Zürich (awp) - An der Schweizer Börse nehmen am Donnerstag die Abgaben im Verlauf stark zu. Die Befürchtung, dass es wegen der steigenden Corona-Zahlen zu einer Verschärfung der Pandemie-Massnahmen bis hin zu einem neuerlichen Lockdown kommt, treibt die Anleger aus dem Markt. "Ein neuerlicher Lockdown wäre der Gau - nicht nur für den Markt", sagte ein Börsianer. "Das Coronavirus lehrt europäischen Aktienanlegern wieder das Fürchten", sagte ein Analyst. Kein Wunder steigt daher auch das Angstbarometer der Börse, der Volatilitätsindex VSMI, auf den höchsten Stand seit rund einem Monat.

Das zweite marktbestimmende Thema sind die festgefahrenen Verhandlungen über ein neues Konjunkturpaket in den USA. Republikaner und Demokraten stehen sich weiter ohne nennenswerte Annäherung gegenüber. Finanzminister Steven Mnuchin bezeichnete es als schwierig, noch vor den Präsidentschaftswahlen Anfang November einen Kompromiss zu finden. "Damit sind die Weichen gestellt. Die Anleger dürften bis nach den US-Wahlen in Deckung bleiben", sagte ein Händler. Daran dürften auch die die am Nachmittag erwarteten US-Konjunkturzahlen kaum etwas ändern können.

Der SMI fällt um 11.05 Uhr 2,18 Prozent auf 10'068,21 Punkte. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, verliert 2,28 Prozent auf 1'545,05 und der breit gefasste SPI 2,13 Prozent auf 12'587,01 Zähler. 29 der 30 SLI Werte geben nach. Einzig Lonza sind fester.

Unter Druck stehen neben den Aktien von AMS (-5,0%), die stets volatil sind, vor allem Konsum- und Luxusgüterwerte wie Swatch (-3,7%) und Richemont (-3,9%). Zudem trennen sich die Anleger von den Aktien der grossen Banken Julius Bär (-3,3%), Credit Suisse (-3,4%) und UBS (-2,7%). Auch die Versicherer Swiss Re (-3,0%) und Swiss Life (-2,8%) büssen Terrain ein. Die Aussicht auf weiterhin ultratiefe Zinsen und einen Konjunktureinbruch laste zunehmend stärker auf dem Finanzsektor.

Die steigenden Konjunktursorgen belasten auch Zykliker wie den Personaldienstleister Adecco (-3,3%), den Chemiekonzern Clariant (3,1%) oder den Zementproduzenten LafargeHolcim (-2,5%).

Starker Druck auf den Markt geht zudem vom Marktschwergewicht Roche (-3,2%) aus. Der Pharmakonzern hat in den ersten neun Monaten in der Pharmasparte unter der Corona-Krise gelitten und ein Ergebnis abgeliefert, das die Marktteilnehmer nicht goutiert haben. Allerdings zeichnete sich im dritten Quartal eine Erholung ab. Gut lief es dagegen in der Diagnostiksparte, die von der grossen Nachfrage nach Corona-Tests profitierte. Insgesamt sieht sich Roche auf gutem Weg, im laufenden Jahr die Ziele zu erreichen.

Die Aktien von Konkurrentin Novartis verlieren 1,8 Prozent, und Nestlé halten sich mit -1,5 Prozent ebenfalls etwas besser als der Markt. Besser als der Gesamtmarkt schlagen sich ausserdem die eher defensiven Swisscom (-1,5%), Geberit (-1,6%) und Schindler (-1,4%).

Lonza (+1,4%) bauen im Verlauf die Gewinne sogar aus. Das Strategieupdate kommt gut an: Der Pharmazulieferer teilt sich neu in vier Divisionen ein. Bis 2023 wird ein Umsatzwachstum im zweistelligen Prozentbereich sowie eine Kern-EBITDA-Marge von rund 33 bis 35 Prozent und eine zweistellige Rendite auf dem eingesetzten Kapital (ROIC) angestrebt.

Im breiten Markt leiden Aktien, die auch ohne Corona-Krise schon mit Widrigkeiten zu kämpfen hätten, unter Abgaben. So verlieren Meyer Burger (-11%) deutlich. Auch der angeschlagene Backwarenhersteller Aryzta (-6,6%) muss wieder Federn lassen. Gewinnmitnahmen drücken die Papiere der Versandapotheke Zur Rose (-5,5%) ins Minus. Der Reisedetailhändler Dufry (-2,7%) und der Titel des Zürcher Flughafens (-2,3%) gehören ebenfalls zu den Verlierern.

Auf der anderen Seite sind die Gewinner rar. Die Anteile von Aluflexpack (+1,7%), der Thurgauer Kantonalbank (+1,0%) und von Valartis (+0,6%) legen zu.

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