(Reuters) - Im Ringen zwischen den USA und China um die Technologieführerschaft rückt neben Computerchips Künstliche Intelligenz (KI) in den Vordergrund.

Die Regierung in Peking betrachtet diese Technologie, die seit der Vorstellung von ChatGPT weltweit die Schlagzeilen beherrscht, als wichtiges Zukunftsfeld und will Entwicklern große Freiheiten lassen. Allerdings müssten die KI-Inhalte mit den sozialistischen Grundwerten des Landes übereinstimmen.

Zahlreiche Unternehmen aus der Volksrepublik haben eigene KI-Software vorgestellt oder angekündigt. Sie versprechen sich von derartigen Programmen, die menschliche Interaktionen simulieren oder anhand weniger Stichworte komplette Texte erstellen, lukrative Geschäfte. Insgesamt sind in der Volksrepublik 79 sogenannte große Sprachmodelle in der Entwicklung. Diese "Large Language Modells" (LLMs) bilden die Grundlage für KI. Nachfolgend eine Auswahl:

ALIBABA

Der Amazon-Rivale Alibaba bastelt an einer KI namens "Tongyi Qianwen" (Wahrheit aus tausend Fragen). Die Software werde zunächst in die firmeneigene Messaging-App DingTalk und den Sprachassistenten Tmall Genie integriert. Parallel dazu kommt "Tongyi Wanxiang" auf den Markt. Diese KI ist darauf spezialisiert, Bilder zu erzeugen und soll "Dall-E" von OpenAI sowie "Midjourney" Konkurrenz machen.

Gegen "LLaMa" von Meta richten sich gleich zwei KI - "Qwen-7B" und "Qwen-7B-Chat". Es handele sich um abgespeckte Versionen von "Tongyi Qianwen". Ähnlich wie bei der KI der Facebook-Mutter ist der Programmcode frei zugänglich ("Open Source"). "Qwen" sei für Forscher und Unternehmen auf der gesamten Welt gedacht.

BAIDU

"Ernie" des chinesischen Google-Rivalen Baidu gilt als aussichtsreichster chinesischer ChatGPT-Herausforderer. Dem Unternehmen zufolge schlägt sich die aktuelle Version dieser KI in einigen Bereichen besser als ChatGPT. Außerdem unterstütze sie Plugins, kleine Zusatzprogramme für besondere Aufgaben.

SENSETIME

Das Startup hat eine Reihe von Produkten in der Entwicklung, darunter einen Chatbot und einen Bildgenerator, die auf dem KI-Modell "SenseNova" basieren.

TENCENT

Insidern zufolge steigt Tencent mit "HunyuanAide" in den Ring ein. Der weltgrößte Videospiele-Anbieter habe hierzu ein Entwicklungsteam zusammengestellt.

ANT GROUP

Die Zahlungsabwicklungssparte von Alibaba, Ant Group, arbeitet nach eigenen Angaben an einem LLM. Es höre intern auf den Namen "Zhenyi". Details waren zunächst nicht bekannt.

HUAWEI

Der vor allem als Telekom-Ausrüster bekannte Konzern entwickelt unter dem Namen "Pangu" verschiedene KI, die unter anderem bei der Medikamentenentwicklung zum Einsatz kommen sollen.

IFLYTEK

"SparkDesk" des KI-Spezialisten erstellt Texte, löst mathematische Probleme oder beurteilt handgeschriebene Aufsätze. iFlytek will mit Hilfe geplanter Updates die Fähigkeiten von ChatGPT auf Chinesisch überflügeln und auf Englisch dasselbe Niveau erreichen.

FUNDAN-UNIVERSITÄT

Im Februar 2023 hat ein Team der Fundan-Universität in Shanghai ihren ChatGPT-Rivalen "Moss" der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Wegen des überwältigenden Interesses brachen allerdings binnen Stunden die Server zusammen. Die Wissenschaftler entschuldigten sich und räumten ein, dass der technologische Rückstand zu ChatGPT noch groß sei.

CHINA TELECOM

Der Konzern entwickelt Medienberichten zufolge eine KI-Software für den Telekom-Sektor. Sie soll zur Bearbeitung von Kundenanfragen zum Einsatz kommen.

JD.COM

JD.com, ebenfalls ein chinesische Online-Händler, beteiligt sich mit "ChatJD" an dem Rennen um die Technologieführerschaft bei KI. Die Technologie solle anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.

KUNLUN TECH

Der chinesische Videospiele-Entwickler will ChatGPT nach eigenen Angaben in den Browser "Opera" einbauen. Kunlun hatte 2020 die Mehrheit an dessen norwegischem Entwickler Opera Software übernommen. Parallel dazu will der Konzern eine chinesische Version von ChatGPT entwickeln, deren Programmcode frei einsehbar ist ("Open Source").

WEITERE CHINESISCHE KI-PROJEKTE

Einem Insider zufolge will der chinesische Videospiele-Anbieter NetEase seine Lern-Software mit Hilfe von KI-Eigenschaften verbessern. Die staatlich unterstützte Kurzvideo-Plattform Kuaishou plant, unter anderem den Kundendienst mit Hilfe von KI zu verbessern. Der Cybersicherheitsspezialist 360 Security experimentiert mit ChatGPT-ähnlicher Technologie, gab bislang aber keinen Fahrplan für eine Markteinführung bekannt. Inspur, ein Ausrüster für Rechenzentren, arbeitet nach eigenen Angaben seit längerem an KI.

(Zusammengestellt von Hakan Ersen. Redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)