Wien (Reuters) - Der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV warnt im Zusammenhang mit einem ausländischen Gerichtsurteil vor einer möglichen Einstellung der Gaslieferungen aus Russland.

Man habe von einem ausländischen Gerichtsurteil erfahren, das ein großes europäisches Energieunternehmen erzielt habe, teilte die OMV in der Nacht auf Mittwoch mit. Sollte dieses Urteil in Österreich vollstreckt werden, könnte es die OMV zu Zahlungen an dieses Unternehmen zwingen. Ob und wann eine solche Zwangsvollstreckung zu erwarten sei oder um wen es sich bei diesem Energieunternehmen handelt, teilte das Unternehmen mit Sitz in Wien nicht mit. Auch Einzelheiten zu dem Fall selbst nannte die OMV auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters nicht.

Im Falle einer solchen Zwangsvollstreckung hält es die OMV für wahrscheinlich, dass Gazprom die Gaslieferungen einstellen werde. Sie wies zudem darauf hin, dass sie als führender Markteilnehmer dazu verpflichtet sei, über mögliche Beeinträchtigungen der Gaslieferungen zu informieren. Die Kunden könnten jedoch mit Gas aus anderen Quellen versorgt werden.

Von der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control kam derweil Entwarnung: Die Versorgung Österreichs sei für den kommenden Winter gesichert, heißt es in einer Stellungnahme der Behörde. Die heimischen Erdgasspeicher seien zu rund 77 Prozent gefüllt und es stünden alternative Importmöglichkeiten über Deutschland und Italien zur Verfügung. "Eine mögliche Einschränkung der Gaslieferungen an die OMV bedeutet nicht zwingend, dass weniger oder kein Gas mehr über die Ukraine in die EU oder nach Österreich geliefert werden kann", teilte die E-Control mit. Allerdings könnte es kurzfristig zu Preiserhöhungen kommen, räumte die Behörde ein.

Die Analysten der Erste Group schätzen das Risiko einer Zwangsvollstreckung als gering ein. "Aber wenn es eintritt, können die negativen Auswirkungen für die OMV erheblich sein", heißt es in einer Ersteinschätzung. Die OMV könne das russische Gas zwar ersetzen, allerdings zu wesentlich höheren Kosten. An der Wiener Börse sanken die OMV-Aktien um 1,9 Prozent auf 47,16 Euro.

GASLIEFERVERTRAG BIS 2040

Österreich importiert nach wie vor über 90 Prozent seines Gases aus Russland und die OMV hat mit Gazprom einen Vertrag zur Versorgung des österreichischen Marktes bis 2040. Darüber hinaus gibt es einen Vertrag für Deutschland, der brach liegt, weil Gazprom die Lieferungen eingestellt hatte. Die möglicherweise betroffene Gasmenge bezifferte die OMV mit bis zu 65 Terawattstunden (TWh). Nach Angaben der E-Control werden je nach Witterung und Verbraucherverhalten in den Wintermonaten 60 bis 65 TWh gebraucht.

Die OMV bezieht ihr Erdgas nicht nur aus Russland, sondern auch aus ihren Produktionsanlagen in Norwegen und Österreich sowie von internationalen Produzenten. Zudem gebe es langfristige LNG-Lieferverträge und die OMV beteilige sich an den Versteigerungen der Gas-Einkaufsplattform der EU.

RECHTSSTREIT MIT GAZPROM

Zwischen der OMV und Gazprom gibt es mehrere Rechtsstreitigkeiten. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur TASS hat ein russisches Gericht der OMV-Gashandelstochter ein Schiedsgerichtsverfahren außerhalb Russlands verboten. Andernfalls drohe der OMV eine Geldstrafe von 575,2 Millionen Euro. Laut OMV geht es um die Gaslieferverträge. In diesem Zusammenhang hatten die Österreicher ein Schiedsgerichtverfahren in Stockholm eingeleitet.

Die OMV hält das russische Verfahren für unrechtmäßig. "Wir erkennen die Zuständigkeit der russischen Gerichte nicht an und betrachten den Antrag von Gazprom Export als unbegründet. Wir haben beim russischen Gericht Berufung eingelegt", teilte die OMV auf Anfrage mit.

Bereits im April hatte das Handelsgericht in St. Petersburg entschieden, dass ein anderes Verfahren nicht vor dem Schiedsgerichtshof in Paris fortgesetzt werden dürfe. Bei diesem Verfahren geht es laut früheren Aussagen von OMV-Chef Alfred Stern um die Beteiligung der OMV an dem sibirischen Erdgasfeld Juschno-Russkoje. Die Österreicher wurden dort ebenso wie der deutsche Öl- und Gaskonzern Wintershall per Dekret enteignet.

(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich. Mitarbeit von Vera Eckert und Vladimir Soldatkin. Redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)