Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat am vergangenen Freitag für eine Überraschung gesorgt. Das Gericht erklärte, die Entscheidung über die Verfassungsvereinbarkeit des umstrittenen Outright Monetary Transaction-Programmes der Europäischen Zentralbank - der Möglichkeit unter gewissen Bedingungen unbegrenzt Staatsanleihen von Mitgliedsstaaten zu kaufen - an den Europäischen Gerichtshof zu delegieren. Dieser muss nun entscheiden, ob das Programm gegen Europäisches Recht verstößt. Den anderen geldpolitischen Instrumenten wie Zinsänderungen kommt damit bis auf weiteres eine noch größere Wichtigkeit zu. Erst am 12. Februar hat Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré in einem Interview betont, dass die Europäische Zentralbank einen negativen Einlagesatz sehr ernsthaft prüfe.

Der am Freitag vergangener Woche veröffentlichte US-Arbeitsmarktbericht für den Monat Jänner fiel schwächer als erwartet aus. Die Zahl der Beschäftigten stieg im Jänner außerhalb der Landwirtschaft nur um lediglich 113.000, im Mittel war ein Zuwachs von 180.000 Stellen erwartet worden. Das außerordentlich kalte Wetter kann das schwache Ergebnis zumindest zum Teil erklären. Die Arbeitslosenrate fiel auf 6,6% (Dezember: 6,7 %) und erreichte den tiefsten Wert seit Oktober 2008. Die Industrieproduktion hat sich in der Eurozone im Dezember etwas schwächer als erwartet entwickelt. Im Jahresvergleich kam es zu einen um Arbeitstage bereinigten Zuwachs von lediglich 0,5% (Erwartung: +3,0%). Im Vergleich zum Vormonat ist die Industrieproduktion mit saisonbereinigten -0,7% sogar zurückgegangen. Ähnlich war die Tendenz der Industrieproduktion in Deutschland. Die Zahlen für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone und deren wichtigsten Mitgliedsstaaten im vierten Quartal werden erst am morgigen Freitag veröffentlicht.

Janet Yellen, die neue Chefin der US-amerikanischen Notenbank, hat am Dienstag bei ihrer ersten Anhörung vor dem Repräsentantenhaus, abrupte Änderungen in der Geldpolitik ausgeschlossen. Ein Fortführen der vor einigen Monaten begonnenen Reduktion der monatlichen Wertpapierkäufe sei wahrscheinlich, da die Notenbank weiterhin eine moderate Erholung der Wirtschaft erwartete. Ein genauer, fest vorgeschriebener Plan bestehe allerdings nicht. Die jüngsten turbulenten Entwicklungen an den Finanzmärkten in vielen Schwellenländern wie der Türkei, Argentinien oder Russland stellen laut Janet Yellen für die wirtschaftliche Entwicklung in den USA kein großes Risiko dar. Besonders genau werde die Notenbank aber den Arbeitsmarkt beobachten, vor allem der hohe Anteil an Langzeitarbeitslosen mache Sorgen. Die Aussagen der US-Notenbankchefin kamen im Grunde nicht überraschend, die wichtigsten US-amerikanischen Aktienindizes haben nach der Anhörung etwas zugelegt. Insgesamt war die gesamte Woche für die Aktienmärkte durchaus passabel. Die schwachen Arbeitsmarktdaten in den USA, und die damit einhergehende Hoffnung auf ein noch längeres Andauern der expansiven Geldpolitik in den USA, waren dafür wohl mitverantwortlich. Gleichzeitig stimmte es die Investoren zuversichtlich, dass die Notenbank an ihrer Wachstumsprognose festgehalten hat.

Die Gefahr einer Marktkorrektur ist unserer Ansicht nach sehr hoch. In den nächsten Tagen stehen einige wichtige makroökonomische Kennziffern (etwa das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone und Einkaufsmangerindizes) zur Veröffentlichung an. Die Erwartungen der Marktteilnehmer sind hier durchaus optimistisch und das Potential für Enttäuschungen ist sicherlich vorhanden.

Autor: Wolfgang Pohn

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