FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Chancen für eine Neubewertung der Aktien von Autobauern stehen für die nächsten Jahre laut einem Experten der Investmentbank Stifel Europe gut. "Autoaktien haben per se keinen guten Ruf", sagte Autoanalyst Daniel Schwarz von Stifel Europe am Mittwoch in Frankfurt. In den zurückliegenden Jahren hätten Investoren vor allem wegen der stets verschärften Regulierung in Sachen Abgasemissionen - etwa der Reduktion auf im Schnitt 95 Gramm Kohlendioxid (CO2) je gefahrenem Kilometer ab diesem Jahr - die hohen Gewinne der Branche nicht als nachhaltig erachtet, sagte Schwarz. "Da glaube ich, dass das bei diesem nächsten Regulierungsschritt anders sein könnte", meinte der Analyst mit Blick auf noch schärfere EU-Abgasregeln ab 2025.

Aktien der europäischen Autobranche hätten auch in den vergangenen zehn Jahren besser abgeschnitten als der breite Markt. Trotz strukturellen Gegenwinds hätten sich die Gewinne ebenfalls besser entwickelt - und auch stärker als die Kurse. Anleger hätten sich wegen stets neuer Vorschriften zurückgehalten. "Immer wenn ein Ziel erreicht ist, bedeutet das: Die nächste Generation von Motoren wird wieder teurer werden, weil die Ziele weiter verschärft werden", erklärte Schwarz die Sicht von Investoren.

Doch mit der Elektrifizierung habe die Branche die Chance, diesen Kreislauf zu durchbrechen, wenn die Margen und Kosten von Elektroantrieben sich denjenigen von Verbrennern bis voraussichtlich Mitte des Jahrzehnts angeglichen hätten. Die Regulierung werde zwar nicht abnehmen, sondern weiter zunehmen - sei dann aber beherrschbarer. "Damit verliert die Regulierung möglicherweise ihren Schrecken für die Autoindustrie", sagte Schwarz. Davon dürften die Hersteller eher profitieren als die Zulieferer. Diese litten im Vergleich mit Autobauern tendenziell weniger unter Regulierung, da viele zusätzliche Teile etwa zur Abgasvermeidung gebraucht würden.

Die deutschen Autobauer gingen die Herausforderungen unterschiedlich an, sagte Schwarz. So konzentriere sich Daimler bei Mercedes Pkw auf den wesentlichen Markenkern und führe eigene Kapazitäten eher zurück, zudem bauten die Stuttgarter auf Kooperationen wie mit dem chinesischen Autobauer Geely und dem schwedischen Lkw-Bauer Volvo.

Dagegen kaufe Volkswagen derzeit massiv zu, unter anderem Batterietechnologie und den US-Truckhersteller Navistar. In die Softwareentwicklung investiere VW derzeit mehr als der größte europäische Softwarehersteller SAP. Die Gründe für Volkswagens eher expansive Strategie sieht der Experte beim weltgrößten Autobauer unter anderem in Größenvorteilen etwa mit der Elektroantriebsplattform MEB - aber auch in der besonderen Aktionärsstruktur mit dem Land Niedersachsen und dem starken Betriebsrat./men/ag/jha/