Gerresheimer ist seit einigen Monaten auf dem Radar dieser Rubrik, in der börsennotierte Unternehmen vorgestellt werden, die mit den aktuellen Schwerpunktthemen punkten - in diesem Fall Gesundheit. Die jüngsten Nachrichten bieten einen hervorragenden Grund, um auf den Zug aufzuspringen. Denn das deutsche Unternehmen stellt Behälter für die Pharmaindustrie her. Das Portfolio umfasst einfache Verpackungen wie Plastikflaschen und Flakons, Glasampullen, aber auch anspruchsvollere Produkte, darunter Pumpen, Spritzen, Inhalatoren und Injektionsstifte. 

Schneckenwachstum

Gerresheimer hat alles, was eine schöne deutsche Industriegeschichte ausmacht: Das Unternehmen ist 160 Jahre alt und in seinem Trophäenschrank findet man zum Beispiel den Titel als weltgrößter Hersteller von Glasflaschen Ende des 19. Jahrhunderts, dank des Bieres damals. Im Laufe der Jahre verlagerte sich das Geschäft auf die Pharmaindustrie in Deutschland und später auf internationaler Ebene. Die Entwicklung war alles andere als rasant: Die Dinge bauten sich sehr langsam auf, bis das Unternehmen 2007 unter der Leitung des damaligen Eigentümers Blackstone an die Börse ging. Der amerikanische Fonds hatte mehr Glück als Weitsicht und schloss das Abenteuer kurz vor dem Beginn des Absturzes ab, der zur Finanzkrise von 2008 führen sollte. Es dauerte fünf Jahre, bis Gerresheimer wieder seinen Einführungskurs erreicht hatte. Auch die Folgezeit war nicht besonders enthusiastisch: Der Umsatz stieg zwischen 2013 und 2021 von 1,3 auf 1,4 Milliarden Euro. Ein Schneckenwachstum also, das das Unternehmen nicht daran hinderte, ordentliche Gewinnspannen und eine kleine Dividende herauszugeben, die eine unbeständige Cashflow-Generierung und eine ständig wachsende Verschuldung kaschierten. Die Branche ist sehr kapitalintensiv, d. h. es sind hohe strukturelle Ausgaben erforderlich, um Einnahmen zu erzielen.

Gerresheimer

Schlüssellieferant von Novo Nordisk

Es ist schwer, mit einer solchen Bilanz die Anlegermassen zu bewegen. Doch das änderte sich Ende 2022, als die Aktie wieder in Richtung 45 Euro gefallen war ... letztlich gar nicht so weit entfernt von dem Kurs, mit dem sie 15 Jahre zuvor an die Börse ging. Bei einer strategischen Präsentation für Investoren gab das Management bekannt, dass es zwei große Verträge im Bereich Diabetes und Fettleibigkeit für Spritzen und Selbstinjektionsgeräte unterzeichnet hatte. Die Analysten erkannten schnell, dass Gerresheimer in den Papieren der Labore stand, die mit den schlankmachenden Varianten ihrer GLP-1-Therapien gegen Diabetes auf dem Vormarsch sind. Es sind diese Verträge, die das Umsatzwachstum endlich beschleunigen werden, da sie letztendlich mehrere hundert Millionen Euro an Einnahmen pro Jahr ausmachen werden. Der Umsatz soll von 1,8 Mrd. EUR im letzten Jahr auf 2,5 Mrd. EUR im Jahr 2025 steigen.

Eine Branche im Rampenlicht 

In der Zwischenzeit müssen hohe Investitionen in die Kapazitäten getätigt werden, was den niedrigen freien Cashflow erklärt. Sobald diese Phase verdaut ist, könnten die Ergebnisse ab 2024, vor allem aber ab 2025, wieder auf das historisch beste Rentabilitätsniveau steigen, das aus dem Zeitraum 2015/2017 stammt. Der Gangwechsel ist nicht unbemerkt geblieben und hat die Aktie in den letzten Wochen auf Höchststände gebracht. Das ist angesichts des Aufstiegs von Gerresheimer und seines Engagements auf dem riesigen Markt für Behandlungen zur Bekämpfung von Fettleibigkeit wahrscheinlich verdient. Nun gilt es, die Versprechungen mit der Realität in Einklang zu bringen, aber das Risiko ist angesichts der Erfahrung des Unternehmens mit pharmazeutischen Industrieprozessen relativ begrenzt. Dennoch wird man die aktuellen Nachrichten über Medikamente zur Gewichtsabnahme im Auge behalten müssen. Da Gerresheimer seine Entwicklung mit der dieses Sektors verknüpft, in dem die Erwartungen hoch sind, ist es anfälliger für die Kontroversen geworden, die diese innovativen und manchmal umstrittenen Behandlungen umgeben.