BERLIN (dpa-AFX) - Vor der Tarifrunde für die rund eine Million Angestellten der Länder schließt Verdi-Chef Frank Bsirske neue Streiks nicht aus. "Im Zweifelsfall können wir eskalieren", sagte Bsirske der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Aber ich rechne nicht mit einer solchen Zuspitzung", betonte er.

Verdi und der Beamtenbund dbb verhandeln vom 18. Januar an mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Die Gewerkschaften ziehen mit der Forderung nach insgesamt sechs Prozent mehr Geld in die Tarifrunde. Darin enthalten sind eine lineare Gehaltserhöhung und weitere strukturelle Komponenten. Der angestrebte Abschluss soll auf die 2,2 Millionen Beamten von Ländern und Kommunen sowie Pensionäre übertragen werden.

Die Tarifverhandlungen dürften auch bei der dbb-Jahrestagung in Köln eine Rolle spielen. Dort kommen von Montag an 870 Teilnehmer zusammen, um über das Motto "Europa - Quo vadis?" zu debattieren. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) absolviert beim dbb ihren ersten großen Auftritt im neuen Jahr.

Bsirske rechnet "mit konstruktiven Verhandlungen" mit der TdL. "Wir haben hier schwierige Tarifrunden erlebt, etwa mit 16 Wochen Streiks im Länderbereich 2006", sagte er. Dort hätten die Gewerkschaften ihre Eskalationsfähigkeit bewiesen. Er verwies zugleich auf die finanziellen Spielräume: "Die Steuereinnahmen steigen um 4,8 Prozent 2016, für 2017 sind 2,6 Prozent prognostiziert, für 2018 sind es 3,8 Prozent."

Die Länder stünden im härter werdenden Wettbewerb um qualifizierten Berufsnachwuchs und Fachkräfte. "Der Lohnabstand der Länder zur kommunalen Seite und dem Bund liegt bei 1,6 Prozent und ab März bei 4 Prozent." Zur Metall-, Elektro- und Chemieindustrie sei er noch viel höher.

"Die Berufsfeuerwehr, der IT-Bereich, der Krankenpflegebereich haben unübersehbare Personalgewinnungsprobleme", sagte Bsirske. "Wenn dann noch deutliche Einkommensunterschiede dazukommen, gehen die Leute."

Zur dbb-Jahrestagung wird auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) erwartet. Eine Rolle spielen dürften dabei auch seine Vorschläge für eine Zentralisierung von Sicherheitsbehörden zur Terrorabwehr.

Erwartet wird, dass dbb-Chef Klaus Dauderstädt angesichts der großen aktuellen Aufgaben des öffentlichen Dienstes Verbesserungen für die Beschäftigten einfordert. In der Polizei und zahlreichen Ämtern sind viele der vom dbb vertretenen Beschäftigten etwa für den Kampf gegen den Terrorismus und die Integration der Flüchtlinge mitzuständig. Es dürfte das letzte Mal sein, dass Dauderstädt bei einer dbb-Jahrestagung punktet. Ende des Jahres endet seine Amtszeit./bw/DP/edh