FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Wie nachhaltig die jüngste Erholung am deutschen
Aktienmarkt ist, wird nach
Ansicht von Analysten weiterhin vom Streit über Handelsbarrieren bestimmt.
Technisch muss der DAX wichtige Hürden überwinden.

9. Juli 2018. Rund 2,6 Prozent gewann der deutsche Aktienindex seit
Monatsbeginn hinzu und verabschiedete sich am Freitag mit 12.496 Punkten ins
Wochenende. Am Morgen setzt der DAX mit Unterstützung der Börsen aus Asien
und den USA seine Aufwärtsbewegung fort und startet um die 12.540 Zähler mit
einem Plus in die neue Woche.

Chris-Oliver Schickentanz fällt es dennoch schwer eine klare Tendenz
auszumachen. Die Aktienmärkte hingen nach wie vor am Tropf der Meldungen zu
neuen Strafzöllen und den zu erwartenden Gegenmaßnahmen. "Die
Tagesvolatilität wird uns auf jeden Fall erhalten bleiben", schätzt der
Commerzbank-Analyst.

Vor dem Hintergrund der insgesamt sehr schwer einzuschätzenden Situation
rund um den Zollkonflikt dürften viele Anleger auch in den nächsten Tagen
erst einmal defensiv bleiben, wie Thomas Metzger vom Bankhaus Bauer
erwartet.

Auch US-Konzerne sorgen sich

Bislang reagierten die internationalen Aktienmärkte auf die Konflikte nach
Meinung von Christian Apelt von der Helaba noch vergleichsweise milde. Es
mehrten sich jedoch die Indizien zunehmender Nervosität. Etwa deute die
Entwicklung des Economic Policy Uncertainty Index darauf hin, dass selbst
Marktteilnehmer in den USA die Handelspolitik gegenwärtig als
Unsicherheitsfaktor Nummer eins wahrnehmen. Die anstehende Berichtssaison
werde zeigen, ob und wie sich der Streit auf die Erwartungen der Konzerne
auswirkt. Klar sei, dass Handelsbeschränkungen und Zölle für die Unternehmen
eine ernstzunehmende Belastung darstellten.

Chinesische Aktien besonders betroffen

Kein gutes Omen für das deutsche Kursbarometer ist Apelt zufolge die
Schwäche am chinesischen Aktienmarkt. "Der Shanghai Composite ist seit dem
Januar-Hoch schon mehr als 20 Prozent gefallen und befindet sich damit in
einem Bärenmarkt." Chinas Währung habe sich nach den Verlusten zudem erst
stabilisieren können, als die Notenbank Spekulationen einer gezielten
Abwertungspolitik widersprach.

Wichtige Hürden stehen im Weg

Noch sieht Karen Szola in der jüngsten Erholung des deutschen Aktienindex
eine rein technische Bewegung. "Diverse Indikatoren befanden sich in ihren
überverkauften Extremzonen", erinnert die Analystin von Euro am Sonntag und
Börse Online. Mit den kräftigen Kursverlusten bis zum Tief bei 12.104
Punkten nach dem Juni-Bewegungshoch habe der DAX nahezu das Kursziel eines
Doppeltops abgearbeitet. Dieses habe sich mit den beiden Bewegungsgipfeln
bis auf rund 13.200 Punkte vom Mai und Juni angebahnt.

"Zum Wochenschluss nahm der deutsche Bluechip-Index bereits die nächste
Barriere in Angriff - die horizontale Widerstandszone, die sich zwischen
etwa 12.500 bis 12.600 Zähler erstreckt." Doch schon an der 12.500er-Marke
seien die Aufwärtskräfte versiegt. "Hier könnten nun der kurz vor einem
Kaufsignal stehenden MACD-Trendindikator sowie das noch anziehende Momentum
behilflich sein." Das Chartbild helle sich deutlich auf, sobald sich der DAX
über der Region um 12.800 Punkte nachhaltig stabilisiert. Damit einhergehen
würde eine Rückeroberung seiner bei aktuell 12.780 Zählern verlaufenden 200-
Tage-Linie. "Ein neues übergeordnetes Kaufsignal wird aber erst aktiviert,
wenn das im Januar bei knapp 13.597 Punkten markierte Allzeithoch überwunden
wird," erwartet Szola.

Nach Ansicht der Anaystin gerate im Fall einer neuen Kursschwäche der
Bereich um 12.000 bzw. 11.800 Zähler wieder ins Visier. Ungemach drohe, wenn
diese Schlüsselunterstützung signifikant nach unten gebrochen würde. "Denn
mit den Reaktionshochs seit Mai 2017 könnte sich eine bearishe Schulter-
Kopf-Schulter-Formation geformt haben, die bei ihrer Aktivierung - ein
Kursabfall unter den Bereich - weiteres kräftiges Abwärtspotenzial
bereithielte."

Zunächst eitel Sonnenschein

Für Christoph Geyer bestehen für den hiesigen Bluechip-Index kurzfristig
gute Chancen, wichtige Widerstände zu übersteigen. Die Lage habe sich
entschieden aufgeheitert. Dem DAX sei es immerhin gelungen, den Abwärtstrend
zu durchbrechen und an einen bedeutenden Widerstandsbereich heranzulaufen.
"An den letzten beiden Handelstagen konnte sogar der Umsatz leicht zulegen",
registriert der Charttechniker der Commerzbank. Nun stehe der MACD-Indikator
kurz davor, das Kaufsignal des Stochastik-Indikators zu bestätigen. Sollte
dies gelingen, eröffne sich weiteres Aufwärtspotenzial bis etwa 12.800
Punkte. Misslinge der Ausbruch, seien schnell wieder Notierungen im Bereich
der Unterstützung um 11.900 Punkte möglich.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten

Dienstag, 10. Juli

11.00 Uhr. Deutschland: ZEW Konjunkturerwartungen, Juli. Mit dem sentix-
Konjunkturindikator und der ZEW-Umfrage werden in dieser Woche gleich zwei
Erhebungen veröffentlicht. Die Erwartungskomponenten beider Umfragen sind
der DekaBank zufolge inzwischen auf einem niedrigen Niveau angekommen. Von
hier aus werde es trotz der zu erwartenden "Kriegserklärungen" im US-
amerikanisch-chinesischen Handelskonflikt nicht mehr allzu tief nach unten
gehen. Die immer noch hohen Niveaus der Lageindikatoren machten hingegen
einen weiteren Rückgang Richtung Normalisierung wahrscheinlich.

Donnerstag 12. Juli

14.30 Uhr. USA: Verbraucherpreise, Juni. In den Vereinigten Staaten nimmt
die Inflation weiter Fahrt auf. Die Verbraucherpreise dürften nach Ansicht
der DekaBank im Juni aufs Jahr hochgerechnet auf 2,9 Prozent und damit auf
den höchsten Stand seit Februar 2012 angestiegen sein. Aus geldpolitischer
Sicht beunruhige die Entwicklung nicht weiter, da hierfür vor allem die
Energiepreise verantwortlich seien. Rechne man die schwankungsanfälligen
Bereiche Nahrungsmittel und Energie heraus, liege die Jahresteuerung mit 2,2
Prozent in etwa auf dem Vormonatsniveau. Insbesondere ein negativer
Rückpralleffekt im Bereich der Hotelübernachtungen verhinderte nach Ansicht
der DekaBank-Analysten einen stärkeren Preisdruck nach oben. Insgesamt
sollten die Daten die Federal Reserve in ihrem Vorhaben bestätigen, die
Leitzinsen weiterhin graduell zu erhöhen.

von: Iris Merker 9. Juli 2018

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