Wiesbaden (Reuters) - Im zweiten Cum-Ex-Prozess gegen den ehemaligen Steueranwalt Hanno Berger hat das Landgericht Wiesbaden eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten verhängt.

Berger habe sich der Steuerhinterziehung in drei Fällen schuldig gemacht, erklärte die Vorsitzende Richterin Kathleen Mittelsdorf am Dienstag. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von zehneinhalb Jahren sowie die Einziehung von Vermögenswerten gefordert. Die Ankläger hatten Berger vorgeworfen, von 2006 bis 2008 mit Cum-Ex-Geschäften einen Steuerschaden von rund 113 Millionen Euro verursacht zu haben.

Berger gilt als einer der geistigen Väter des Cum-Ex-Betrugssystems, mit dem sich Investoren eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden vom Finanzamt mehrfach erstatten ließen. Dazu verschoben sie um den Stichtag für die Auszahlung der Dividende herum untereinander Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch. Experten schätzen den Gesamtschaden durch den Cum-Ex-Betrug auf einen zweistelligen Milliardenbetrag.

Mittelsdorf erklärte, Berger sei zwar nicht der Erfinder der Cum-Ex-Struktur gewesen, die bereits vor ihm hauptsächlich im Eigenhandel der Banken erfolgreich umgesetzt worden sei. Jedoch habe er für deren Verbreitung unter vermögenden Privatinvestoren gesorgt und diesen ein "Rundum-sorglos-Paket" angeboten.

Berger hatte sich 2012 nach der Durchsuchung seiner Kanzlei in die Schweiz abgesetzt. Er war im Februar 2022 an die deutsche Justiz ausgeliefert worden. Die in der Schweiz bereits vollzogene Auslieferungshaft wird nach Angaben des Gerichts 1:1 auf das Strafmaß angerechnet. Die Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Mittelsdorf ordnete zudem die Einziehung von knapp 1,1 Millionen Euro von Bergers Vermögen an.

Vom Landgericht Bonn war Berger im Dezember in einem anderen Verfahren bereits zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Beide Verfahren sollen nach Angaben der Verteidigung vor dem Bundesgerichtshof angefochten werden. Die Gesamtstrafe für Berger könnte zweistellig ausfallen, wenn beide Urteile rechtskräftig sind, wobei die Höchstgrenze bei 15 Jahren liegt.

Berger hatte stets erklärt, das Vorgehen sei ein legales Steuersparmodell. Doch im Juli 2021 hatte der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil die Cum-Ex-Transaktionen als strafbar bewertet. Insgesamt ermitteln deutsche Staatsanwaltschaften gegen rund 1500 Beschuldigte wegen Cum-Ex-Aktiendeals.

Gegen Berger wurden zwei getrennte Prozesse geführt, da sich die Staatsanwaltschaften in Frankfurt und Köln, die jeweils die Auslieferung Bergers angestrengt hatten, nicht auf eine Zusammenführung der beiden Verfahren einigen konnten. In Bonn hatten die Ankläger Berger vorgeworfen, einen Steuerschaden von gut 278 Millionen Euro verursacht zu haben.

Razzien bei Banken wegen des Cum-Ex-Komplexes gibt es immer noch, zuletzt etwa in den Frankfurter Büros der japanischen Investmentbank Nomura sowie von BNP Parisbas und in Frankreich bei den Großbanken Societe Generale, BNP Paribas und HSBC. Die Deutsche Bank musste im September zusammen mit der Warburg Bank und The Bank of New York Mellon 60 Millionen Euro wegen der illegalen Aktiengeschäfte an den Fiskus zurückzahlen.

(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)