Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte notieren am Freitagnachmittag in engen Grenzen uneinheitlich. Der Euro-Stoxx-50 verliert ein halbes Prozent auf 4.335 Punkte. Der DAX zieht um 0,2 Prozent auf 15.838 Punkte an. Dass sich der DAX deutlich besser hält, hat auch mit technischen Faktoren zu tun: Denn der Euro-Stoxx leidet aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsmethoden unter den zahlreichen Dividendenabschlägen, der DAX nicht. Außerdem notieren die im Euro-Stoxx-50 vergleichsweise hoch gewichteten Banken sehr schwach. Ihr Stoxx-Branchenindex fällt mit den Sorgen um die US-Regionalbanken um 1,9 Prozent. Im DAX fallen Commerzbank um 5 Prozent. Größter DAX-Gewinner sind Covestro mit einem Plus von 8,2 Prozent.

Verunsichert sind die Anleger wegen der neuen deutschen Wirtschaftsdaten. Mit der schwarzen Null beim Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal wurde eine technische Rezession zwar zunächst vermieden. Die deutsche Wirtschaft befindet sich für Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank, auf einem Ritt auf der Rasierklinge zwischen Rezession und Stagnation. Im weiteren Jahresverlauf werde es immer deutlicher in Richtung Rezession gehen - insbesondere dann, wenn die Sondereffekte nicht mehr wirkten.

Die deutsche Inflation liegt im April mehr oder weniger im Rahmen der Erwartungen. "Sie kommt in Trippelschritten zurück", sagt ein Marktteilnehmer. Ein ähnliches Bild zeigen neue US-Inflationsdaten.

Akzente setzt auch weiter die Berichtssaison, nachdem die großen US-Technologiewerte mehrheitlich mit den Quartalszahlen überzeugt haben. "Sie liefern Überraschungen und übertreffen die Erwartungen", sagt Rob Haworth, Senior Investmentstratege bei U.S. Bank Asset Management, zu den US-Technologiekonzernen. "Während die ausgewiesenen Gewinne die Erwartungen im Durchschnitt um 8 Prozent übertroffen haben, könnten die positiven Überraschungen im weiteren Verlauf des Jahres möglicherweise nicht von Dauer sein", warnt jedoch Liz Young, Leiterin der Anlagestrategie bei SoFi.

Auch in Europa liefert die Berichtssaison zum Wochenschluss einige Impulse. Allerdings steht mit dem Feiertag 1. Mai ein langes Wochenende vor der Tür. Von daher könnten Anleger Richtung Börsenschluss ihr Risiko minimieren und Positionen glattstellen.


   Covestro-Ausblick positiv 

Covestro erwartet das EBITDA nun zwischen 1,1 und 1,6 Milliarden Euro, der Mittelwert liegt damit rund 7 Prozent oberhalb der Markterwartung. Die Analysten von Jefferies verweisen zudem auf den Ausblick auf das laufende Quartal, hier erwarte das Unternehmen ein EBITDA von 330 bis 430 Millionen Euro, der Konsens liege mit 325 Millionen unterhalb der unteren Marke. Der gute Ausblick stützt auch andere Chemiewerte wie Lanxess oder Ems-Chemie.

Munich Re können sich nach einem neuen Jahreshoch noch gut behaupten. Der Konzern hat die Prognose mit dem Quartalsgewinn von 1,3 Milliarden Euro um fast 30 Prozent übertroffen. "Besonders gefällt die Schaden-Kosten-Quote von 86,5 Prozent", so ein Marktteilnehmer.

Mercedes steigen um 0,3 Prozent. Positiv nehmen Marktteilnehmer zur Kenntnis, dass der Automobilhersteller nach einem guten Start in das Jahr etwas optimistischer wird. So wird nun die Marge bei Cars am oberen Rand des Korridors von 12 bis 14 Prozent erwartet. Im Lieferwagen-Geschäft (Vans), wo die Schwaben im ersten Quartal die Erwartungen deutlich übertroffen haben, wurde der Margenausblick erhöht.


   Deutsche Börse erholen sich von Abverkauf nach Simcorp-Kauf 

Deutsche Börse erholen sich von dem Abverkauf des Vortages nach der Übernahme von Simcorp und gewinnen 2,4 Prozent. Die Übernahme erscheine strategisch plausibel, aber durchaus auch ambitioniert bewertet, was wohl den Kursrückgang erkläre, so die DZ Bank. Ob diese Bewertung durch Synergien und Wachstum gerechtfertigt sei, könne sich erst mittelfristig erweisen.


   Remy Cointreau stößt sauer auf 

Für die Aktien von Remy Cointreau geht es zum Wochenschluss um 10,8 Prozent nach unten, nachdem der französische Cognac-Hersteller für das kommende Jahr stabile organische Umsätze und eine unveränderte Rentabilität in Aussicht gestellt hat. Dies ist nach Meinung von Analysten deutlich schlechter als erwartet. Für die Analysten von Jefferies steht die Kombination aus Gegenwind von der Währungsseite gepaart mit einem stagnierenden operativen EBIT für einen 2024er-Konsens, der 10 Prozent tiefer liegen müsse.

Für die Aktie von Numis geht es an der Börse in London um 67 Prozent nach oben, beflügelt durch das Gebot der Deutschen Bank (+1,1%). Die Frankfurter wollen das britische Wertpapierhandels- und Beratungshaus für etwa 410 Millionen Pfund übernehmen oder 350 Pence pro Aktie. In strategischer Hinsicht sind die Analysten der RBC überrascht, da mit dem Schritt die Frage aufkomme, ob die Deutsche Bank ihr Aktiengeschäft wieder ausbauen werde.

Trotz guter Geschäftszahlen geben Fuchs Petrolub 3,5 Prozent ab. Der Ausblick wird allerdings als konservativ eingestuft. Hier wird ein EBIT im Bereich von 390 Millionen Euro avisiert, die Erwartungen lägen aber teils darüber, heißt es.


   Aktionäre sehen für Prosiebensat1 schwarz 

"Die 2022er-Zahlen sind wie erwartet schwach ausgefallen", so ein Aktienhändler mit einem Blick auf das Ergebnis von Prosiebensat1. Die Aktie bricht aber gleich um 17 Prozent ein. Im Handel wird auf die deutlich zusammengestrichene Dividende verwiesen. Für 2022 sollen es nur noch 5 Cent sein nach 80 ein Jahr zuvor, die Ausschüttungspolitik soll zudem geändert werden. Des Weiteren sorgt zunächst für Verunsicherung, dass sich das Unternehmen von seinem Finanzvorstand Ralf Peter Gierig trennt.

Im SDAX brechen Verbio um weitere 7 Prozent ein. Das Unternehmen hat die Prognose gesenkt. Rückläufige Absatzpreise bei vergleichsweise teuren Pflanzenölbezügen lasten nachhaltig auf der Marge. Und Varta leiden mit einem Minus von 3 Prozent unter einer weiteren Umsatzwarnung.

Dagegen steigen Bilfinger um 7,2 Prozent auf 39,16 Euro. Die LBBW hat das Kursziel auf 45 von 33 Euro erhöht, die UBS auf 40 von 28 Euro.


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Aktienindex              zuletzt        +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           4.334,88        -0,5%        -23,17         +14,3% 
Stoxx-50                4.032,28        +0,1%          2,32         +10,4% 
DAX                    15.837,87        +0,2%         37,42         +13,8% 
MDAX                   27.672,60        +0,2%         64,41         +10,2% 
TecDAX                  3.253,42        +0,0%          1,37         +11,4% 
SDAX                   13.753,32        +0,6%         77,08         +15,3% 
FTSE                    7.847,46        +0,2%         15,88          +5,1% 
CAC                     7.452,24        -0,4%        -31,60         +15,1% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                    absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       2,36                      -0,10          -0,21 
US-Zehnjahresrendite        3,46                      -0,06          -0,42 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %  Fr, 8:36 Uhr  Do, 17:15 Uhr   % YTD 
EUR/USD                   1,0998        -0,2%        1,1015         1,1018   +2,8% 
EUR/JPY                   149,69        +1,4%        149,09         147,64   +6,7% 
EUR/CHF                   0,9841        -0,1%        0,9852         0,9870   -0,6% 
EUR/GBP                   0,8798        -0,3%        0,8828         0,8826   -0,6% 
USD/JPY                   136,13        +1,7%        135,35         134,00   +3,8% 
GBP/USD                   1,2500        +0,0%        1,2477         1,2480   +3,4% 
USD/CNH (Offshore)        6,9280        -0,0%        6,9264         6,9376      0% 
Bitcoin 
BTC/USD                29.018,92        -2,1%     29.442,26      29.048,02  +74,8% 
 
ROHOEL                   zuletzt  VT-Settlem.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                  74,97        74,76         +0,3%          +0,21   -6,5% 
Brent/ICE                  78,85        78,37         +0,6%          +0,48   -7,1% 
GAS                               VT-Settlem.                      +/- EUR 
Dutch TTF                  39,43        39,20         +0,6%          +0,23  -49,6% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.985,41     1.987,58         -0,1%          -2,17   +8,9% 
Silber (Spot)              24,90        24,98         -0,3%          -0,07   +3,9% 
Platin (Spot)           1.072,63     1.082,00         -0,9%          -9,38   +0,4% 
Kupfer-Future               3,86         3,86         -0,2%          -0,01   +1,1% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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DJG/hru/cln

(END) Dow Jones Newswires

April 28, 2023 09:44 ET (13:44 GMT)