(neu: Zitate von Unternehmenschef, Kursentwicklung aktualisiert, Analystenstimmen ergänzt)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Gabelstapler-Hersteller Kion blickt nach einem erwartungsgemäß schwachen ersten Quartal weiter ungewiss auf das Gesamtjahr. Die Jahresprognose bleibe aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten ausgesetzt, teilte der Konzern am Donnerstag in Frankfurt mit. Der seit Januar amtierende Unternehmenschef Rob Smith zeigte sich im Interview mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX allerdings weiterhin zuversichtlich: "Es geht nicht zu Ende mit Kion, es rumpelt lediglich kurzfristig etwas".

Das erste Quartal fiel bei Kion dabei besser aus als befürchtet, nachdem das Management Anfang April eine Gewinnwarnung aussprechen musste. Umsatz, Auftragseingang sowie das bereinigte operative Ergebnis und der Gewinn übertrafen die Erwartungen. Beim freien Barmittelfluss (Free Cashflow) enttäuschte Kion hingegen.

Die Aktie rutschte kurz nach Handelsbeginn auf 52,16 Euro, was dem tiefsten Stand seit Sommer 2020 entsprach. Der MDax-Wert konnte sich im Laufe des Vormittags aber etwas erholen und lag zur Mittagszeit nur noch knapp im Minus. Seit Anfang des Jahres beläuft sich der Kursabschlag allerdings immer noch auf fast 44 Prozent.

Analysten vermerkten positiv, dass das erste Quartal besser ausgefallen sei, als erwartet. Die Absätze seien "überraschend stark" gewesen, schrieb Experte Daniel Gleim von der Investmentbank Stifel. Sein Kollege Akash Gupta von JPMorgan lobte Kions Sparte Industrial Trucks & Services (ITS), das andere Kernsegment Supply Chain Solutions (SCS) habe hingegen "enttäuscht".

Kions Umsatz stieg in den ersten drei Monaten dank eines hohen Auftragsbestands um gut 15 Prozent auf über 2,7 Milliarden Euro. Davon blieben 6,2 Prozent als bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) und damit fast 3 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Die von Kion befragten Analysten hatten allerdings noch weniger auf dem Zettel. Und auch der Konzern selbst hatte Anfang April noch damit kalkuliert, dass das operative Ergebnis lediglich auf dem Niveau vom vierten Quartal 2021 in Höhe von rund 150 Millionen Euro liegen dürfte. Nun waren es gut 170 Millionen Euro.

Unterm Strich blieben für Kion im ersten Quartal 80,2 Millionen Euro Gewinn und damit gut 40 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Darin enthalten seien nach Steuern auch Sondereffekte aus dem Russlandgeschäft. Kion hatte Anfang April bereits mitgeteilt, womöglich Abwertung von Vermögenswerten vornehmen zu müssen. Hierunter fallen etwa verliehene Stapler. Der freie Barmittelfluss (Free Cashflow) rutschte im ersten Quartal mit über 432 Millionen Euro ins Minus. Der Konzern begründete das mit dem Anstieg der unfertigen Erzeugnisse sowie höheren Beständen an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, die Kion vorhält, um die eigene Lieferfähigkeit abzusichern.

Laut Unternehmenschef Smith stehen zahlreiche Stapler bereit, sind aber nur zu 90 Prozent fertig und können deshalb noch nicht ausgeliefert werden. "Manchmal fehlen nur drei, vier Teile", sagte der Manager. Laut den Aussagen eines Unternehmenssprechers mangelt es vor allem weiterhin an Mikrochips, aber auch einzelne Stahlkomponenten fehlten immer wieder. Deshalb würden beispielsweise an einigen Produktionsstätten nun Schrauben in Kions eigenen Schlossereien hergestellt, um die Stapler bald ausliefern zu können.

Der Bereich ITS macht die Mehrheit des Geschäfts des Intralogistik-Anbieters aus. Der Auftragseingang stieg in den ersten drei Monaten um über 15 Prozent auf gut 2 Milliarden Euro. Vor allem Lagertechnik-Geräte und Gegengewichtsstapler seien sehr gefragt, der Trend ginge zu Elektrostaplern. Im zweiten Kernsegment SCS bietet Kion Lieferketten-Lösungen zum Beispiel in Form von Sortiersystemen und automatisierten Lagersystem an. Der Auftragseingang lag mit 843 Millionen Euro hier nur knapp über dem Vorjahresniveau.

Kion-Chef Smith sieht die grundlegenden Treiber für Kions Geschäft aber intakt. Als Beispiel nannte er im Interview das Wachstum im Online-Handel und die steigenden Lohnkosten. "Wir sind mittel- und langfristig gut aufgestellt", sagte Smith. Entsprechend bestätigte er auf Nachfrage auch die mittelfristige Prognose für 2023 fest. Bis dahin will Kion mindestens 12 Milliarden Umsatz machen, wovon 10 bis 12 Prozent als operative Marge bleiben sollen.

Um eine neue Prognose für das laufende Jahr geben zu können, müssten sich allerdings die erheblichen Unsicherheiten verbessern, sagte Smith. Momentan seien weder der Verlauf des Ukraine-Kriegs und der Corona-Pandemie noch deren wirtschaftliche Auswirkungen verlässlich abzuschätzen.

Wegen der andauernden Unsicherheiten an den Beschaffungsmärkten, die sich durch den Krieg in der Ukraine sowie durch erneute Corona-Lockdowns insbesondere in China massiv verstärkt hätten, hatte das Management Anfang April die Jahresprognose zurückgezogen. Im weiteren Verlauf des Jahres beabsichtigt das Management, eine neue Prognose aufzustellen./lew/men/mne/stk