ZÜRICH (dpa-AFX) - Die Bank Julius Bär will nach dem Signa-Debakel reinen Tisch machen. Konzernchef Philipp Rickenbacher trete mit sofortiger Wirkung zurück, teilte der Konzern am Donnerstag bei der Zahlenvorlage in Zürich mit. Seine Nachfolge übernehme übergangsweise sein Stellvertreter und bisheriger Chief Operating Officer Nic Dreckmann. Rickenbacher führte Julius Bär seit 2019. Die Privatbank schreibt zudem das gesamte Kreditengagement an die insolvente Signa-Gruppe ab. Das führt zu Netto-Kreditverlusten von 606 Millionen Franken. Über den Chef-Abgang hatten zuvor verschiedene Medien berichtet.

Wegen der hohen Abschreibung halbiert sich der Konzerngewinn 2023: Dieser fällt mit 454 Millionen Franken um 52 Prozent unter dem Ergebnis des Vorjahres aus. Der um Integrations- und Restrukturierungskosten bereinigte Konzerngewinn geht um 55 Prozent auf 472 Millionen Franken zurück.

Bereits Ende November hatte Julius Bär bekanntgegeben, dass die Bank einem "europäischen Konglomerat" Kredite im Umfang von 606 Millionen Franken gewährt hatte. Es handelte sich dabei offensichtlich um die Immobilien- und Warenhaus-Gruppe Signa des österreichischen Immobilieninvestors René Benko, bei der nicht nur die Holding-Gesellschaft, sondern auch immer mehr Tochtergesellschaften in Insolvenzverfahren stecken.

Trotz des Gewinnrückgangs soll die Ausschüttung an die Aktionäre stabil bleiben: Der Verwaltungsrat schlägt eine unveränderte Dividende von 2,60 Franken je Aktie vor. Deutlich weniger Geld gibt es allerdings für die Geschäftsführung.

Neben Konzernchef Rickenbacher muss auch das Verwaltungsratsmitglied David Nicol seinen Posten räumen. Der Brite war im Verwaltungsrat Leiter des Risikokomitees. Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher, der im Zusammenhang mit dem Signa-Engagement in die Kritik geraten war, bleibt dagegen im Amt.

Die verwalteten Vermögen beliefen sich zum Jahresende auf 427 Milliarden Franken nach 435 Milliarden per Ende Oktober 2023. Binnen Jahresfrist haben diese damit um ein Prozent zugelegt. Trotz der negativen Schlagzeilen der vergangenen Wochen konnte die Bank 2023 einen Neugeldzufluss von 12,5 Milliarden Franken verzeichnen, was einem Neugeldwachstum von 2,9 Prozent entspricht. Im Vorjahr waren es Zuflüsse von 9 Milliarden gewesen. Vor allem Kunden aus Europa einschließlich der Schweiz hätten Julius Bär ihre Vermögen anvertraut, heißt es. Per Ende Oktober hatte Julius Bär allerdings noch ein annualisiertes Neugeldwachstum von drei Prozent vermeldet.

Mit den vorgelegten Zahlen bleibt Julius Bär deutlich unter den Erwartungen am Markt. Zwar war die Spannbreite der Schätzungen wegen der Unsicherheit um die Rückstellungen hoch. Eine komplette Abschreibung der Signa-Kredite hatte allerdings kaum ein Analyst erwartet. Die Dividende wurde dagegen unverändert erwartet./tp/ys/AWP/jha