Bern (awp/sda) - Das Verfahren der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) kratzt am Image der Bank Raiffeisen. "Der ganze Wirbel ist ziemlich schlimm", sagte Bankchef Patrik Gisel im Interview mit der "SonntagsZeitung".

"Die Reputationsrisiken stehen aus meiner Sicht in keinem Verhältnis zum Inhalt der Untersuchung", sagte er. Die Finma nimmt die Unternehmensführung unter die Lupe. Sie hat im Oktober ein Verfahren zu Corporate-Governance-Themen bei der Bankengruppe eingeleitet.

Gemäss Gisel geht es um Transparenz bei Entscheidprozessen und deren genaue Protokollierung. Raiffeisen sei durch Beteiligungen schnell gewachsen, die Prozesse seien aber nicht im gleichen Tempo angepasst worden, was Fragen aufgeworfen hätte. "Die aufgeworfenen Fragen sind aus unserer Sicht nicht dramatisch", sagte Gisel. Gemäss seinen Aussagen konnte alles geklärt werden. Ein hoher einstelliger Millionenbetrag hätten diese Untersuchungen gekostet.

BEIETILIGUNGSGESELLSCHAFT INVESTNET STEIN DES ANSTOSSES

Stein des Anstosses im Verfahren war offenbar die Beteiligungsgesellschaft Investnet, an der Raiffeisen 60% hält. Der frühere Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz bleibt aber trotz Verfahren vorerst Präsident des Verwaltungsrats. "Wir planen keine Veränderungen", sagte Gisel. Investnet könne von den Beziehungen und den Erfahrungen von Vincenz profitieren.

Der ehemalige Raiffeisen-Chef Vincenz stand ebenfalls im Fokus der Finma. Sie hat das Verfahren gegen ihn aber Ende Jahr eingestellt. Die Finma begründete, dass das Verfahren gegenstandslos geworden sei, nachdem Vincenz entschieden habe, von seinen Führungsfunktionen bei beaufsichtigten Instituten zurückzutreten und künftig auf solche zu verzichten.

Vincenz war Präsident des Versicherers Helvetia und als solcher nach Bekanntgabe des Verfahrens zurückgetreten. Im Verfahren ging es unter anderem um das Management von Interessenkonflikten in Zusammenhang mit Beteiligungen.

ZINSRISIKEN REDUZIERT

Es gibt aber noch mehr Themen, die laut Raiffeisen-Chef Gisel zuletzt ein weniger günstiges Licht auf die Bank geworfen haben. Da wäre auch die Kritik der Nationalbank wegen der Hypothekenvergabe von Raiffeisen. Wie Gisel in dem Interview betont, war dies 2015 im Stabilitätsbericht der Fall. "Das Thema ist erledigt." Man habe seinerzeit mit der Finma Ziele vereinbart und die Zinsrisiken über Absicherungen reduziert.

Mit Blick auf die stretegische Ausrichtung, macht der Manager klar, dass sein Haus nach wie vor eine "Diversifikation innerhalb des Kerngeschäftes" verfolge. Das Ziel, die Abhängigkeit vom Hypothekargeschäft zu verringern, habe weiterhin Bestand.

INTERESSE AN TIEFERER LEONTEQ-BETEILIGUNG

Gleichzeitig ordne man sich neu, lautet Gisels Erklärung für die jüngsten Beteiligungsverkäufe. Als systemrelevante Bank habe Raiffeisen strenge Kapitalanforderungen. "Deshalb überlegen wir genau, wo wir unser Kapital einsetzen." Vor diesem Hintergrund könne es durchaus auch zu weiteren Verkäufen komme. So würde er beispielsweise die Beteiligung an Leonteq von 30 auf 20% senken - sofern ein strategischer Partner des Herstellers strukturierter Produkte daran interessiert wäre. Allerdings sehe es nach den jüngste geführten Gesprächen nicht danach aus, dass es zu einem raschen Abschluss komme.

Für die Privatbank Notenstein La Roche gibt Gisel unterdessen einen klaren Zeitplan aus. Dem neuen CEO gibt der Raiffeisen-Leiter drei bis fünf Jahre. "Bis dann muss klar ersichtlich werden, dass sich das Wachstum beschleunigt."

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