Von Carol Ryan

PARIS (Dow Jones)--Während der Pandemie suchten Anleger Sicherheit in Aktien einer Handvoll führender Luxusunternehmen. Eigentlich hatte auch Gucci-Besitzer Kering bei diesem Spiel ein paar Asse im Ärmel. Viel daraus gemacht, hat er nicht.

Am Mittwoch gab das in Paris gelistete Luxusunternehmen, zu dem unter anderem die Modelabels Yves Saint Laurent und Bottega Veneta gehören, bekannt, dass der Umsatz in den drei Monaten bis Dezember bei konstanten Wechselkursen gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 2019 um 4,8 Prozent gesunken ist. Gucci als wichtigste Geldmaschine des Konzerns meldete mit einem Umsatzrückgang von zehn Prozent besonders enttäuschende Zahlen. Dieses Ergebnis war schlechter als erwartet. Kerings Aktien gaben deshalb im frühen europäischen Handel um acht Prozent nach.

Das italienische Modeunternehmen erlebte auch ein deutlich schwächeres viertes Quartal als vergleichbare Marken des Konkurrenten LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton. Das Mode- und Lederwarengeschäft von LVMH mit so bekannten Namen wie Louis Vuitton und Christian Dior steigerte den Umsatz im vierten Quartal um 18 Prozent.

Es ist kein neues Phänomen: Gucci hat nach einer Analyse von Bernstein seit Anfang 2019 nicht mehr mit den Modemarken von LVMH Schritt gehalten. Die Pandemie verschärfte die Kluft. Dabei sollte Gucci gerade jetzt seinen Wettbewerbsvorteil ausspielen können. Der Eigentümer ist reich genug, um kräftig in E-Commerce und digitales Marketing zu investieren und in Asien zu expandieren, wo vor allem die Nachfrage chinesischer Verbraucher schnell wieder gestiegen ist. Klare Marktanteilsgewinne resultierten daraus nicht.

Kering ist zu sehr auf eine Marke fixiert. Auf dieses Problem weisen Investoren schon seit mehreren Jahren hin. Gucci trug 2019 rund 83 Prozent zum operativen Konzerngewinn bei. Der anfangs so erfolgreiche Turnaround des Labels begann vor rund fünf Jahren. In der ersten Zeit war Guccis Dominanz ein Segen für die Aktionäre. Danach fiel die Aktie bei ihrer Performance zurück. Das Turnaround-Management verlor an Schub.

Das Management berichtete nun am Mittwoch von seinem Ehrgeiz, das Geschäft von Gucci neu anzukurbeln, indem es verstärkt auf eine reifere und lokale Kundschaft setzen will. Das bedeutet eine Umkehr des intensiven Werbens der Marke um chinesischen Käufer und die sogenannten Millennials, die rund 60 Prozent des Umsatzes des Labels ausmachen.

Akquisitionen böten vermutlich den schnellsten Weg, um das Problem hinter sich zu lassen. Auch scheint so mancher Gründer heute eher bereit, in Privatbesitz befindliche Marken zu verkaufen, da die Aussichten für Luxus nicht mehr ganz so blendend sind. Kering bestätigte während der jüngsten Investorenkonferenz seine aktive Suche nach neuen Marken. Investitionen in das angeschlagene Segment der Luxusuhren wurden jedoch ausgeschlossen.

Kering ist heute eine der preiswertesten europäischen Luxusaktien und wird mit dem 22,7-fachen des prognostizierten Gewinns gehandelt. Bei LVMH liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis hingegen beim 34,7-fachen. Damit klafft zwischen den beiden Unternehmen die größte Bewertungslücke seit mindestens fünf Jahren. Anleger scheuen derzeit vor Gucci zurück. Man kann sie wohl kaum dafür tadeln.

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February 18, 2021 04:25 ET (09:25 GMT)