FRANKFURT (Dow Jones)--Die von Russland gestartete Militäroffensive in der Ukraine hat am Donnerstag an den europäischen Aktienmärkten für einen Kurseinbruch gesorgt. Der Handel verlief dabei nervös und unter hohen Schwankungen. Der DAX brach um 4,0 Prozent auf 14.052 Punkte ein, für den Euro-Stoxx-50 ging es um 3,6 Prozent auf 3.829 Punkte nach unten. Die Nachrichtenlage war über Tag teils unübersichtlich und wechselte schnell, so verlieft auch der Handel an den Börsen hektisch.

Während Risiko-Assets teils auf den Markt geworfen wurden, waren die sicheren Häfen wie Anleihen oder Gold gesucht. Dabei notierte die Feinunze des Edelmetalls im Hoch bei 1.974 Dollar. Am Devisenmarkt ist traditionell der Dollar der sichere Hafen, der Euro fiel um deutliche 1,5 Cent auf 1,1150 Dollar.

Bei anhaltender Unsicherheit in Folge des Russland-Ukraine-Konflikts geht Daniel Kerbach, CIO bei der Bayerninvest, von weiter hohen Schwankungen an den Börsen aus. Betrachte man den Verlauf solcher Krisen, dann liege der Schluss nahe, dass diese geopolitischen Spannungen einen limitierten Einfluss auf die globalen Volkswirtschaften hätten. Einzig die Energiemärkte würden durch entstehende Engpässe zusammen mit einem hohen geopolitischen Preisaufschlag weiter für Inflationsdruck sorgen.


   Sanktionen werden die Wirtschaft auch in Deutschland belasten 

Die Entwicklung in den nächsten Tagen und Wochen werde davon abhängen, welchen Verlauf der Krieg in der Ukraine nehme und wie die unmittelbaren Auswirkungen der Sanktionen sein werden. Michael Holstein, Chefvolkswirt bei der DZ Bank, rechnet mit weiteren Finanzsanktionen gegen russische Banken, den russischen Staat sowie Einzelpersonen. Daneben dürften die Beschränkungen des Handels mit Russland ausgeweitet werden, vor allem der Export von High-Tech-Gütern dürfte komplett untersagt werden.

Der Anstieg der Rohstoffpreise und die Sanktionen dürften die Wirtschaft auch in Deutschland belasten, so Holstein. Die Inflationsrate werde kurzfristig noch weiter ansteigen, vor allem über eine weiter steigende Energierechnung für die Verbraucher. Das schwäche deren Kaufkraft und tendenziell die Nachfrage von Haushalten nach anderen Gütern und erhöhe die Kosten auch für die Unternehmen. Andere Volkswirte erwarten dagegen einen Rezession für Europa.


   Ölpreis springt über 100 Dollar 

Der Preis für Erdöl der Sorte Brent stieg erstmals seit sieben Jahren wieder über die Marke von 100 US-Dollar. Auffallend ist, dass am Terminmarkt die Erdölpreise mit späteren Lieferungen im Jahr günstiger gehandelt wurden. Dies wurde dahingehend interpretiert, dass der Markt mit keiner nachhaltigen Angebotsverknappung oder aber mit einem schnellen Ende der Krise rechnet. Russland ist einer der größten Ölexporteure der Welt.

"Russland ist ein Rohstoff-Supermarkt, und diese Märkte sind im Moment recht eng", sagte Rohstoffstrategin Helima Croft von RBC Capital Markets. "Jeder Hinweis darauf, dass Russland die Ölexporte einschränken wird, gibt Anlass zur Sorge", ergänzte sie. Am stärksten betroffen von etwaigen Störungen seien Verbraucher und Unternehmen in Europa. Der Sektor der europäischen Ölwerte schloss 0,3 Prozent im Minus.


   Banken europaweit schwach 

Eine der wichtigen Fragen ist für Karsten Mumm, Chefvolkswirt bei Donner & Reuschel, ob es durch Sanktionen zu einem Abschneiden Russlands vom internationalen Zahlungsverkehr und folglich möglicherweise zu einer Einstellung von Erdgaslieferungen kommen könnte. In diesem Fall wären Zahlungsausfälle russischer Schuldner mit Rückwirkungen auf einzelne Banken oder Gläubiger in Europa und weiter steigende Energiepreise wahrscheinlich. Mit Blick auf die globalen Geldströme, die möglicherweise eingeschränkt werden können, gaben Deutsche Bank (-12,5%) und Commerzbank (-13,1%) stark nach. Seit Tagen sind Banken mit hohem Osteuropa-Exposure auffallend schwach, Raiffeisen Bank brachen um 23,1 Prozent ein, der Sektor der europäischen Banken verlor 8,2 Prozent.

Die Investoren trennten sich zudem von Aktien, die ein hohes Exposure in Russland aufweisen. Jefferies sieht eine hohe Abhängigkeit bei Renault (-9,1%), die 18 Prozent der Gruppenumsätze in Russland erzielten, während Nokian Tyres (-14,9%) rund 77 Prozent der eigenen Produktionskapazität in dem Land besäßen. Die Aktie von Polymetal brachen um 37,8 Prozent ein, das Unternehmen hat 65 Prozent seiner Gold-Produktion in Russland.

Mit Blick auf Osteuropa nannten die Analysten aus Deutschland HeidelbergCement (-7,2%), die 11 Prozent der Umsätze in dieser Region erzielt. Bei der Deutschen Telekom (-5,4%) sind es immerhin 6 Prozent der Umsätze. Die laufende Berichtssaison trat dagegen etwas in den Hintergrund.


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Index                  Schluss-  Entwicklung  Entwicklung   Entwicklung 
.                         stand      absolut         in %          seit 
.                                                          Jahresbeginn 
Euro-Stoxx-50          3.829,29      -144,12        -3,6%        -10,9% 
Stoxx-50               3.541,51      -118,66        -3,2%         -7,3% 
Stoxx-600                438,96       -14,90        -3,3%        -10,0% 
XETRA-DAX             14.052,10      -579,26        -4,0%        -11,5% 
FTSE-100 London        7.212,11      -286,07        -3,8%         +1,5% 
CAC-40 Paris           6.521,05      -259,62        -3,8%         -8,8% 
AEX Amsterdam            708,55       -19,36        -2,7%        -11,2% 
ATHEX-20 Athen         2.165,12      -153,71        -6,6%         +1,1% 
BEL-20 Brüssel         3.898,38       -74,85        -1,9%         -9,6% 
BUX Budapest          43.102,34     -4659,80        -9,8%        -15,0% 
OMXH-25 Helsinki       4.695,54      -274,14        -5,5%        -10,8% 
ISE NAT. 30 Istanbul   2.070,12      -176,86        -7,9%         +2,2% 
OMXC-20 Kopenhagen     1.541,53        +2,28        +0,1%        -17,3% 
PSI 20 Lissabon        5.430,93       -82,65        -1,5%         -4,0% 
IBEX-35 Madrid         8.198,50      -241,60        -2,9%         -5,9% 
FTSE-MIB Mailand      24.879,88     -1075,20        -4,1%         -5,1% 
RTS Moskau               742,91      -461,20       -38,3%        -53,4% 
OBX Oslo               1.060,04       -10,15        -0,9%         -0,8% 
PX  Prag               1.338,34       -67,05        -4,8%         -6,2% 
OMXS-30 Stockholm      2.038,96      -103,07        -4,8%        -15,7% 
WIG-20 Warschau        1.817,45      -221,54       -10,9%        -19,8% 
ATX Wien               3.369,82      -262,11        -7,2%         -5,6% 
SMI Zürich            11.636,76      -305,13        -2,6%         -9,6% 
 
DEVISEN               zuletzt      +/- %  Do, 9:11 Uhr  Mi, 17:06 Uhr   % YTD 
EUR/USD                1,1147      -1,4%        1,1258         1,1323   -2,0% 
EUR/JPY                128,61      -1,1%        129,10         130,24   -1,7% 
EUR/CHF                1,0320      -0,6%        1,0354         1,0384   -0,5% 
EUR/GBP                0,8348      +0,0%        0,8343         0,8350   -0,7% 
USD/JPY                115,37      +0,3%        114,68         115,04   +0,2% 
GBP/USD                1,3353      -1,4%        1,3489         1,3558   -1,3% 
USD/CNH (Offshore)     6,3284      +0,2%        6,3202         6,3145   -0,4% 
Bitcoin 
BTC/USD             35.922,64      -4,6%     35.694,03      38.390,25  -22,3% 
 
ROHÖL                 zuletzt  VT-Settl.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex               95,98      92,10         +4,2%           3,88  +28,9% 
Brent/ICE              102,65      96,84         +6,0%           5,81  +32,4% 
 
METALLE               zuletzt     Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)          1.923,18   1.909,04         +0,7%         +14,14   +5,1% 
Silber (Spot)           24,67      24,55         +0,5%          +0,12   +5,8% 
Platin (Spot)        1.065,05   1.095,00         -2,7%         -29,95   +9,7% 
Kupfer-Future            4,48       4,48         -0,2%          -0,01   +0,3% 
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February 24, 2022 12:29 ET (17:29 GMT)