Berlin (Reuters) - Der Auto-Verband VDA warnt bei der Einführung der Euro-7-Abgasnorm vor Produktionsausfällen und Angebotsengpässen.

"Die aktuellen Vorschläge sind kostenintensiv, technologisch nicht sicher umsetzbar und umfassen zulassungsrechtliche Risiken", teilte VDA-Präsidentin Hildegard Müller am Donnerstag mit. In der kurzen Zeit könnten nicht genügend Fahrzeuge mit den Voraussetzungen entwickelt und genehmigt werden. Entscheidend sei, dass eine Weiterentwicklung der Abgasnorm auf Augenmaß und Machbarkeit setze und zugleich einen hohen Wirkungsgrad erreiche. "Dies ist in dem aktuellen Entwurf leider ausdrücklich nicht der Fall."

Die Europäische Union hatte Ende 2022 einen Vorschlag zur Euro-7-Norm vorgelegt. Demnach sollen nur noch Dieselfahrzeuge zugelassen werden, die nicht mehr als 60 Milligramm Stickoxid pro Kilometer ausstoßen - so viel wie Benzinautos heute schon. Für Benziner ändert sich der Grenzwert nicht. Erstmals sind auch Grenzwerte für den Abrieb von Reifen und Bremsen vorgesehen. Die Norm soll für Autos gelten, die ab dem 1. Juli 2025 auf den Markt kommen, für Busse und Lastwagen wird sie zwei Jahre später eingeführt.

In der Autobranche stößt dabei insbesondere auf Kritik, dass die Abgaswerte in mehr Fahrsituationen eingehalten werden müssen. Der Entwurf stelle eine starke Verschärfung der Gesetzgebung durch deutlich aufgeweichte und teils vollkommen aufgehobene Testrandbedingungen dar, heißt es in einem VDA-Positionspapier. Zudem fehle der Schutz vor missbräuchlichem Testen. "Tests können auf unrealistische worst-case-Bedingungen ausgelegt werden", heißt es. Damit könne Euro 7 unerfüllbar werden, in jedem Fall aber teuer und aufwendig wegen nicht repräsentativer Anwendungsfälle. "Eine Rechtssicherheit für die Typgenehmigung der Fahrzeuge ist durch die aktuelle Euro 7 Vorlage nicht zu gewährleisten." Als Alternative schlug der Verband eine stärkere Reduzierung der Emissionswerte bei gleichbleibenden Testrandbedingungen vor.

Die Umwelthilfe weist die Kritik der Autobranche zurück: So sei es möglich, die Abgasreinigung so auszulegen, dass sie unter Volllast des Motors funktioniere - damit seien alle denkbaren Prüfszenarien darstellbar, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Zudem blieben die Euro-7-Vorgaben in wesentlichen Teilen hinter dem zurück, was derzeit in Kalifornien gelte und was von den deutschen Herstellern bei ihren Exportmodellen erfüllt werde.

Er kritisierte in dem Zusammenhang Umweltministerin Steffi Lemke, die sich zuletzt in "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten" für längere Übergangsfristen ausgesprochen hatte. "Ich erwarte von Umweltministerin Lemke, dass sie sich für die saubere Luft einsetzt und nicht für weitere Gewinnsteigerungen von BMW, Mercedes und VW", sagte Resch.

Lemke plädierte dafür, die Regelungslücke für den Abrieb von Bremsen und Reifen zu schließen. "Auf der anderen Seite muss die Einführung von Euro 7 für die Industrie auch realisierbar sein, damit Arbeitsplätze erhalten und modernisiert werden können", sagte sie. Nach Angaben des VDA liegt bislang noch keine Messmethode für den Abrieb bei Bremsen und Reifen vor. "Es gilt, erst die Messmethode zu finalisieren, dann eine Evaluierung dieser Methode durchzuführen und darauf basierend die Definition von Grenzwerten anzugehen", sagte VDA-Präsidentin Müller.

(Bericht von Christina Amann, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)