Von Ulrike Dauer

FRANKFURT (Dow Jones)--Rückgang bei Umsatz und Bruttowarenwert, aber deutliche Verbesserungen bei operativem Gewinn und Marge: Europas größter Online-Modehändler Zalando dürfte im zweiten Quartal die inflations-/rezessionsbedingte Kaufzurückhaltung, die Rückkehr in die stationären Geschäfte nach der Pandemie sowie bei wichtigen Marken die neue Konkurrenz durch das zwischenzeitlich erfolgte Aufrüsten eigener Online-Shops gespürt haben. Gleichzeitig zahlen sich erste Maßnahmen zur Gewinnverbesserung aus.

Zalando wird die Ergebnisse für das zweite Quartal voraussichtlich am Donnerstag, den 3. August, vorbörslich veröffentlichen. Was für Anleger wichtig wird:


QUARTAL - Im Mai mit den Erstquartalszahlen hatte der DAX-Konzern die Prognosen für das Gesamtjahr bestätigt, CFO Sandra Dembeck hatte aber auf einen schwachen Start des zweiten Quartals hingewiesen. Die makroökonomischen Rahmenbedingungen hätten sich nicht wirklich verbessert, sodass mit einer verhaltenen Nachfrage zu rechnen sei, sagte sie in der Telefonkonferenz mit Analysten. Konsumenten verschieben nach Einschätzung der Baader-Analysten die Ausgaben für nicht lebensnotwendige Artikel wie Kleidung - oder sie greifen zu preisgünstigen Produkten. Den Warburg-Analysten zufolge dürften Fortschritte beim Abbau der Lagerbestände im Quartal zu verbesserten Margen geführt haben. Auch die auf den Weg gebrachten Maßnahmen zu Kostensenkung, Angebotsanpassung und Mindestbestellwert dürften erste Früchte tragen. Im Juni, dem letzten Monat des Quartals, könnte die günstigere Witterung den Umsatz unterstützt haben. Davon gehen die Baader-Analysten aus.


GESAMTJAHR - Zalando plant für 2023 Wachstum beim Bruttowarenwert GMV zwischen 1 und 7 Prozent, der Umsatz soll sich zwischen minus 1 und plus 4 Prozent zum Vorjahr entwickeln, das bereinigte EBIT in der Spanne 280 bis 350 Millionen Euro landen. Derzeit gehen die Konsensschätzungen davon aus, dass sowohl GMV als auch Umsatz im laufenden Jahr zulegen und das EBIT etwa in der Mitte der Zielspanne landet. Vor einem Jahr hatte Zalando den Markt mit einer drastischen Senkung der Prognosen für das Gesamtjahr aufgeschreckt. Die Maßnahmen dürften Wirkung zeigen und inzwischen auch die Bruttomargen verbessern. Deutlicher wird dies den Warburg-Analysten zufolge im zweiten Halbjahr werden und auch die Basis für weitere Margenverbesserungen im kommenden Jahr legen. Zum geplanten Stellenabbau könnte es möglicherweise mehr Details geben. Die Gespräche mit dem Betriebsrat laufen seit Februar, kommuniziert wurde bisher, dass "mehrere hundert Positionen" vor allem in Berlin abgebaut werden sollen.


LANGFRISTZIELE/GESCHÄFTSMODELL - Im März hatte der Online-Modehändler einen Paradigmenwechsel eingeleitet, der eine Abwendung von der reinen Wachstumsstrategie hin zur Profitabiliätsverbesserung bedeutet. Allerdings sollen Erträge weiter in Wachstum investiert werden, der Konzern wird zunächst weiterhin keine Dividende ausschütten.

Zalando will sich nun bis 2025 dem oberen Ziel bei der bereinigten EBIT-Marge nähern, die eine Spanne von 3 bis 6 Prozent anpeilt. Der GMV von mehr als 30 Milliarden Euro bleibt ein Ziel, wurde allerdings nach hinten verschoben von 2025.

Die Analysten von Bernstein haben ihre Zweifel an den Langfristzielen und an dem Geschäftsmodell Online-Modehändler an sich geäußert. Ende Juni schrieben sie in einer Kundenmitteilung, dass "Modeaggregatoren" nur moderne Kaufhäuser seien, Kaufhäuser seien aber tot. Die Konsumenten würden Verbindungen zu Marken aufbauen, nicht aber zu Online-Plattformen. Die Abhängigkeit der Plattformen von großen Marken, die ihrerseits online aufgeholt hätten, führe zum doppelten Nachteil höherer Preisempfindlichkeit und geringerer Preissetzungsmacht.

Nachfolgend eine Auswertung der Prognosen von Analysten zum zweiten Quartal und für das Gesamtjahr 2023:


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.                     PROG   PROG   PROG 
2. QUARTAL            2Q23   ggVj   Zahl    2Q22 
GMV*                 3.729    -1%      4   3.781 
Umsatz               2.561    -2%      8   2.623 
EBIT bereinigt         124   +60%      7      77 
EBIT-Marge bereinigt   4,8                 3,0 
Ergebnis nach Steuern   74  +429%      2      14 
Ergebnis je Aktie     0,29  +480%      2    0,05 
 
.                     PROG   PROG   PROG 
GESAMTJAHR            Gj23   ggVj   Zahl    Gj22 
GMV*                15.182    +3%      6  14.798 
Umsatz              10.552    +2%     28  10.345 
EBIT bereinigt         316   +71%     16     185 
EBIT-Marge bereinigt   3,0                 1,8 
Ergebnis nach Steuern  114  +581%     24      17 
Ergebnis je Aktie     0,45  +350%     23    0,10 
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ERLÄUTERUNGEN:

- GMV = Bruttowarenwert (gross merchandise value)

- alle Angaben in den Tabellen in Millionen Euro, Ausnahme Ergebnis je Aktie in Euro, Marge in Prozent

- Bilanzierung nach IFRS

- Quellen: Angaben des Unternehmens

- Quelle Prognosen: S&P Global Intelligence, soweit nicht anders angegeben

* Quelle Prognose: Factset

- ggVj = Veränderung in Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum

- das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr

- alle Angaben ohne Gewähr

Kontakt zur Autorin: ulrike.dauer@wsj.com; @UlrikeDauer_

DJG/uxd/sha

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August 01, 2023 09:00 ET (13:00 GMT)