bär legte Ende November ein Engagement in ihrem Private Debt-Kreditbuch von insgesamt 606 Millionen Franken offen. Dieses umfasse drei Kredite an "verschiedene Einheiten innerhalb eines europäischen Konglomerats". Offensichtlich handelt es sich um die Signa-Gruppe des österreichischen Immobilieninvestors René Benko, wo sowohl die Gruppengesellschaft wie auch viele Tochtergesellschaften in Nachlassverfahren stecken. Julius Bär bildete per Ende Oktober Kreditrückstellungen von 82 Millionen Franken, davon 70 Millionen Franken auf das gefährdete Kreditengagement.

Das gesamte Private Debt-Kreditbuch bezifferte Julius Bär auf 1,5 Milliarden, dies bei gesamten Krediten von 41 Milliarden Franken. Das zweitgrösste Private Debt Engagement belaufe sich auf 216 Millionen und das drittgrösste auf 140 Millionen Franken, hiess. Man werde nun zusammen mit dem Verwaltungsrat das Private Debt Geschäft und den Rahmen, in dem es betrieben werde, überprüfen.

Auch die Finanzmarktaufsicht Finma befasst sich mit dem Signa-Kollaps. Sie sei teilweise in intensivem Kontakt mit "verschiedenen Beaufsichtigten" und habe auch frühzeitig Massnahmen ergriffen, bestätigte ein Finma-Sprecher im vergangenen Dezember.

Die Ratingagentur Moody's senkte das langfristige Emittentenrating für die Bank Julius Bär im Dezember nach dem Bekanntwerden von hohen Krediten der Zürcher Privatbank an die in Schieflage geratene Signa-Gruppe auf "A3" von bisher "A2". Das Rating für vorrangige unbesicherte Verbindlichkeiten und Einlagen wurden auf "A1" von vorher "Aa3" zurückgenommen. Den Ausblick senkte Moody's zudem auf "negativ" von bisher stabil.

AKTIENKURS: Die Julius Bär-Titel haben sich seit Jahresbeginn kaum verändert, während der Gesamtmarkt gemessen am SPI um gut 2 Prozent zugelegt hat. Im vergangenen Jahr entwickelten sich die Papiere klar unterdurchschnittlich. In den Tagen nach der Bekanntgabe des Signa-Engagements im November hatte der Aktienkurs teilweise um gut 20 Prozent nachgegeben - seither hat er noch eine moderate Erholung gezeigt.

Homepage: www.juliusbaer.com

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