FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Handelskonflikt, Nato-Streit und Turbulenzen in Großbritannien - das alles

wird derzeit ignoriert. Die Flucht in bonitätsstarke Anleihen bleibt aus.

13. Juli 2018. Die Nervosität wegen des eskalierenden Handelskriegs hält die

Anleger in Atem, in dieser Woche sorgte eine neue Liste der US-Regierung mit

möglichen Strafzöllen gegen China erneut für Unruhe. Mittlerweile haben sich

die Wogen aber etwas geglättet, was auch auf die bislang ausbleibende

Reaktion der Chinesen zurückgeführt wird.

Mit den zuletzt angekündigten neuen Zöllen auf chinesische Importwaren ginge

es insgesamt um Güter mit einem Warenwert von 200 Milliarden US-Dollar oder

rund 9 Prozent des gesamten US-Importvolumens, wie die HSH Nordbank

erläutert. Mit den ebenfalls zur Diskussion stehenden Zöllen auf Autos aus

der EU seien es sogar 16 Prozent.

Kein Trend zu sicheren Bundesanleihen

Im Vergleich zum Freitag der vergangenen Woche hat sich der Euro-Bund-Future

allerdings kaum verändert: Der Indikator für die langfristigen

Zinserwartungen liegt am Freitagmorgen bei 162,85 nach 162,82 Punkten vor

einer Woche. Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen ist seit Ende

vergangener Woche sogar von 0,29 auf 0,33 Prozent gestiegen, in der Regel

fällt sie in schwierigen Zeiten. "Schlechte Nachrichten werden einfach

ignoriert", kommentiert Gregor Daniel von der Walter Ludwig

Wertpapierhandelsbank.

Nach Einschätzung von Cyrus de la Rubia von der HSH Nordbank sind der

unruhige Nato-Gipfel, Regierungsturbulenzen in Großbritannien, höhere

Aufschläge für Unternehmensanleihen und fallende Rohstoffpreise zwar eher

Zeichen eines "Risk-Off"-Umfelds. "Zu allem Überfluss gab es vom

italienischen Europa-Minister auch noch Andeutungen, man denke über einen

Plan B nach, womit ein Ausstieg aus dem Euro gemeint ist." Die Meldung,

innerhalb der EZB diskutiere man über eine erste Leitzinserhöhung schon im

Juli 2019 statt erst nach Ende des Sommers, könne aber zu dem Renditeanstieg

beigetragen haben.

"Chaostage" in London

Genau beobachtet wird auch das Geschehen in Großbritannien, wo die

prominenten Brexit-Befürworter David Davis und Boris Johnson von ihren

Ministerämtern zurücktraten. Klaus Stopp von der Baader Bank spricht von

"Chaostagen" in London. "Man wird abwarten müssen, ob die Premierministerin

die Brexit-Erwartungen im eigenen Land weiter abbauen kann oder es riskiert,

einen Brexit-Vertrag dem Parlament vorzulegen, den dieses ablehnen könnte",

meint Stopp. In beiden Fällen bewege sich May weiterhin auf dünnem Eis,

entspreche ihr Vorschlag doch dem eines "sanften Brexits", der weder die

"Remainer" noch die "Leaver" zufriedenstellen dürfte.

Otto und K+S stoßen auf riesiges Interesse

Im Handel mit Unternehmensanleihen wurden Papiere der Merck KGaA (WKN

A13R96) mit extrem langer Laufzeit abgegeben - wenn auch nicht im großen

Stil, wie Daniel meldet. Fällig ist das Papier 2074, der Kupon liegt bei

2,625 Prozent.

Sehr gut an kommt eine neue Nachranganleihe der Otto GmbH & Co. KG (WKN

A2LQ0B) mit unendlicher Laufzeit und einer Mindeststückelung von 1.000 Euro.

"Wir sehen sehr viel Umsatz", berichtet Daniel. Der Hamburger Versandhändler

kann die Anleihe frühestens nach sieben Jahren kündigen, bis dahin liegt der

Zins fest bei 4 Prozent, danach ist er variabel. Aktuell notiert die Anleihe

bei 100,52 Prozent.

Extrem hohe Umsätze meldet Rainer Petz von Oddo Seydler auch für eine neue

Anleihe vom Düngemittelspezialisten K+S (WKN A2NBE7) - trotz 100.000 Euro-

Stückelung. Hier liegt der Kupon bei 3,25 Prozent bei einer Laufzeit bis

2024. "Die Otto- und K+S-Anleihen zeigen, dass bekannte Namen und attraktive

Zinsen doch viele Anleger anziehen und richtig viel Liquidität in den Markt

bringen." Die häufig kritisierte niedrige Liquidität im Anleihehandel sei

eben doch auch auf die unattraktiven Zinsen zurückzuführen.

Die SUNfarming GmbH hat unterdessen beschlossen, die Begebung ihrer

Unternehmensanleihe mit Laufzeit bis 2023 (ISIN DE000A2LQZZ1) zu

verschieben, wie am gestrigen Donnerstag bekannt wurde. Auf Anregung

insbesondere institutioneller Investoren soll das Emissionskonzepts

"optimiert" werden. Ein neuer Vorstoß soll im Laufe des zweiten Halbjahrs

erfolgen.

Hohe Renditen für Lira-Anleihen

Die türkische Lira fällt unterdessen auf immer neue historische Tiefs zum

Euro und US-Dollar. Hintergrund sind der deutliche Anstieg der Inflation und

Sorgen um eine stärkere Kontrolle des Staatspräsidenten über die Notenbank.

"Bei ausländischen Investoren kommt die neue Linie in der Türkei sicher

nicht gut an", kommentiert Daniel. Umsatz in Anleihen in türkischer Lira

sieht Daniel aber nicht. "Anleger haben die Papiere schon verkauft oder

stehen jetzt da wie das Kaninchen vor der Schlange."

Die Renditen sind entsprechend hoch: Eine auf Lira lautende Anleihe der

Europäischen Investitionsbank EIB (WKN A19YDR), die bis März 2021 läuft und

einen Kupon von 12,5 Prozent bietet, rentiert mittlerweile um 19 Prozent.

von: Anna-Maria Borse, 13. Juli 2018

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