Hamburg/München/Mailand (Reuters) - Westliche Autobauer bereiten sich auf chinesische Exportbeschränkungen für Rohstoffe vor, die für die Elektromobilität und Digitalisierung wichtig sind.

Volkswagen teilte auf Anfrage mit, man bewerte und überwache die Lage auf den Rohstoffmärkten umfassend, um im Bedarfsfall gemeinsam mit seinen Partnern Maßnahmen zu ergreifen. Das Ziel sei dabei stets, Auswirkungen auf das Produktionsnetzwerk so gering wie möglich zu halten. BMW erklärte ebenfalls, der Konzern beobachte die Situation und stehe in engem Austausch mit Halbleiter-Lieferanten. "Derzeit gehen wir nicht von kurzfristigen Auswirkungen auf die Versorgungssituation aus", teilten die Münchner mit.

Volkswagen hob die Bedeutung kritischer Rohstoffe für die Automobilproduktion hervor, für die die chinesische Regierung ab August Exportkontrollen einführen will. So seien Gallium und Germanium wichtige Ressourcen etwa für Leuchtdioden oder Hochfrequenzanwendungen und spielten eine Rolle bei künftigen autonomen Fahrfunktionen.

Der europäisch-amerikanische Autobauer Stellantis warnte davor, das Engagement in der Volksrepublik zurückzufahren. "Ich bin kein Befürworter einer vollständigen Abkopplung von China", sagte Konzernchef Carlos Tavares. Dies wäre weder realistisch noch im Interesse westlicher Unternehmen.

Stellantis arbeite mit einer Reihe chinesischer Unternehmen zusammen, fügte der Stellantis-Chef hinzu. Darunter seien auch Firmen, die kritische Materialien wie Gallium und Germanium für Produkte verwendeten, die der Autokonzern bei ihnen kaufe. "Wir befinden uns nicht in einem Krieg mit irgendwelchen chinesischen Lieferanten", betonte Tavares. Es sei Sache der Europäischen Union, mit den chinesischen Behörden zusammenzuarbeiten, um eine Lösung zu finden, sagte er.

Auch Volkswagen hat angesichts der zunehmenden Polarisierung bereits mehrfach Chinas Bedeutung hervorgehoben und vor einer Abkoppelung gewarnt. Aus den in der Volksrepublik erwirtschafteten Gewinnen finanziert der weltweit zweitgrößte Autokonzern einen großen Teil seines Umbaus zu einem Software-basierten Mobilitätsanbieter.

Die Auswirkungen der von China angekündigten Rohstoffkontrollen sind noch schwer einzuschätzen. Weltweit suchen Unternehmen wegen der sich hochschaukelnden Konfrontation zwischen der Volksrepublik und den USA nach alternativen Bezugsquellen für wichtige Materialien, um ihre Abhängigkeit zu verringern.

Der weltgrößte Auftragshersteller für Chips, TSMC aus Taiwan, rechnet derzeit nicht mit direkten Auswirkungen auf seine Produktion. "Wir werden die Situation weiterhin genau beobachten", erklärte das Unternehmen. Die in Taipeh notierten Aktien von TSMC weiteten am Donnerstag ihre Verluste aus und schlossen mit einem Minus von 2,9 Prozent. Auch der Chiphersteller NXP erklärte, er erwarte keine wesentlichen Auswirkungen auf sein Geschäft. NXP stellt Chips für die Automobil- und Kommunikationsbranche her, bei denen Gallium und Germanium verwendet wird.

Analysten setzen darauf, dass US-Finanzministerin Janet Yellen bei ihren Besuch in Peking die Spannungen lockern kann. "Wenn die Gespräche zwischen beiden Seiten gut verlaufen, könnten viele Beschränkungen gelockert werden", sagte Liao Chien-yu, Analyst bei Capital Securities. Sollten die Gespräche jedoch schlecht verlaufen, könnten beide Seiten nach Yellens Besuch weitere Sanktionen verhängen. Ein hochrangiger chinesischer Handelsberater warnte bereits, die von China geplanten Beschränkungen könnten "erst der Anfang" sein. Peking hatte zu Wochenanfang angekündigt, den Export von Gallium- und Germanium-Produkten zu erschweren. Damit sollten die strategischen Interessen und die Sicherheit der Volksrepublik gewahrt werden, hatte das Handelsministerium in Peking mitgeteilt.

(Bericht von Jan C. Schwartz, Christina Amann, Giulio Piovaccari, Gilles Guillaume und Ben Blanchard; Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)