--Deutsche Umwelthilfe bemängelt angebliche Klimaneutralität

--Umwelthilfe sieht "Ablasshandel"

--Unternehmen verweisen auf Nachhaltigkeitsstrategie

(Neu: Reaktionen

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat vier neue Klagen gegen Unternehmen wegen Verbrauchertäuschung mit angeblicher Klimaneutralität eingereicht. Die Umweltorganisation wirft den Unternehmen einen "Ablasshandel" vor, da sie ihre Produkte als "klimaneutral" bewerben. Die Klagen richten sich gegen Danone Deutschland bezogen auf Evian-Mineralwasser, gegen die Lufthansa-Tochter Eurowings, gegen den Lebensmitteldiscounter Netto sowie gegen den Lebensmittel-Lieferdienst Hellofresh. Eurowings und Hellofresh verwiesen auf ihre Nachhaltigkeitsstrategien

"Anstatt ihre Produkte nachhaltiger zu gestalten, führen Danone, Eurowings, Hellofresh und Netto Verbraucherinnen und Verbraucher schamlos hinters Licht: Indem sie behaupten, die Klimawirkungen ihres Produktes durch fragwürdige Kompensationsprojekte auszugleichen", monierte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Eine Fluggesellschaft, die ihren Kundinnen und Kunden CO2-neutrale Flüge verkaufe, handle hochgradig irreführend. Ein in dickwandiges Plastik verpacktes Mineralwasser, das durch halb Europa in die Lebensmittelmärkte gekarrt werde, könne nicht klimaneutral sein, erklärte die DUH.

Die betroffenen Unternehmen seien zuvor den Aufforderungen der DUH nicht nachgekommen, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und sich damit zu verpflichten, die wettbewerbswidrige Werbung künftig zu unterlassen.


Unternehmen verweisen auf Nachhaltigkeitsstrategien 

Eurowings erklärte auf Anfrage, dass die erwähnte Klage der Deutschen Umwelthilfe das Unternehmen noch nicht erreicht habe und man diese vor Abgabe einer Stellungnahme zunächst prüfen und bewerten werde

Grundsätzlich sei aber die Nachhaltigkeit beim Fliegen in den Kern der Unternehmensstrategie gerückt. Der Nachweis der Wirksamkeit der Klimaschutzprojekte werde zudem durch "anerkannte Zertifizierungen wie z.B. Gold-Standard" gewährleistet, so das Unternehmen. Eurowings wolle bis 2050 netto CO2-neutral fliegen und bis 2030 den Netto-CO2-Ausstoß halbiert haben. "Neben den Reduktionshebeln setzt Eurowings auch auf CO2-Kompensationsangebote, die zum Teil direkt in den Buchungsprozess integriert sind", erklärte Eurowings

Während der Buchung könnten die Fluggäste einen nachhaltigeren Flug wählen, indem sie durch einen Beitrag zu hochwertigen Klimaschutzprojekten im Umfang der ermittelten Werte die CO2 Emissionen ihres Fluges ausglichen

Eine Sprecherin für das Unternehmen Hellofresh erklärte, dass bislang keine Klageschrift der DUH zugestellt worden sei. "Obwohl wir nach wie vor der Auffassung sind, dass die von der DUH wohl beanstandeten Claims rechtmäßig sind, haben wir uns bereits vor einiger Zeit dazu entschieden, die wohl von der DUH beanstandeten Claims und weitere Claims mit Klimabezug aus Marketinggründen zukünftig nicht weiter zu verwenden", sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Das Unternehmen arbeite bereits daran, diese von den eigenen Webseiten und Produkten zu entfernen. "Zudem können wir uns vorstellen, den Emissionsausgleich langfristig auslaufen zu lassen und das Budget für alternative Projekte im Bereich Natur- und Umweltschutz zu nutzen", so die Sprecherin.

Danone Deutschland und Netto-Marken Discount waren nicht unmittelbar für eine Stellungnahme zu erreichen


   Umwelthilfe will Verbot von irreführender Werbung 

Die Umwelthilfe forderte zudem von der Bundesregierung ein generelles Verbot von irreführenden Werbeaussagen, die suggerieren, Produkte, Unternehmen oder Dienstleistungen seien "klimaneutral" oder "klimapositiv".

"Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht darauf, die unmittelbaren Umweltauswirkungen zu erfahren, nur so können sie sich für die richtige Alternative entscheiden", sagte Resch. "Was wir hier erleben, ist ein regelrechter Wettbewerb mit immer dreisteren Behauptungen einer angeblichen Klimaneutralität durch einen unkontrollierten Ablasshandel."

(Mitarbeit: Markus Klausen

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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May 17, 2023 07:54 ET (11:54 GMT)