FRANKFURT (Dow Jones)--Mit der russischen Großoffensive in der Ukraine geben die Börsen in Europa am Donnerstag deutlich nach. Der DAX verliert 4,9 Prozent auf 13.912 Punkte, für den Euro-Stoxx-50 geht es um 4,7 Prozent auf 3.785 Punkte nach unten. Doch die Nachrichtenlage ist unübersichtlich und wechselt schnell. Während auch von Belarus und von der Seeseite russische Truppen in die Ukraine eindringen, hat die Regierung in Kiew das Kriegsrecht verhängt. Momentan ist davon auszugehen, dass Russland weitere Schritte in Richtung Kiew gehen wird. In der Folge wird der Westen die bisherigen Sanktionen verschärfen.

Daniel Kerbach, CIO bei der Bayerninvest, geht bei anhaltender Unsicherheit in Folge des Russland-Ukraine-Konflikts von weiter hohen Schwankungen an der Börse aus. Betrachte man den Verlauf solcher Krisen, dann liege der Schluss nahe, dass diese geopolitischen Spannungen einen limitierten Einfluss auf die globalen Volkswirtschaften haben. Einzig die Energiemärkte würden durch entstehende Engpässe zusammen mit einem hohen geopolitischen Preisaufschlag weiter für Inflationsdruck sorgen.

Auch die DZ Bank ist auch auf Grund der Konjunkturrisiken in Folge des eskalierenden Konflikts weniger optimistisch für die Börsen. Das aktuelle Kriegsgeschehen werde die Marktvolatilität auf neue Höhen treiben und auch weiterhin hochhalten. Die realwirtschaftlichen Konsequenzen seien derzeit schwer zu quantifizieren. Diese dürften jedoch überschaubar sein, da die seit Jahren verhängten Sanktionen schon zu einer Reduzierung der bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Russland und den Industrieländern geführt hätten. Die aktuelle Gemengelage überschatte jedoch die Tatsache, dass die überregionalen Unternehmensgewinne kontinuierlich wüchsen und auch die Erwartungen für die Folgejahre zunähmen.

Die in Krisenzeiten übliche Unterstützung der Finanzmärkte durch die Notenbanken ist dieses Mal nur in erheblich geringerem Umfang zu erwarten, wie Marktstratege Thomas Altmann von QC Partners sagt. Historisch seien den Börsianern in schwierigen Zeiten meist die Notenbanken zu Hilfe gekommen. "Das ist diesmal jedoch schwieriger denn je", heißt es. Denn die aktuell noch stärker steigenden Energiepreise könnten die Inflation weiter anfachen. Maximal seien Verschiebungen und ein geringeres Tempo bei der Straffung der Geldpolitik zu erwarten.


   Ölpreis springt wegen Ukraine-Krieg klar über die Marke von 100 USD 

Während Risiko-Assets wie Aktien momentan verkauft werden, steigt der Preis für Erdöl der Sorte Brent über die Marke von 100 US-Dollar. Der Preis für ein Fass zieht um 8,4 Prozent auf 105,02 Dollar an. Auffallend ist, dass am Terminmarkt die Erdölpreise mit späteren Lieferungen im Jahr günstiger gehandelt werden. Dies wird dahingehend interpretiert, dass der Markt mit keiner nachhaltigen Angebotsverknappung oder aber mit einem schnellen Ende der Krise rechnet. Russland ist einer der größten Ölexporteure der Welt. Der Internationalen Energieagentur war am frühen Donnerstag keine Unterbrechung des Flusses von Rohöl, raffinierten Produkten oder Erdgas aus Russland bekannt, wie eine mit der Angelegenheit vertraute Person sagte.

"Russland ist ein Rohstoff-Supermarkt, und diese Märkte sind im Moment recht eng", sagt Rohstoffstrategin Helima Croft von RBC Capital Markets. "Jeder Hinweis darauf, dass Russland die Ölexporte einschränken wird, gibt Anlass zur Sorge", ergänzt sie. Am stärksten betroffen von etwaigen Störungen sind Verbraucher und Unternehmen in Europa.


   Banken europaweit schwach 

Eine der wichtigen Fragen ist für Karsten Mumm, Chefvolkswirt bei Donner & Reuschel, ob es durch Sanktionen zu einem Abschneiden Russlands vom internationalen Zahlungsverkehr und folglich möglicherweise zu einer Einstellung von Erdgaslieferungen kommen könnte. In diesem Fall wären Zahlungsausfälle russischer Schuldner mit Rückwirkungen auf einzelne Banken oder Gläubiger in Europa und weiter steigende Energiepreise wahrscheinlich. Seit Tagen sind Banken mit hohem Osteuropa- Exposure auffallend schwach, Raiffeisen Bank brechen um mehr als 18 Prozent ein, der Sektor der europäischen Banken verliert 7,2 Prozent.

Die laufende Berichtssaison tritt dagegen in den Hintergrund. Gegen den Trend gewinnen BAE Systems 4,3 Prozent. Die Titel des Rüstungsherstellers werden als einer der wenigen Profiteure der Kampfhandlungen in der Ukraine gesehen, und dies zusätzlich zu den guten Jahreszahlen für 2021.

Die Ergebnisse der Deutschen Telekom ohne T-Mobile US deckten sich im vierten Quartal laut der Citigroup im Allgemeinen mit den Markterwartungen. Auch der Ausblick für das Unternehmen ohne T-Mobile US entspreche weitgehend den Konsenserwartungen, die sich kaum deutlich ändern dürften. Dennoch gibt die Aktie um 5,3 Prozent nach. Für Mercedes-Benz geht es nach Zahlenausweis um 6,3 Prozent nach unten - belastet von der Sorge um Sanktionen und Absatzmärkte.

Gute Geschäftszahlen hat der Kranhersteller Palfinger (-3,0%) vorgelegt. Umsatz und Gewinn befinden sich auf Allzeithoch. "An Tagen wie heute nutzt das leider nichts", sagt ein Händler. Sehr gut sei im Ausblick das Umsatzziel von rund 2 Milliarden Euro im laufenden Jahr nach 1,84 Milliarden Euro 2021. Etwas belastend sei jedoch der Margenausblick.


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Aktienindex              zuletzt      +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.784,72      -4,7%       -188,69         -12,0% 
Stoxx-50                3.530,98      -3,5%       -129,19          -7,5% 
DAX                    13.912,46      -4,9%       -718,90         -12,4% 
MDAX                   30.403,24      -4,7%      -1483,87         -13,4% 
TecDAX                  3.015,43      -3,9%       -123,44         -23,1% 
SDAX                   13.492,06      -4,7%       -667,04         -17,8% 
FTSE                    7.274,46      -3,0%       -223,72          +1,5% 
CAC                     6.469,20      -4,6%       -311,47          -9,6% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       0,14                    -0,09          +0,32 
US-Zehnjahresrendite        1,88                    -0,12          +0,37 
 
DEVISEN                  zuletzt      +/- %  Do, 9:11 Uhr  Mi, 17:06 Uhr   % YTD 
EUR/USD                   1,1163      -1,3%        1,1258         1,1323   -1,8% 
EUR/JPY                   128,10      -1,5%        129,10         130,24   -2,1% 
EUR/CHF                   1,0312      -0,6%        1,0354         1,0384   -0,6% 
EUR/GBP                   0,8335      -0,1%        0,8343         0,8350   -0,8% 
USD/JPY                   114,74      -0,2%        114,68         115,04   -0,3% 
GBP/USD                   1,3394      -1,1%        1,3489         1,3558   -1,0% 
USD/CNH (Offshore)        6,3282      +0,2%        6,3202         6,3145   -0,4% 
Bitcoin 
BTC/USD                35.250,73      -6,4%     35.694,03      38.390,25  -23,8% 
 
ROHÖL                    zuletzt  VT-Settl.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                  99,26      92,10         +7,8%           7,16  +33,3% 
Brent/ICE                 105,02      96,84         +8,4%           8,18  +35,5% 
 
METALLE                  zuletzt     Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.963,43   1.909,04         +2,8%         +54,39   +7,3% 
Silber (Spot)              25,32      24,55         +3,2%          +0,77   +8,6% 
Platin (Spot)           1.113,10   1.095,00         +1,7%         +18,10  +14,7% 
Kupfer-Future               4,54       4,48         +1,3%          +0,06   +1,8% 
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Kontakt zum Autor: thomas.leppert@wsj.com

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February 24, 2022 07:22 ET (12:22 GMT)