MÜNCHEN (dpa-AFX) - Für den Onlinemarktplatz-Betreiber Scout24 lief es im vergangenen Jahr nicht schlecht. Quartal für Quartal ging es hoch mit den Umsätzen, der zunehmenden Online-Affinität der Kunden und einer neuen Tochter sei Dank. Übernahme-Fantasien beflügelten zudem den Aktienkurs. Aus den Plänen der Investoren wurde allerdings erst einmal nichts. Darüber hinaus trübten politische Unwägbarkeiten die Stimmung. Was bei Scout24 los ist, was Experten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI SCOUT24:

Ein Auto oder eine Immobilie kauft der Otto Normalverbraucher nicht mal eben so - wohl aber immer öfter über das Internet. Und weil Scout24 mit ImmobilienScout24 und AutoScout24 in beiden Bereichen jeweils einen der bekanntesten Online-Marktplätze stellt, laufen die Geschäfte entsprechend rund. Fast 13 Prozent Umsatzplus standen im vergangenen Jahr zu Buche, fast 21 Prozent im ersten Quartal 2019. Auf Jahressicht sollen die Erlöse um bis zu 17 Prozent zulegen.

Zum Erfolg trägt auch die neueste Errungenschaft Finanzcheck.de bei, ein Vergleichsportal für Verbraucherkredite und Versicherungen. Das soll den Käufern für ihre Anschaffungen eine Art Rundum-Beratung bieten. 285 Millionen Euro hat Scout dafür auf den Tisch gelegt, die bislang größte Übernahme des Münchner MDax-Unternehmens.

Und es soll weiter zugekauft werden. Ende März sagte Unternehmenschef Tobias Hartmann, dass er von weiteren Zusammenschlüssen am Markt ausgehe - und dass Scout dabei eine aktive Rolle spielen werde. So habe man etwa ein Auge auf das Anzeigengeschäft von Ebay geworfen, an dem laut Presseberichten auch der Medienkonzern Axel Springer interessiert sein soll. In Deutschland gehören dazu Ebay Kleinanzeigen und mobile.de.

Das wäre aber eine deutlich größere Hausnummer als Finanzcheck. In der Branche wird über einen Kaufpreis von rund zehn Milliarden US-Dollar spekuliert - das wäre das Doppelte der Marktkapitalisierung von Scout24. Die Finanzinvestoren Hellman & Friedman und Blackstone, die Scout schon seit vergangenem Jahr übernehmen wollten, waren im Mai zum zweiten Mal mit ihrem Angebot abgeblitzt. Ob bei Scout nun noch immer Interesse an Ebay besteht, wollte eine Sprecherin nicht kommentieren.

Eine Nachricht konnte die wegen der geplatzten Übernahme enttäuschten Aktionäre zuletzt wieder etwas milder stimmen: Ein Einstieg des aktivistischen Investors Paul Singer mit seinem Elliott-Fonds trieb den Kurs nach oben. Singer ist dafür bekannt, Unternehmen zu Reformen zu treiben. Er selbst war es, der Ebay Anfang Januar dazu drängte, eine Trennung vom Anzeigengeschäft zu überprüfen. Singer wolle wohl rechtzeitig mit im Boot sitzen, kommentierte ein Börsianer nun den Einstieg bei Scout.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Unter Experten herrscht derzeit wegen einiger offener Fragen nur noch vorsichtiger Optimismus. Neben des Übernahme-Themas beschäftigt die Analysten auch eine mögliche Gesetzesänderung, wonach künftig das Bestellerprinzip nicht nur beim Mieten, sondern auch beim Kauf von Immobilien angewendet werden soll.

Das Prinzip schreibt vor, dass derjenige den Makler bezahlen soll, der ihn beauftragt - in dem Fall also meist der Verkäufer. Bislang werden die Kosten oft noch auf die Käufer umgelegt. Beobachter der Branche fürchten, dass die Verkäufer, um Kosten zu sparen, künftig öfter auf Makler verzichten und selbst nach Käufern suchen werden. Mit Maklern verdient Scout24 aber sein Geld.

Laut Barclays-Analyst Andrew Ross sorgt die Diskussion um das Bestellerprinzip trotz des guten Wachstums für große Unsicherheit. Joseph Barnet-Lamb von Credit Suisse schreibt zwar auch, dass die Risiken weiter vorhanden sind - aber dennoch zurückgingen. Und Marius Fuhrberg von Warburg Research beruft sich auf das Konzernmanagement, das nach eigenen Angaben kurzfristige Auswirkungen sehe, aber trotzdem gut vorbereitet sei.

Für Fuhrberg habe vielmehr der gescheiterte Übernahmeversuch die guten Quartalsergebnisse überschattet. Ian Whittaker von Liberum findet diesbezüglich, dass es eine richtige Entscheidung war, das Angebot abzulehnen. Es habe das Unternehmen unterbewertet, wie er Mitte Mai in einer Studie schrieb. Whittaker rechnet weiterhin damit, dass die Übernahme in Zukunft noch kommen wird. Dann allerdings eher von Konkurrenten und nicht von Private-Equity-Firmen.

Von zwölf im dpa-AFX-Analyser seit Jahresbeginn erfassten Analysten raten sieben das Papier zu halten, vier würden es kaufen und einer verkaufen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 48,09 Euro und damit leicht über dem aktuellen Wert.

SO STEHT ES UM DIE AKTIE:

Nachdem die Pläne zum Bestellerprinzip im Oktober vergangenen Jahres bekannt wurden, und ein HSBC-Analyst infolgedessen den Daumen über die Scout-Papiere senkte, erlitt die Aktie einen herben Dämpfer. Davon konnte sie sich nur langsam erholen.

Mittlerweile hat sie mit über 45 Euro aber fast wieder ihr früheres Niveau erreicht. Damit ist das Papier auch von seinem Rekordhoch im Juli 2018 bei 48,62 Euro nicht allzu weit entfernt./kro/elm/fba