NEW YORK (Dow Jones)--Mit kräftigen Abgaben hat sich die Wall Street am Donnerstag gezeigt. Anleger trennten sich von Aktien aus Furcht, die US-Notenbank könnte zu fest an der Zinsschraube drehen und damit die Wirtschaft in eine Rezession treiben. Regen Zulauf verzeichneten dagegen "sichere Häfen" wie der Dollar und die US-Anleihen.

Der Dow-Jones-Index verlor 2,2 Prozent. Für den S&P-500 und den Nasdaq-Composite ging es um 2,5 bzw. 3,2 Prozent nach unten. Einer Minderheit von 611 (Mittwoch: 1.305) Kursgewinnern standen 2.535 (1.791) -verlierer gegenüber. Unverändert schlossen 83 (136) Titel.

Die Aussagen der US-Notenbank vom Vortag wurden an den Finanzmärkten zunehmend als falkenhaft wahrgenommen. Die Fed hatte nicht nur den Leitzins wie erwartet um 50 Basispunkte auf 4,25 bis 4,50 Prozent angehoben, sondern auch signalisiert, dass der Zinshöhepunkt 2023 mit etwa 5,1 Prozent höher liegen dürfte als noch im September mit etwa 4,60 Prozent projiziert. Daneben senkten die Notenbanker ihre Erwartungen für das Wirtschaftswachstum im Jahr 2023 von 1,2 auf 0,5 Prozent deutlich.

"US-Notenbankpräsident Jerome Powell wies die Vorstellung, dass die Fed die Zinsen im nächsten Jahr senken könnte, entschieden zurück und argumentierte, dass die Fed stattdessen eine längere Pause anstrebe, wobei er auf die Risiken einer verfrühten Lockerung hinwies... Damit versuchte er, die Erwartungen an Zinssenkungen im nächsten Jahr zu dämpfen, doch lässt dies wohl immer noch die Tür dafür offen", kommentierte Ellie Henderson, Ökonomin bei Investec.

Zudem standen die Zinsentscheidungen der Bank of England (BoE) und vor allem der Europäischen Zentralbank (EZB) im Fokus. Die EZB hat wie weithin erwartet die Leitzinsen um 50 Basispunkte auf 2,00 Prozent angehoben. Belastend wirkte jedoch die Erhöhung der Inflationsprognose für 2023 auf 6,3 Prozent. "Ein Ende der Zinssteigerungen in der Eurozone ist angesichts der hartnäckigen Inflation noch nicht absehbar. Es wird voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden als in den USA", hieß es von HQ Trust. Im Handel war von einer falkenhaften EZB-Entscheidung die Rede - damit nähmen auch die Rezessionsrisiken zu.

Auch die BoE hat ihren Leitzins wie erwartet um 50 Basispunkte auf 3,50 Prozent erhöht. Seit neun Sitzungen in Folge hat die Notenbank jetzt die geldpolitischen Zügel angezogen, um die Inflation zu bändigen.

Die US-Konjunkturdaten traten dagegen in den Hintergrund. So hat sich die Lage der US-Industrie in der Region Philadelphia im Dezember zwar aufgehellt, allerdings nicht so stark wie erwartet. Die Einzelhandelsumsätze sanken im November um 0,6 Prozent und damit stärker als die erwarteten 0,3 Prozent. Die wöchentliche Zahl der Erstanträge auf Leistungen aus der US-Arbeitslosenversicherung hat deutlich abgenommen. Die Geschäftsaktivität des verarbeitenden Gewerbes im Großraum New York hat sich dagegen im Dezember abgeschwächt. Die Industrieproduktion ging im November entgegen der Erwartung leicht zurück. Die Lagerbestände stiegen im Oktober etwas weniger stark als erwartet.


   Dollar zieht an - Euro kann EZB-Gewinne nicht halten 

Der Dollar als beliebte Fluchtwährung in Krisenzeiten zog deutlicher an; der Dollar-Index stieg um 0,9 Prozent. Die Anhebung des Leitzinses um 50 Basispunkte und die Signale der US-Notenbank, die Zinsen im nächsten Jahr auf über 5 Prozent anzuheben - höher als zuvor erwartet - habe den Dollar-Abwärtstrend gestoppt, so ING-Währungsanalyst Francesco Pesole. Der Euro legte nach der EZB-Zinsentscheidung zeitweise kräftig zu und kletterte in der Spitze bis auf 1,0736 Dollar. Im Zuge der allgemeinen Dollarstärke rutschte die Gemeinschaftswährung jedoch zurück auf rund 1,0620 Dollar.

Das Pfund weitete nach der erwarteten Zinserhöhung der BoE seine Abgaben aus und fiel auf etwa 1,2180 Dollar - nach 1,2335 Dollar vor der Bekanntgabe. "Die Tatsache, dass die Mitglieder der BoE in Bezug auf die Geldpolitik der Bank nicht einer Meinung sind, hat bei den Händlern für weitere Verwirrung gesorgt", so AvaTrade-Analyst Naeem Aslam. Höhere Zinsen würden auch die Krise bei den Lebenshaltungskosten verschärfen und der Wirtschaft schaden, was ein weiterer Grund für die Schwäche des Pfund Sterling sei.

Die Ölpreise zeigten sich nach der Gewinnserie der vorigen Tage mit Abgaben. Fed-Chairman Powell hatte am Vortag erklärt, dass die US-Notenbank die Zinssätze im nächsten Jahr weiter anheben wird, auch wenn die Wirtschaft in eine mögliche Rezession abrutscht. Zudem waren die chinesischen Wirtschaftsdaten für November "viel schwächer als erwartet, was die Nachfrageaussichten weiter eintrübt", so Tina Teng, Analystin bei CMC Markets.

Der Anleihemarkt profitierte vom Sicherheitsbedürfnis der Anleger. Steigende Kurse drückten die Renditen. Der feste Dollar und die Aussicht auf weiter steigende Zinsen ließen den Goldpreis deutlicher nachgeben.


   Musk verringert Tesla-Beteiligung weiter 

Gegen die negative Tendenz stemmten sich Tesla (+0,6%). Tesla-Chef Elon Musk hat in dieser Woche weitere Aktien des Unternehmens im Wert von mehr als 3,5 Milliarden Dollar verkauft. Es war das zweite Mal, dass sich Musk nach der Übernahme von Twitter von Tesla-Aktien trennte. Musk hatte bereits im April, August und November Tesla-Aktien verkauft und hält nun noch etwa 13,4 Prozent, womit er weiter der mit Abstand größte Aktionär ist.

Novavax knickten um 34 Prozent ein. Das Impfstoffunternehmen hat die Ausgabe neuer Aktien im Wert von bis zu 125 Millionen Dollar sowie einer Wandelanleihe bekanntgegeben, was beides gewinnverwässernd wirkt.

Nach Veröffentlichung enttäuschender Nutzerzahlen für November brachen die Aktien des Videospiele-Anbieters Roblox um 15,6 Prozent ein.

Netflix fielen um 8,6 Prozent. Einem Bericht des Online-Fachmagazins Digiday zufolge verkauft sich das neue Basis-Abo mit Werbung bislang nicht gut.

Unter den gegebenen Umständen verlief das Börsendebüt des Luxusgüterunternehmens Lanvin über eine Zweckgesellschaft (Spac) enttäuschend. Der erste Kurs lag bei 10,20 Dollar, in der Spitze notierten die Titel bei 22,81 Dollar. Zum Handelsende stand die Aktie bei 7,63 Dollar. Lanvin, zu dem neben der gleichnamigen Marke auch der österreichische Strumpf- und Wäschehersteller Wolford, die italienische Schuhmarke Sergio Rossi sowie St. John Knits und Caruso gehören, wird von der chinesischen Fosun International kontrolliert.


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INDEX                 zuletzt        +/- %     absolut  +/- % YTD 
DJIA                33.202,22        -2,2%     -764,13      -8,6% 
S&P-500              3.895,76        -2,5%      -99,56     -18,3% 
Nasdaq-Comp.        10.810,53        -3,2%     -360,36     -30,9% 
Nasdaq-100          11.345,22        -3,4%     -395,71     -30,5% 
 
US-Anleihen 
Laufzeit              Rendite     Bp zu VT  Rendite VT  +/-Bp YTD 
2 Jahre                  4,24         +2,9        4,21      351,3 
5 Jahre                  3,62         +0,7        3,61      236,0 
7 Jahre                  3,56         -0,6        3,57      212,0 
10 Jahre                 3,45         -2,7        3,48      194,1 
30 Jahre                 3,50         -3,6        3,53      159,8 
 
DEVISEN               zuletzt        +/- %    Do, 8:29  Mi, 17:10    % YTD 
EUR/USD                1,0623        -0,5%      1,0654     1,0645    -6,6% 
EUR/JPY                146,30        +1,1%      144,61     143,66   +11,8% 
EUR/CHF                0,9864        -0,1%      0,9874     1,0821    -4,9% 
EUR/GBP                0,8725        +1,5%      0,8602     0,8587    +3,8% 
USD/JPY                137,73        +1,7%      135,77     134,93   +19,7% 
GBP/USD                1,2174        -2,0%      1,2387     1,2399   -10,0% 
USD/CNH (Offshore)     6,9895        +0,5%      6,9637     6,9480   +10,0% 
Bitcoin 
BTC/USD             17.422,30        -2,3%   17.729,69  18.088,87   -62,3% 
 
ROHOEL                zuletzt  VT-Settlem.       +/- %    +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex               76,15        77,28       -1,5%      -1,13    +9,9% 
Brent/ICE               81,22        82,70       -1,8%      -1,48   +12,1% 
GAS                            VT-Settlem.                +/- EUR 
Dutch TTF              135,10       131,51       +2,7%      +3,59  +102,2% 
 
METALLE               zuletzt       Vortag       +/- %    +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)          1.777,04     1.807,35       -1,7%     -30,31    -2,9% 
Silber (Spot)           23,10        23,98       -3,7%      -0,88    -0,9% 
Platin (Spot)        1.007,30     1.029,05       -2,1%     -21,75    +3,8% 
Kupfer-Future            3,77         3,88       -2,6%      -0,10   -14,4% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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December 15, 2022 16:11 ET (21:11 GMT)