Von Ulrike Dauer

FRANKFURT (Dow Jones)--Vonovia hat turbulente Wochen hinter sich. Der Konzern steht wie Immobilienunternehmen generell im Kapitalmarkt unter Druck - unter anderem weil sich im Zuge des weltweiten Zinsanstiegs ihre Refinanzierungskosten für auslaufende Kredite oder Anleihen deutlich verteuern, gleichzeitig hohe Investitionen für Verbesserungen der Energieeffizienz in Wohnungsportfolios erforderlich werden und die Bewertungen von Immobilien tendenziell sinken.

Neubauprojekte hat Vonovia für 2023 bereits gestoppt, Dividende und Ausschüttungsquote für 2022 als akute liquiditätsschonende Maßnahme deutlich gesenkt. Hinzu kam überraschend im März eine Durchsuchung bei Vonovia durch die Staatsanwaltschaft Bochum im Zusammenhang mit Vorwürfen, dass der DAX-Konzern durch mutmaßliche Korruption im eigenen Haus geschädigt wurde. Der materielle Schaden durch "größtenteils ehemalige Mitarbeitende und externe Dritte" dürfte CEO Rolf Buch zufolge "nicht materiell" sein, der immaterielle Schaden möglicherweise größer.

Zumindest beim angepeilten Einstieg von Langfrist-Investoren konnte der DAX-Konzern vergangene Woche einen Erfolg melden.

Die Ergebnisse für das erste Quartal wird die Vonovia SE voraussichtlich am Donnerstag, den 4. Mai, vorbörslich veröffentlichen. Was für Anleger wichtig wird:

ZIELE GESAMTJAHR - Durch den Verkauf eines Minderheitenanteils von 30 Prozent an der Tochter Südewo erhält Vonovia vom Käufer, dem Private-Equity-Investor Apollo Global Management, rund 1 Milliarde Euro. Laut CEO Buch ist dieser Erlös ein "wichtiger Schritt" für das Erreichen der Ziele im Gesamtjahr, er soll für Liquiditätsmanagement und Schuldenabbau verwendet werden. Im März hatte Vonovia die Ziele für das Gesamtjahr zum Teil gesenkt (beim Umsatz), zum Teil präzisiert verglichen mit den im November veröffentlichten Vorgaben.

Die Dividendenausschüttung sieht das Unternehmen generell zwar weiterhin bei 70 Prozent des operativen Gewinns FFO, allerdings rechnen Analysten wie Berenberg damit, dass sie durchaus ein weiteres Jahr auf dem niedrigeren Niveau von 35 bis 40 Prozent vom FFO verharren könnte. Für 2022 hatte Vonovia die Ausschüttungsquote auf 35 Prozent vom FFO gesenkt.

Die Ziele für das Gesamtjahr könnte das Unternehmen bestätigen. Sie sehen einen Gesamtumsatz von 6,4 bis 7,2 Milliarden Euro vor, einen bereinigten operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes EBITDA) zwischen 2,60 und 2,85 (2022: 2,76) Milliarden Euro sowie einen Rückgang beim FFO auf 1,75 bis 1,95 (2,036) Milliarden Euro.

EINSTIEG WEITERER PORTFOLIOINVESTOREN - Mit dem Erlös aus dem Verkauf der Südewo-Beteiligung hat Vonovia nach eigenen Angaben etwa die Hälfte des für 2023 durch Asset-Verkäufe angepeilten Free Cashflows von 2 Milliarden Euro erreicht. Signale, dass bereits eine ähnliche, weitere Transaktion in der Pipeline ist, kämen sicher gut im Markt an. Im März sagte CEO Buch, er sei optimistisch, dass der Konzern die Portfolio-Verkaufsziele 2023 erreichen wird. Der Wohnimmobilienkonzern sucht langfristig insgesamt für ein 13 Milliarden Euro schweres Wohnimmobilienportfolio externe Langfrist-Investoren. Der Kapitalmarkt wartet hier gespannt auf weitere Ankündigungen.

UPDATE KORRUPTIONSVORWÜRFE - Möglicherweise gibt es mehr Details zum Ausmaß der Korruptionsvorwürfe, zum Beispiel, welchen Zeitraum sie betreffen. Die Staatsanwaltschaft wirft im Rahmen ihrer Ermittlungen mehreren (ehemaligen) Vonovia-Mitarbeitern, die höchstens dem mittleren Management zuzuordnen sind, mutmaßliche Bestechung vor. Sie sollen mehrere für Vonovia tätige Unternehmen bei der Auftragsvergabe bevorzugt und dafür Geld bzw Sachleistungen erhalten haben. Auch sollen Leistungsverzeichnisse manipuliert worden sein, damit die beauftragten Unternehmen überhöht abrechnen konnten.

Vonovia hat mitgeteilt, als Geschädigte vollumfänglich mit den Behörden zu kooperieren, und die Prüfungsgesellschaft Deloitte sowie die Kanzlei Hengeler Mueller mit einer unabhängigen Untersuchung der Vorgänge inklusive des internen Kontrollsystems beauftragt. Vonovia rechnet Buch zufolge in einigen Monaten mit den Ergebnissen dieser umfassenden Untersuchung. Der CEO sagte in einer Telefonkonferenz im März: "Nach dem derzeitigen Kenntnisstand - wir sind jetzt eine Woche dabei, die Daten aufzubereiten - haben diese Vorwürfe keine wesentlichen Auswirkungen auf unsere Vermögens-, Finanz- und Ertragskraft des Unternehmens".

Das maximale Auftragsvolumen, das Vonovia mit den beschuldigten Drittunternehmen habe, liege für 2022 nach Umsatz bei weniger als 1 Prozent des Instandhaltungs- und Investitionsvolumens. Auch bei den betroffenen Vorjahren "bewegen wir uns auf ähnlichem Niveau". Die "gegebenenfalls tatsächlichen Auswirkungen" wiederum würden "nur einen kleinen Bruchteil von den 1 Prozent" betragen, "und deswegen sind sie nicht materiell", sagte Buch. Erste personelle Maßnahmen seien ergriffen worden, Strafantrag wegen aller in Betracht kommenden Delikte soll gestellt werden. Für weitere Aussagen sei es zu früh.

Kontakt zur Autorin: ulrike.dauer@wsj.com; @UlrikeDauer_

DJG/uxd/smh


(END) Dow Jones Newswires

May 03, 2023 10:29 ET (14:29 GMT)