Nach dem fulminanten Wochenstart lässt die Kauflust der europäischen Anleger nach.

"Die Stimmung bleibt allerdings aufgrund Bewegungen in der Suche nach einem gemeinsamen europäischen Konjunkturpaket weiter gut", sagte Analyst Konstantin Oldenburger vom Online-Broker CMC Markets. Der Dax schloss am Dienstag 0,2 Prozent im Plus bei 11.075,29 Punkten. Der EuroStoxx50 bröckelte um 0,2 Prozent auf 2906,54 Zähler ab, nachdem beide Indizes am Montag mehr als fünf Prozent zugelegt hatten. An der Wall Street kam der US-Standardwerteindex Dow Jones kaum vom Fleck.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollen über einen europäischen Wiederaufbaufonds den von der Pandemie besonders gebeutelten Staaten wie Italien und Spanien Zuschüsse von insgesamt 500 Milliarden Euro gewähren. Zur Finanzierung soll die EU-Kommission erstmals Anleihen aufnehmen dürfen. "Das könnte den Weg zu einer Art Vergemeinschaftung von Schulden ebnen", sagte Analyst Ricardo Evangelista vom Brokerhaus ActivTrades. "Sollten die übrigen Staaten zustimmen, wäre das eine entscheidende Wende, die der EU dringend benötigte Stabilität bringt und dem Euro weiteren Auftrieb geben wird."

Die Gemeinschaftswährung kostete am Dienstag mit 1,0925 Dollar rund ein Prozent mehr als vor Bekanntgabe der Pläne am Montagabend. Auch bei Anleihen südeuropäischer Staaten griffen Investoren beherzt zu. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen italienischen Titel zeitweise auf ein Sechs-Wochen-Tief von 1,599 Prozent. Ihre Pendants aus Spanien und Portugal rentierten mit 0,692 und 0,751 Prozent jeweils so niedrig wie zuletzt vor sieben Wochen.

Jörg Krämer, Chef-Volkswirt der Commerzbank, warnte jedoch vor überzogenen Erwartungen an den "Mercron"-Plan. "Mit Blick auf die vielen offenen Sachfragen und die Uneinigkeit zwischen Nord- und Südeuropa rechnen wir nicht mit einer schnellen Einigung. Gelder dürften - in welcher Höhe auch immer - frühestens ab 2021 fließen."

THYSSEN ERNEUT IM AUFWIND - "GAULOISES"-MACHER UNTER DRUCK

Am deutschen Aktienmarkt stand erneut Thyssenkrupp im Rampenlicht. Konzernchefin Martina Merz will die starken und schwachen Geschäftsbereiche trennen und stellt dabei auch die traditionsreiche Stahlsparte auf den Prüfstand. Analyst Christian Obst von der Baader Helvea Bank bezeichnete die Zerschlagung des Konzerns als notwendig. Ein Aktienhändler sagte: "Der Umbau vom 'Tanker zum Schnellboot' kommt vielleicht gerade noch rechtzeitig, um das Blatt zu wenden." Thyssen-Titel setzten ihre Rally vom Montag fort und gewannen 5,1 Prozent auf 5,20 Euro.

Gefragt waren auch die Papiere von Walmart, die sich an der Wall Street um 1,1 Prozent verteuerten. Hamsterkäufe wegen der Pandemie und ein boomendes Online-Geschäft bescherten dem weltgrößten Einzelhändler ein überraschend starkes Umsatzplus von 8,6 Prozent auf 134,6 Milliarden Dollar. Der Quartalsgewinn fiel mit 1,18 Dollar je Aktie ebenfalls höher aus als vorhergesagt.

In London brachen die Aktien von Imperial Brands dagegen um 5,6 Prozent ein. Der Tabak-Konzern kürzt wegen der Coronakrise die Dividende und warnte vor zusätzlichen Ergebnis-Belastungen in den kommenden Monaten. Indem das aktuelle Management die Erwartungen in mehreren Bereichen senke, bereite sie dem designierten neuen Chef Stefan Bomhard die Basis für einen erfolgreichen Einstand, urteilte Analyst Nico von Stackelberg von der Investmentbank Liberum. Er riet dazu, Kursrücksetzer zum Einstieg beim "Gauloises"-Anbieter zu nutzen.