Von Markus Klausen

FRANKFURT (Dow Jones)--BMW blickt angesichts eines weiterhin sehr hohen Auftragsbestandes und einer teils starken Nachfrage nach Oberklasseautos zuversichtlich auf das laufende Gesamtjahr. "Der Auftragsbestand wird weit in das Jahr 2023 hineinreichen", sagte Finanzvorstand Nicolas Peter. "Das wird uns helfen, eine gute Balance zwischen Preis, Profitabilität und Absatzvolumen halten zu können", so der Manager im Interview mit Dow Jones Newswires. Zusätzlich zum hohen Orderbestand sei aber auch die Nachfrage nach neuen Modellen ermutigend.

"Der X1 kommt sehr gut an, der Auftragseingang (...) ist sehr stark", erklärte Peter. Besonders für den europäischen Markt ist der neue Kompakt-SUV, der seit Ende 2022 auf dem Markt ist, von hoher Bedeutung. Für Europa erwartet BMW 2023 eine leicht positive Entwicklung bei den Verkäufen. "Dabei spielt der X1 eine große Rolle. Er ist eines der wichtigsten Einzelmodelle gemeinsam mit dem 3er", so der Manager, der das Finanzressort des Münchener Autokonzerns seit über sechs Jahren leitet.


   Normalzustand bei Halbleitern kurzfristig nicht in Sicht 

In der aktuellen Fahrzeuggeneration, wozu der X1 gehört, werden etwa 30 Prozent mehr Halbleiter benötigt. Doch die Nachfrage übersteigt weiter das Angebot. "Die Halbleiterversorgung hat sich verbessert, wir sind aber noch nicht in dem Normalzustand, den wir vor 2021 hatten", so Peter. Es gebe zwar eine bessere Versorgung, allerdings auch einen steigenden Bedarf. Grundsätzlich steigt durch Digitalisierung und Elektrifizierung der Chip-Bedarf erheblich. "Das spricht gegen eine zeitnahe, vollständige Stabilisierung", sagte der Manager.

Autohersteller rund um den Globus konnten vor allem im ersten Halbjahr 2022 wegen Lieferschwierigkeiten bei Halbleitern nicht wie geplant produzieren. Teilweise musste die Produktion angehalten werden, auch bei BMW standen kurzfristig die Bänder still.


   China wieder im Plus erwartet 

Für den weltweit mit Abstand wichtigsten Automarkt zeigte sich Peter ziemlich zuversichtlich. "Ich bin ganz optimistisch, dass wir in China gut aus den Startlöchern kommen." Das liege auch daran, dass China weniger von Inflation betroffen sei als Europa und auch die Corona-Maßnahmen gelockert habe. "Es spricht vieles dafür, dass wir in China 2023 wachsen können", so der Manager.

Im abgelaufenen Jahr sanken die Verkäufe von BMW in China um gut 6 Prozent, vor allem wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie im ersten Halbjahr. Im Schlussquartal kletterte der Absatz wegen der Lockerungsmaßnahmen um knapp 13 Prozent. BMW setzt rund ein Drittel aller weltweit verkauften Fahrzeuge in China ab.

Für Europa sehe die Lage aktuell dagegen anders aus. "Während sich in China, Südkorea, Japan oder den USA die Nachfrage weiter gut entwickeln sollte, dürfte das in Europa schwieriger werden", meint Peter. Das liege insbesondere an den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Wegen der hohen Inflation würden von den fünf großen europäischen Märkten im ersten Quartal Deutschland und Großbritannien am stärksten betroffen sein.


   Effizienz von Verbrennern verbessern 

Eine wichtige Stütze sind nach wie vor Autos mit Verbrennungsmotor. Zwar nehme die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen weiter zu, aktuell haben aber noch rund neun von zehn verkauften Fahrzeugen bei BMW einen Verbrennungsmotor. "Die Nachfrage nach Verbrennern ist gut", erklärte Peter. Der Anteil an den Gesamtverkäufen wird aber immer weiter sinken, der von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) im Gegenzug steigen: Nach rund 9 Prozent 2022 bei vollelektrischen Autos plant der Münchener Konzern dieses Jahr mit 15 Prozent. Ende des Jahrzehnts soll der Anteil dann mehr als die Hälfte des gesamten Absatzes ausmachen.

Entscheidend für die Erreichung dieses Ziels wird eine komplett neue Modellgeneration sein. Die sogenannte Neue Klasse soll ab 2025 an den Start gehen. "Um das alles zu finanzieren, benötigen wir auch attraktive Produkte mit Verbrennungsmotoren auf dem Markt", betonte der Manager. "So viel wie in den vergangenen zwei Jahren haben wir noch nie in Forschung und Entwicklung investiert."

Im Gegensatz zu anderen Autoherstellern nennt BMW kein Ausstiegsdatum für neue Verbrenner. "Aus einem einfachen Grund: Weil wir dem Markt folgen, die Marktbedürfnisse sind sehr unterschiedlich", erklärt Peter. Es werde Regionen geben, wie Europa, die sich schneller in Richtung Elektromobilität entwickeln dürften. Es werde aber andere Regionen auf der Welt geben, etwa die USA, wo in weiten Teilen des Landes noch lange Zeit mit Verbrennern gefahren werde. "Daher ist es auch unsere Aufgabe, die Effizienz von Verbrennern zu verbessern."

Kontakt zum Autor: markus.klausen@dowjones.com

DJG/kla/smh

(END) Dow Jones Newswires

January 13, 2023 06:21 ET (11:21 GMT)