BERLIN (Dow Jones)--Der weltweite Wettbewerb mit chinesischen Unternehmen wird für deutsche und europäische Unternehmen härter, weil die Produkte aus Fernost besser werden und fast immer günstiger sind. Laut einer neuen Untersuchung des China-Forschungsinstituts Sinolytics im Auftrag des Verbands Deutsche Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) prognostizieren 61 Prozent der 500 befragten deutschen und europäischen Firmen, dass sie in fünf Jahren nur noch eine durchschnittliche oder sogar schlechte Wettbewerbssituation haben werden, aktuell liegt dieser Wert noch bei 37 Prozent der Firmen. Chinas Industrie profitiere zudem von Subventionen auf breiter Front. Die europäische Politik sei daher gefordert, den EU-Binnenmarkt vor Wettbewerbsverzerrungen aus China zu schützen, so der VDMA. Er forderte Schutzmaßnahmen im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO).

Der VDMA mahnte außerdem, dass die deutschen und europäischen Firmen ihre Technologieführerschaft behaupten und ihr Produktportfolio neu denken müssten, um im Wettbewerb mit der chinesischen Konkurrenz bestehen zu können.

"Die chinesische Maschinenbauindustrie befindet sich derzeit in einer neuen Welle des 'Going Global', die sich durch qualitativ hochwertigere und technologisch fortgeschrittene Produkte zu einem vergleichsweise niedrigen Preis auszeichnet", sagte VDMA-Präsident Karl Haeusgen. "Und die schwächelnde Nachfrage im heimischen Markt ist ein zusätzlicher Treiber für die neue Welle der Internationalisierung chinesischer Unternehmen."

China verfolge eine expansive Freihandelspolitik, die mittlerweile 21 Länder umfasse und chinesischen Firmen vorteilhafte Handels- und Investitionskonditionen in wichtigen Drittmärkten biete, wie es in der Studie "China Going Global: Ziele, Maßnahmen, Gegenstrategien" heißt.

Demnach operierten chinesische Unternehmen anders als amerikanische und europäische Firmen, da sie bewusst kurz- und mittelfristige Verluste in Kauf nähmen, um langfristig Marktanteile zu erobern. Laut der Studie investieren sie zudem in enorm große Produktionskapazitäten, bevor sie mit einem Produkt an den Markt gehen. Gleichzeitig misst die Mehrheit der befragten Mitgliedsfirmen staatlichen Subventionen eine hohe Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Maschinenbauer bei, so die Umfrage.


   China als Markt mittelfristig unersetzbar 

Der VDMA hält China als Markt für deutsche Unternehmen kurz- und mittelfristig nicht für ersetzbar. China sei aktuell der zweitwichtigste Exportmarkt und ausländischer Investitionsstandort für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau und werde es "auch in absehbarer Zukunft bleiben". Umgekehrt sei China der wichtigste Maschinenlieferant Deutschlands.

"Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir unsere eigenen Stärken fördern. Der Schlüssel für eine Position der Stärke ist die eigene internationale Wettbewerbsfähigkeit, die wir selbst aktiv beeinflussen können und müssen", sagte Haeusgen.


   Europäischer Binnenmarkt vor unfairem chinesischen Wettbewerb schützen 

Der VDMA rief die europäische Politik dazu auf, den EU-Binnenmarkt vor Wettbewerbsverzerrungen aus China zu schützen. Dabei sollten Maßnahmen eingesetzt werden, die im Einklang mit den WTO-Regeln stünden.

"Die EU kann dabei helfen, passende Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich der deutsche und europäische Maschinenbau diversifizieren können. Dazu müssen weitere Freihandelsabkommen mit Partnerländern in Asien abgeschlossen und das Mercosur-Abkommen endlich umgesetzt werden", forderte Haeusgen.

Bei Produkten aus China, die die "nationale Sicherheit" bedrohen könnten, müssen besondere Mechanismen greifen und faire Wettbewerbsbedingungen auf dem EU-Binnenmarkt sichergestellt werden.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/mgo

(END) Dow Jones Newswires

July 15, 2024 04:26 ET (08:26 GMT)