"Schon der Ausfall eines Arbeitstages wegen Werksschließungen oder ähnlichem könnte das Wachstum in vielen Ländern um 1,5 Prozentpunkte herunterziehen", warnte Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. Der Dax fiel am Mittwoch zeitweise um mehr drei Prozent und markierte ein Vier-Monats-Tief von 12.368,05 Punkten. Am frühen Nachmittag grenzte er allerdings die Verluste ein und notierte noch 0,5 Prozent im Minus bei 12.714 Zählern. Mit einem Kursverlust von insgesamt knapp sieben Prozent steuerte er auf den größten Wochenverlust seit vier Jahren zu. "Die Nerven bei einigen Akteuren liegen blank", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets.

Dies spiegelte sich auch in den Volatilitätsindizes VDax und VStoxx wider, die die Nervosität der Anleger messen. Sie verdoppelten ihren Kurs binnen einer Woche und erreichten am Mittwoch Zwei-Jahres-Hochs. Der EuroStoxx50 büßte bis zu 2,9 Prozent auf 3467,58 Stellen ein.

"Das Virus droht die erhoffte Erholung der Weltwirtschaft im Keim zu ersticken", sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "Zwar dürften ein weiteres Mal die Notenbanken als Feuerlöscher bereitstehen, aber Wassermangel könnte an der einen oder anderen Stelle zum Problem werden." Investoren rechnen fest damit, dass die US-Notenbank Fed, die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank von England (BoE) im Laufe des Jahres die Zinsen jeweils mindestens ein Mal senken werden, um die Wirtschaft zu stützen.

ÖL UND KUPFER BILLIGER - ANLEGER FLÜCHTEN IN "SICHERE HÄFEN"

An den Rohstoffmärkten waren die Konjunkturpessimisten ebenfalls in der Überzahl. Der Preis für das wichtigste Industriemetall Kupfer fiel um bis zu 1,1 Prozent auf ein Drei-Wochen-Tief von 5623,50 Dollar je Tonne. Die Beeinträchtigung der Nachfrage durch das Coronavirus werde wohl länger andauern als gedacht, sagte Analystin Caroline Bain vom Research-Haus Capital Economics.

Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 2,2 Prozent auf 53,76 Dollar je Barrel (159 Liter). Selbst wenn sich die Opec mit ihren Verbündeten kommende Woche auf eine weitere Verschärfung der Förderbremse einige, sei eine Erholung der Preise alles andere als sicher, warnte Analyst Stephen Brennock vom Brokerhaus PVM Oil Associates.

Vor diesem Hintergrund flüchteten weitere Anleger in "sichere Häfen". Die "Krisenwährung" Gold verteuerte sich um 0,6 Prozent auf 1644,50 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Der Ansturm auf Staatsanleihen drückte die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf ein Vier-Monats-Tief von minus 0,531 Prozent. Ihre US-Pendants rentierten mit plus 1,312 Prozent so niedrig wie noch nie.

UNTERNEHMEN SPÜREN BEREITS FOLGEN DER CORONAVIRUS-KRISE

"Die wirtschaftlichen Folgen der Epidemie sickern so langsam in Form von Gewinnwarnungen oder Streichungen von Jahreszielen durch", sagte CMC-Experte Stanzl. So rechnet der weltgrößte Spirituosen-Hersteller Diageo mit Gewinneinbußen von umgerechnet bis zu 239 Millionen Euro. Die Aktien des "Johnnie Walker"-Anbieters fielen daraufhin in London um bis zu 3,1 Prozent. In ihrem Sog büßten die Papiere der französischen Rivalen Remy Cointreau und Pernod Ricard bis zu 2,9 Prozent ein. Danone kappte seine Ziele wegen des Coronavirus ebenfalls. Die Aktien des Lebensmittelkonzerns notierten dennoch in Paris kaum verändert.

Aus den Depots flogen erneut Anteilsscheine der Fluggesellschaften, die im Zuge der Epidemie unter Reisebeschränkungen und auf Eis gelegten Urlaubsplänen leiden. Der europäische Branchenindex fiel zeitweise um 4,4 Prozent auf ein Viereinhalb-Monats-Tief von 234,26 Punkten. Mit einem Minus von insgesamt mehr als zehn Prozent droht ihm der größte Wochenverlust seit den Kursturbulenzen nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 in den Zeiten der Finanzkrise.