STUTTGART (dpa-AFX) - Im festgefahrenen Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie will die IG Metall nun mit 24-stündigen Warnstreiks ein Einlenken der Arbeitgeber erzwingen. Rund 250 Betrieben in Deutschland steht diese Woche eine ganztägige Arbeitsniederlegung bevor, darunter beim Lastwagenbauer MAN in München.

Nach dem Abbruch der Tarifverhandlungen für die bundesweit rund 3,9 Millionen Beschäftigten der Branche greift die IG Metall erstmals zu diesem Mittel. "Das ist die letzte Gelbphase vor der Rotphase eines Flächenstreiks", sagte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann in Stuttgart.

Dort waren die Gespräche über einen neuen Tarifvertrag am Samstag nach rund 16 Stunden ohne Ergebnis beendet worden. Die Arbeitgeber warnten vor den Folgen der Arbeitsniederlegungen, die sie ohnehin für rechtswidrig halten, und kündigten Klagen dagegen an. Die werden die Arbeitsniederlegungen kaum verhindern, die Arbeitgeber hatten betont, dass es ihnen vor allem um mögliche Schadenersatzansprüche gehe.

"Die Arbeitgeber müssen verstehen, dass wir es ernst meinen. Der Kuschelkurs ist vorbei", teilte die IG Metall in Bayern mit. Die Gewerkschaft bereite ein Mitgliedervotum bei MAN vor. "Stimmen die Mitglieder der IG Metall im Betrieb zu, gibt es Mitte der Woche bei MAN Streik." Am ganzen Standort würden Anfang der Woche Urnen aufgestellt.

Er sei "in hohem Maße enttäuscht über das Gebaren der Arbeitgeber" am Verhandlungstisch, sagte Hofmann. Offiziell für gescheitert erklären wollte die IG Metall die Verhandlungen noch nicht. Der Vorstand wies die einzelnen Tarifbezirke allerdings vorsorglich an, Urabstimmungen über Flächenstreiks vorzubereiten - für den Fall, dass sich auch nach den 24-Stunden-Warnstreiks keine Einigung am Verhandlungstisch abzeichnet.

Für den Abbruch der Gespräche in Baden-Württemberg in der fünften Runde machten sich beide Seiten gegenseitig verantwortlich. "Wir hatten ein Angebot vorgelegt zuletzt mit einem Gesamtvolumen von 6,8 Prozent", sagte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf. Das habe die IG Metall abgelehnt und stattdessen nur immer noch mehr verlangt. IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger wiederum kritisierte, die Arbeitgeber hätten sich nur in winzigen Schritten nach vorn, wieder zurück und zur Seite bewegt.

Sechs Prozent mehr Geld hatte die Gewerkschaft ursprünglich gefordert, was aber nie der Knackpunkt in den Verhandlungen war. Erbitterten Widerstand leisteten die Arbeitgeber vielmehr bei der Frage nach einem finanziellen Zuschuss für Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit vorübergehend reduzieren wollen.

Die Möglichkeit zur Reduzierung auf 28 Wochenstunden sollen nach dem Willen der IG Metall alle Beschäftigten bekommen. Bestimmte Gruppen wie Schichtarbeiter, pflegende Angehörige oder Eltern junger Kinder sollten dafür einen Teil-Ausgleich für entgangenen Lohn erhalten.

In der Frage der Reduzierung an sich hatten sich beide Parteien schon angenähert und im Gegenzug über eine Öffnung der Arbeitszeitregeln nach oben gesprochen. Den finanziellen Ausgleich wollten die Arbeitgeber jedoch nicht leisten - auch weil sie ihn für rechtswidrig halten, weil er in ihren Augen Beschäftigte benachteiligt, die schon jetzt in Teilzeit arbeiten und keinen Ausgleich bekommen.

Zuletzt lag ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch, wonach statt des finanziellen Ausgleichs auch zusätzliche Freizeit als Kompensation des fehlenden Lohns hätte möglich sein sollen. Auch darauf konnten sich beide Seiten letztlich aber nicht einigen.

Bevor die Gewerkschaft nun zu den 24-Stunden-Warnstreiks aufruft, die erstmals zum Einsatz kommen, muss sie ihre Mitglieder in jedem betroffenen Betrieb darüber abstimmen lassen. Wolf sagte, er könne die IG Metall nur davor warnen: "Wenn sie massiv in diese Streiks geht, wird es international zu einem schweren Reputationsschaden führen für unsere Industrie", sagte er.

"Klar ist: Wir müssen irgendwie zusammenfinden. Aber ich will nicht verschweigen, dass die IG Metall mit ihrer Verhandlungsweise heute viel Porzellan zerschlagen hat", sagte Gesamtmetall-Chef Rainer Dulger. Für endgültig gerissen halten beide Seiten den Gesprächsfaden nicht. Zumindest in Baden-Württemberg werde man sich bis nach dem Ende der 24-Stunden-Warnstreiks aber nicht mehr zusammensetzen, sagte Zitzelsberger. Unmittelbar danach müsse es aber weitergehen./eni/axa/DP/she