Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Aufschwung an den europäischen Börsen beschleunigt sich am Freitagmittag deutlich. Der DAX gewinnt 1,7 Prozent auf 13.348 Punkte, für den Euro-Stoxx-50 geht es um 1,8 Prozent auf 3.657 Punkte nach oben. Damit hat der DAX die "Fed-Delle" wettgemacht, das Minus nach den unerwartet aggressiven geldpolitischen Aussagen von US-Notenbankchef Jerome Powell also mehr oder weniger aufgeholt. Wie bereits zur Wochenmitte wird an der Börse darauf gesetzt, dass China die strikten Corona-Regeln im Land lockern könnte, heißt es. In der Folge dürften dort Konjunktur und Konsum wieder anspringen und sich die Lieferkettenproblematik in einigen Bereichen auch für Europa verbessern. Gewinner des Tages sind Biontech, die um 8,2 Prozent nach oben schießen.

Auslöser ist ein Bericht des Wall Street Journal, wonach China die Covid-19-Impfstoffe des Biotechnologie-Unternehmens für in China ansässige Ausländer zugelassen hat. Die Vereinbarung wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz auf einer Pressekonferenz in Peking bekannt gegeben, nachdem er sich mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping getroffen hatte, wie es in dem Bericht heißt. Laut Bloomberg erwägt China nun auch eine Lockerung der Covid-Reisebeschränkungen. Für die Aktien von Pfizer, Partner von Biontech bei der Covid-Impfstoffentwicklung, geht es vorbörslich in den USA um 1,8 Prozent nach oben.

Im Blick steht nun der US-Arbeitsmarktbericht für Oktober am Nachmittag. Erwartet wird ein Plus bei der Zahl der Beschäftigten von 205.000.


   Schwächere US-Arbeitsmarktdaten müssen nicht schlecht für Börsen sein 

Ein schwächerer Arbeitsmarktbericht muss laut QC Partners an den Börsen nicht zwingend schlecht ankommen. "Ein Jahrestief bei den neu geschaffenen Stellen könnte eines der Puzzleteile sein, die die Fed braucht, um schon im Dezember langsamer an der Zinsschraube zu drehen", heißt es. Noch wichtiger als die Zahl der neu geschaffenen Stellen dürfte das Lohnwachstum sein. Die Fed habe auch diese Zahl im Blick. Sollte sich das Lohnwachstum weniger verlangsamen, wäre das der siebte Monat in Folge, in dem diese wichtige Zahl zurückgehe oder zumindest stagniere.

Von der China-Hoffnung profitieren neben Biontech vor allem die rohstoffnahen Basic Resources, deren Stoxx-Branchenindex um 5,0 Prozent steigt. Die Sektoren-Indizes der Auto-, Chemie-, Bau-, Industrie- und Technologie-Aktien legen alle gut 2 Prozent zu, auch die Hersteller von Konsumgütern des täglichen Bedarfs mit den ebenfalls von China abhängigen Luxusgüterherstellern sind stark gefragt. Vernachlässigt werden die nahezu unveränderten Versorger.

Im DAX steigen Adidas, Continental und Covestro um bis zu 5,9 Prozent. Auf der anderen Seite geben Munich Re und Hannover Rück etwas nach.

Als klar positiv werden die Zahlen der Societe Generale (+4,8%) zum dritten Quartal an der Börse eingestuft. Die Analysten von Jefferies heben hervor, dass der französische Kreditgeber beim Nettogewinn in Höhe von 1,5 Milliarden Euro die Markterwartung gleich um 50 Prozent übertroffen habe.

Die Aktie von Enel gibt hingegen um 1,2 Prozent nach. Dafür sprechen nach Aussage von Marktteilnehmern zwei Gründe. Zum einen hatte der italienische Versorger am Vorabend die Jahresprognose nach einem Gewinnrückgang in den ersten neun Monaten reduziert. Das Unternehmen plant 2022 nur noch mit einem bereinigten Nettogewinn von 5,0 Milliarden bis 5,3 Milliarden Euro, bisher wurden 5,6 Milliarden bis 5,8 Milliarden Euro erwartet. Zweitens wurden die Ziele für die Nettoverschuldung gestreckt.

Als "in der Logik überzeugend" stufen die Analysten von RBC Capital das Interesse von Kering (+5,6%) an Tom Ford ein. Hintergrund ist ein Bericht im Wall Street Journal, in dem mit der Angelegenheit vertraute Personen berichten, dass die Gucci-Mutter, die mit Konkurrenten wie Estée Lauder um Tom Ford konkurriert, nun der Favorit im Rennen zu sein scheine. Der Transaktionswert könnte bei 3 Milliarden Dollar liegen.

Positiv wird im Handel gewertet, dass Pirelli (+6,0%) den Umsatzausblick auf rund 6,5 Milliarden Euro angehoben hat. Der Konsens liege mit rund 6,26 Milliarden darunter. Zudem hat der italienische Reifenhersteller das Ziel einer bereinigten EBIT-Marge von rund 15 Prozent für das Gesamtjahr bestätigt. Das gute dritte Quartal lieferte den Impuls.

"Die Zahlen von Vonovia sind schwer einzustufen", so ein Händler in einer ersten Einschätzung. Alles in allem habe der Immobilienkonzern einmal mehr ein solides Quartal abgeliefert. Der Ausblick auf 2023 liege leicht unterhalb der Schätzung seines Analysten, sollte aber bei einer Kurshalbierung der Aktie seit Jahresbeginn mehr als eingepreist sein. Vonovia gewinnen 4,6 Prozent.


   Gea mit soliden Zahlen 

In einer ersten Einschätzung aus dem Handel wird die Ertragsentwicklung bei Gea (+5,8%) positiv eingestuft. Das EBITDA fiel mit 199 Millionen Euro rund 10 Prozent oberhalb des Konsens aus, während der Umsatz leicht positiv überrascht habe. Der Ausblick wurde angehoben, was an der Börse teils schon erwartet wurde.


=== 
Aktienindex              zuletzt        +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.657,42        +1,8%         64,24         -14,9% 
Stoxx-50                3.585,92        +1,3%         46,44          -6,1% 
DAX                    13.347,65        +1,7%        217,46         -16,0% 
MDAX                   23.750,20        +2,2%        502,55         -32,4% 
TecDAX                  2.840,21        +1,5%         40,76         -27,6% 
SDAX                   11.366,85        +1,6%        173,84         -30,8% 
FTSE                    7.285,78        +1,4%         97,15          -2,7% 
CAC                     6.378,32        +2,2%        135,04         -10,8% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                    absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       2,30                      +0,06          +2,48 
US-Zehnjahresrendite        4,16                      +0,01          +2,65 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %  Fr, 8:20 Uhr  Do, 17:41 Uhr   % YTD 
EUR/USD                   0,9777        +0,3%        0,9777         0,9750  -14,0% 
EUR/JPY                   144,79        +0,2%        144,64         144,60  +10,6% 
EUR/CHF                   0,9869        -0,1%        0,9871         0,9861   -4,9% 
EUR/GBP                   0,8747        +0,1%        0,8721         0,8730   +4,1% 
USD/JPY                   147,95        -0,1%        147,98         148,36  +28,6% 
GBP/USD                   1,1214        +0,5%        1,1208         1,1165  -17,1% 
USD/CNH (Offshore)        7,2659        -0,8%        7,2644         7,3403  +14,5% 
Bitcoin 
BTC/USD                20.632,40        +2,2%     20.632,40      20.265,78  -55,4% 
 
ROHÖL                    zuletzt  VT-Settlem.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                  89,99        88,17         +2,1%          +1,82  +28,9% 
Brent/ICE                  97,56        94,67         +3,1%          +2,89  +33,0% 
GAS                               VT-Settlem.                      +/- EUR 
Dutch TTF                 119,70       125,45         -4,6%          -5,74  +91,2% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.645,62     1.630,26         +0,9%         +15,36  -10,1% 
Silber (Spot)              19,67        19,45         +1,1%          +0,22  -15,6% 
Platin (Spot)             939,15       919,15         +2,2%         +20,00   -3,2% 
Kupfer-Future               3,59         3,43         +4,7%          +0,16  -18,6% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
=== 

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/hru/ros

(END) Dow Jones Newswires

November 04, 2022 07:35 ET (11:35 GMT)