Häufig wird auf diese Herausforderungen mit Aktionismus reagiert: Firmen gründen eine temporäre Arbeitsgruppe, im Projekt wird der Scope verringert, die Deadline verschoben, das Budget erhöht, Rückstände durch Mehraufwand kompensiert.

Es gibt aber auch ein anderes, erfolgversprechenderes Reaktionsmuster - das Lernen durch Reflexion. Der US-amerikanische Erfinder und Elektroingenieur Thomas Alva Edison beschreibt seine Suche nach der Glühlampe so: "I have not failed. I've just found 10,000 ways that won't work."

Im Bechtle Competence Center Digital Solutions haben wir ein Lösungsdesign namens Reflexionsraum entwickelt, mit dem einerseits punktuell reflektiert wird und andererseits die Achtsamkeit der Mitarbeitenden generell trainiert und stärker in den Arbeitsalltag integriert wird. Das Kernelement dabei sind die Mitarbeitenden mit ihrer Wahrnehmung und Expertise.

Think.Pair.Share.

Der Reflexionsraum findet in einem dreistufigen Prozess statt, der auf der didaktischen Methode Think-Pair-Share aufbaut. In der ersten Stufe reflektieren die Mitarbeitenden über folgende drei Fragen: Love it (was läuft richtig gut?), change it (was müssen wir ändern?) und leave it (was können wir weglassen?).

Im Prozess können sich die Mitarbeitenden anhand von vorgeschlagenen Themen (z.B. strategische Entwicklung, Zusammenarbeit der Kollegen:innen, Einfluss meiner Arbeit) und Fragen (z.B. Wieso sind wir erfolgreich? Was können wir besonders gut? Wo wollen wir hin? Was haben wir falsch gemacht? Wieso haben wir etwas falsch gemacht?) orientieren oder auch brainstormen. Die Ergebnisse werden auf einem virtuellen Whiteboard per Klebezettel innerhalb der drei Kategorien festgehalten.

Dot- Voting und Problem Statement.

Im zweiten Schritt treffen sich festgelegte Zweiergruppen, stellen sich die Ergebnisse vor, sammeln und konsolidieren diese gegebenenfalls. Im dritten Schritt werden die Ergebnisse dem gesamten Team vorgestellt. Anschließend werden die wichtigsten Themen per Dot-Voting gefiltert. Dabei haben alle Mitarbeitenden eine begrenzte Anzahl an virtuellen Punkten, die sie verteilen dürfen. Basierend auf der Punktevergabe werden Themen selektiert. In der letzten Durchführung haben wir von ursprünglich 40 Themen neun herausgefiltert.

Für diese neun Themen haben wir ein Problem Statement verfasst, also ein Statement, welches das Problem prägnant in einem Satz erklärt. Die darauf aufbauenden Maßnahmen, die die Mitarbeitenden in einer Breakout-Session skizziert haben, wurden anschließend erneut durch ein Dot-Voting sortiert. Somit ergab sich für jedes der neun priorisierten Themen je ein Aktionspunkt.

Dieser dreistufige Prozess wird auf Quartalsbasis wiederholt. Die rein qualitativen Daten und Freitexte auf den virtuellen Klebezetteln werden durch quantitative Daten, die zuvor in einer Umfrage erhoben wurden, ergänzt. Das Ergebnis des Reflexionsraums lässt sich in drei Punkte zusammenfassen:verstehen, experimentieren, verbessern.

Die Reflexion erlaubt es uns, unser Team, unsere Kollegen:innen und uns selbst besser zu verstehen. Die gewonnen Erkenntnisse können genutzt werden, um uns iterativ und kontinuierlich anzupassen. Stärken können bekräftigt und gezielt eingesetzt werden. Schwächen werden identifiziert und Maßnahmen entwickelt.

Wichtig ist, dass man versteht, dass wir uns mit der Reflexion im Problemraum bewegen. Inwiefern eine Maßnahme oder Lösung funktioniert, ist vorab nicht klar. Dementsprechend müssen diese auch nach Einführung geprüft werden. Idealerweise definiert man dafür Hypothesen mit definierten KPIs.

Achtsamkeit im Arbeitsalltag.

Durch den wiederholenden und mehrstufigen Prozess lernen Mitarbeitende regelmäßig "innezuhalten". Diese Übung hilft dabei, die Reflexion im alltäglichen, routinierten Handeln zu etablieren.

Idealerweise denken die Mitarbeitenden beispielsweise nach dem Meeting darüber nach, warum das Meeting nicht das gewünschte Ergebnis erzielt hat, oder warum die Atmosphäre hitzig wurde. Durch das regelmäßige Innehalten können Organisation und Mitarbeitende lernen, Situationen bewusster wahrzunehmen.

Gemeinsames Verständnis schaffen.

Alle Mitarbeitenden tragen eine eigene Brille, mit der sie auf die Welt schauen. So wird dieselbe Handlung von verschiedenen Kolleg:innen unterschiedlich interpretiert. Reflektion und Gedankenaustausch helfen, die Sichtweise und Bewertung anderer besser zu verstehen. Dadurch haben Kolleg:Innen eher die Möglichkeit, emphatisch zu reagieren, statt ausschließlich durch die eigene Brille zu schauen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Reflexionsraum …
  • der Firma helfen kann, das Geschäftsmodell weiterzuentwickeln
  • dabei unterstützen kann, während und nach einem Projekt über Fehler nachzudenken und darüber, wie man diese adressieren und idealerweise Best Practices angepasst an den eigenen Kontext einführen kann
  • dem Mitarbeiter in der unbefriedigende Zusammenarbeit hilft, indem Ursachenforschung zur Zusammenarbeit betrieben wird statt frustriert das unzuverlässige Kolleg:innen Verhalten zu kompensieren

Dem Digital Solutions Competence Center hat der Ansatz des "Reflexionsraums" geholfen, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und die Wahrnehmung und Kommunikation zu verbessern. Natürlich muss ein solcher Prozess auf den eigenen Kontext angepasst werden.

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Bechtle AG published this content on 13 October 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 13 October 2021 14:51:06 UTC.