Führungskräfte kennen das Problem: Es braucht Zeit, um das passende Team zusammenzustellen. Insbesondere in Zeiten des 'War for Talents', ist es immer schwieriger geworden, die vielversprechendsten Kandidaten zu gewinnen. Sobald man es jedoch einmal geschafft hat, ist das letzte, was man möchte, sie wieder gehen zu lassen. Nichtsdestotrotz ist Job Rotation, also der zeitlich begrenzte Wechsel des Arbeitsplatzes innerhalb der Firma, ein brandaktuelles Thema für Entscheidungsträger in der Organisations- und Personalentwicklung.

McKinsey konstatierte dazu bereits 2006, dass in unserer modernen auf Wissen und Netzwerk basierten Geschäftsumgebung 'immaterielles Kapital (wie Fähigkeiten, Reputation und Beziehungen) den höchsten Wert generieren' (Quelle: McKinsey). Schauen wir uns die Geschäftswelt von heute an, ist offensichtlich, dass diese beiden Säulen - Wissen und Netzwerk - noch wichtiger sind als vor 12 Jahren. Wenn dies der Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist, wie können wir dann überhaupt noch argumentieren, unsere besten Leute nicht gehen zu lassen? Es ist vielmehr unsere Pflicht, sie ziehen und wertvolles Kapital generieren zu lassen. Wenn wir genauer hinschauen, erkannt man sogar eine Win-Win-Win-Win-Situation.

Gewinner - Die Organisation

Seit ein paar Jahren ist das Akronym VUCA in aller Munde. Es beschreibt vier Herausforderungen, mit denen Unternehmen heutzutage zu kämpfen haben: Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität, also Mehrdeutigkeit. Oder wie es das Harvard Business Review einst treffend beschrieb: 'Hey, es ist verrückt hier draußen!' (Quelle: Harvard Business Review)

Es ist daher umso wichtiger, sich schnell anpassen zu können. Doch wie können wir uns neuen Situationen überhaupt anpassen, wenn wir uns ihnen nie ausgesetzt haben? Wie sollen wir das Big Picture verstehen, wenn wir immer am selben Platz waren?

Wenn Unternehmen flexibler und agiler operieren müssen, müssen es auch ihre Mitarbeiter. In modernen Unternehmen geht effektive Ressourcenallokation mit der Mobilisierung der Mitarbeiter einher, um sie für heutige und zukünftige Herausforderungen zu wappnen. Aus Unternehmenssicht erzeugt Rotation, also Grenzen und Funktionen überschreiten, Silos brechen und neue Wege gehen, genau das Mindset, welches es in unserer schnell wandelnden Welt braucht.

Darüber hinaus kann Job Rotation auch zur Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität genutzt werden. Heutzutage streben Menschen nach kontinuierlicher Veränderung, sei es hinsichtlich der Stadt, des Landes oder der Kultur. Das entspricht genau dem gesuchten Mindset. Das Anbieten entsprechender Programme erhöht daher zum einen die Unternehmensattraktivität für genau die Bewerber, die man erreichen möchte und zum anderen die allgemeine Bindungsrate bestehender Mitarbeiter an das Unternehmen.

Gewinner - Der Angestellte

Eigentlich braucht man nur jene Leute fragen, die diese Erfahrung gemacht haben. Es gibt nur positives Feedback und klare Empfehlung zu Rotation. Warum? Weil man wächst, persönlich wie beruflich.

Das faszinierendste ist wohl ein Gefühl für die anderen Teile der Organisation zu erlangen, insb. in großen Unternehmen. Dies zeigt sich leicht anhand eines Beispiels aus meinem eigenen Bereich, der Personalentwicklung der Deutschen Telekom: Wir entwickeln Produkte für den gesamten Konzern, d.h. 217.000 Mitarbeiter in 31 Ländern. Wie sollen wir wissen, was ein Kollege aus Griechenland, Südafrika oder Albanien wirklich braucht, wenn wir nie dort waren? Selbst wenn wir eine Organisation sind, sind die Umstände doch sehr unterschiedlich, bereits zwischen Städten, Einheiten und besonders zwischen Ländern. Ein Verständnis vom und für den anderen zu entwickeln, vereinfacht die Arbeit um ein Vielfaches und erzeugt am Ende auch die die besten Ergebnisse. Deshalb bin ich auch in meinem eigenen Bereich ein starker Befürworter von Job Rotation.

Daneben bauen rotierende Kollegen ein internationales Netzwerk auf, zu dem andere niemals Zugang finden. Das erweitert nicht nur den eigenen Horizont, sondern eröffnet auch attraktive Karrierepfade.

Gewinner - Die empfangene Einheit

Die empfangene Einheit erhält nicht nur eine zusätzliche Arbeitskraft, sondern profitiert auch von ihrer externen Sicht. Oftmals füllt einen das Tagesgeschäft bereits so sehr aus, dass blinde Flecken entstehen. Entsprechend eines externen Beraters, können Mitarbeiter, die für eine begrenzte Zeit ins Team stoßen, bestehende Prozesse hinterfragen und innovative Ideen umsetzen.

Gewinner - Die abgebende Einheit

Die Rolle der abgebenden Einheit ist besonders wichtig. In Anbetracht der Vielzahl an Vorteilen, welche sich für die anderen involvierten Bereiche auftun, sollten Führungskräfte es gerne sehen, wenn ihre Angestellten auch mal rotieren. Allerdings wissen wir alle längst, dass Menschen nicht so rational handeln, wie Unternehmen es gerne hätten. Es bleibt ein großer Anreiz, das eigene Team zusammenzuhalten. Da dem direkten Vorgesetzten in diesem Prozess eine besondere Rolle zuteilwird, braucht es überzeugende Argumente.

Zum einen erhöht Job Rotation die eigene Flexibilität, in dem sie für zukünftige Veränderungen vorbereitet. Heutzutage bleiben Angestellte nicht mehr ihr ganzes Arbeitsleben auf derselben Position. Insbesondere die talentiertesten von ihnen werden entweder befördert oder wechseln das Unternehmen. Andere werden krank oder gehen in Elternzeit. Daher ist eine gewisse Rotation ohnehin inhärent. Das Einführen kontinuierlicher Rotation innerhalb der Belegschaft bereitet einen also direkt auf diese Veränderungen vor.

Zum anderen ist Job Rotation aus einer höheren Perspektive gesehen zyklisch. Gibt man auf der einen Seite seine vielversprechendsten Mitarbeiter ab, gewinnt man auf der anderen Seite die vielversprechendsten Mitarbeiter anderer Bereiche und zusätzlich dazu deren externe Sicht.

Es ist offensichtlich, dass Job Rotation nur funktioniert, wenn es effektiv und organisationsweit implementiert ist. Dabei gibt es einige Schwierigkeiten, die Herausforderungen mit sich bringen. Um eine zyklische Talentrotation ins Rollen zu bringen, braucht es zusätzlich ein gut funktionierendes Nachfolgemanagement. Daneben ist es sowohl für Manager als auch Angestellte schwierig, die geeignetste Stelle zu finden. Ein interner Marktplatz hilft, sollte jedoch einfach, ohne bürokratische Hürden zu nutzen und zugänglich für jeden sein.

Daneben haben Angestellte oft spezifische, bereichs-basierte Zielvereinbarungen. Das macht es attraktiver, sich auf die kurzfristigen Ergebnisse des Bereichs zu fokussieren anstatt Zeit in die eigene, langfristige Entwicklung zu stecken. Um dem entgegenzuwirken, muss Job Rotation in irgendeiner Weise durch das Unternehmen honoriert werden.

Allerdings sind Job Rotationsprogramme nicht für jedes Unternehmen und jeden Job geeignet. Kleinere, weniger global agierende Unternehmen oder jene, die mit weniger Silos zu kämpfen haben, brauchen nicht zwangsläufig Job Rotation in ihrer Organisation. Dort sind Informationen ohnehin gleichmäßiger verteilt. Dasselbe gilt für Jobs mit klar definierten Aufgaben und Prozessen wie bspw. im Verkauf.

Nichtsdestotrotz ist Job Rotation ein Must-have in großen und komplexen Unternehmen, wie der Deutschen Telekom, in denen es nicht möglich ist, Entscheidungen auf Basis des Big Pictures zutreffen, ohne dass sich kontinuierlich ausgetauscht wird. Wenn Innovation Alltagsgeschäft ist, muss man auch neue Dinge, neue Kollegen und neue Herausforderungen erleben - alltäglich. Daher gilt, selbst wenn Führungskräfte (mich eingeschlossen) immer versuchen, die besten Leute um sich herum zu haben, sollten wir sie kontinuierlich dazu ermutigen, das kuschelige Nest auch mal zu verlassen und die Möglichkeiten einer großen Organisation zu ergreifen.

Deutsche Telekom AG veröffentlichte diesen Inhalt am 30 August 2018 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen.
Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 30 August 2018 10:08:06 UTC.

Originaldokumenthttps://www.telekom.com/de/blog/karriere/karriere/job-rotation---warum-du-deine-leute-gehen-lassen-solltest--537786

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