FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Der harte Lockdown steht, nun droht auch noch der harte Brexit. Die Euphorie an den Aktienmärkten ist daher dahin, Abgaben im großen Stil erwarten Analysten aber nicht.

14. Dezember 2020. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Mit größeren Belastungen durch den nun beschlossenen bundesweiten harten Lockdown ab Mittwoch rechnen die meisten Analysten nicht - er war so erwartet worden. Für ein wenig Optimismus sorgen die Brexit-Gespräche: Die werden, anders als geplant, nun doch noch fortgesetzt. Allerdings sind die Differenzen in wichtigen Punkten immer noch groß. Auch hier droht die "harte" Lösung. Ungünstig für die hiesigen Unternehmen ist zudem der starke Euro: Mit 1,21 US-Dollar für die Gemeinschaftswährung liegt er weiter auf dem höchsten Stand seit April 2018. Das erschwert Exporte.

Am Montagmorgen steht der DAX bei 13.218 Punkten nach 13.114 am Freitagabend knapp 1 Prozent im Plus. An den US-Börsen hatte sich zum Wochenschluss nicht viel getan. Anleger warteten auf die Einigung für ein weiteres Corona-Hilfspaket.

"Aktienmotor läuft bald nicht mehr nur auf einem Zylinder"

Robert Halver weist auf die Abkopplung der Aktienmärkte von der Realwirtschaft hin. "Besonders in den USA liegt der Warren Buffett-Indikator, der die Marktkapitalisierung der Aktien eines Landes zur jeweiligen Wirtschaftsleistung in Bezug setzt, auf einem Allzeithoch", erklärt Halver. Der Index signalisiere damit extreme Überbewertung, vor allem wegen der Tech-Giganten.

Doch sei ein Crash-Winter nicht zu befürchten. Aktien in anderen Ländern sind laut Halver weit von ihren Höchstbewertungsständen entfernt. Zudem werde die abzusehende Entspannung im Handelskrieg sowie die Impfstoff-basierte Aussicht auf Lockdown-Lockerungen ab Frühjahr konjunkturabhängigen Werten Schwung verleihen. "Damit läuft der Aktienmotor nicht mehr nur auf dem einen, dem High-Tech-Zylinder."

Begrenzte Abgabebereitschaft bei Aktien

Nach Ansicht von Markus Reinwand von der Helaba ist an den Aktienmärkten schon viel Positives eingepreist, Anleger hätten ihre Portfolios bereits deutlich offensiver ausgerichtet. "Normalerweise spräche dies im Sinne der Kontraindikation dafür, dass kurzfristig eher mit einer Korrektur oder zumindest mit einer Konsolidierung zu rechnen ist", erklärt der Analyst. Allerdings könne sich die Abgabebereitschaft bei Aktien diesmal in Grenzen halten. Schließlich werde die Konjunktur nach einer zwischenzeitlichen Verlangsamung im kommenden Jahr aller Voraussicht nach wieder deutlich an Dynamik gewinnen.

Gleichzeitig existierten keine wirklich lukrativen Anlagealternativen, wie Reinwand feststellt. Vielmehr erreiche das weltweite Volumen negativ verzinster Anleihen immer neue Höchststände. "Da kurzfristig auch bei Aktien wenig zu holen sein dürfte, handeln Anleger gegenwärtig offensichtlich nach dem olympischen Gedanken: Dabei sein ist alles!"

"Mit weiteren Rücksetzern ist zu rechnen"

Vorerst skeptisch zeigt sich sein Kollege Christian Schmidt: Das Chartbild des DAX hat sich dem technischen Analysten zufolge mit dem Rutsch unter die bei 13.160 Zählern verlaufende Range-Begrenzung deutlich eingetrübt. "Insofern ist mit weiteren Rücksetzern zu rechnen." Der nächste relevante Support sei bei 12.914 zu finden, bevor die 55- und die 100-Tagelinie im Bereich der 12.860er Marke in den Fokus rückten.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten

Mittwoch, 16. Dezember

10.00 Uhr. Eurozone: Einkaufsmanagerindex Dezember. Zwar leidet die europäische Wirtschaft unter den hohen COVID-19-Infektionszahlen und den damit verbundenen Lockdown-Maßnahmen, wie die DekaBank erklärt. Der Wirtschaftseinbruch im vierten Quartal falle aber wohl wesentlich geringer aus als der im ersten Halbjahr. Die Industrie sei derzeit eine wichtige Stütze für die Gesamtwirtschaft. Die Bank prognostiziert daher einen kleinen Anstieg auf 45,5 Punkte.

14.30 Uhr. USA: Einzelhandelsumsatz November. Die Commerzbank rechnet mit einem Rückgang. Schwächer ausfallen würden der Autoabsatz und die Umsätze der Gaststätten. Das könne durch den wohl erneut kräftigen Anstieg der Online-Umsätze nicht ganz ausgeglichen werden.

20.00 Uhr. USA: Zinsentscheid der US-Notenbank. Auf der anstehenden letzten Sitzung des Jahres 2020 wird die US-Notenbank der Helaba zufolge wohl zusätzliche Maßnahmen beschließen, um die Konjunktur zu stimulieren. Denkbar sei eine Ausweitung des bereits laufenden Anleihekaufprogramms, aber auch "exotischere Hammermanöver".

Freitag, 18. Dezember

Hexensabbat: Terminkontrakte auf Aktien und Indizes an den Terminbörsen laufen aus. Der Hexensabbat geht meist mit hohen Schwankungen der Aktienkurse einher. Am darauf folgenden Montag wird die Indexneuzusammensetzung wirksam.

10.00 Uhr. Deutschland: ifo-Geschäftsklimaindex Dezember. Wegen der Hoffnungen auf den Impfstoff könnte der Index laut DekaBank leicht steigen.

von: Anna-Maria Borse

14. Dezember 2020, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)