Das Bruttoinlandsprodukt dürfte lediglich um 0,6 Prozent zugelegt haben, geht aus der am Montag veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter Volkswirten von 13 Banken hervor. Ein kleineres Plus gab es zuletzt 2013. Zum Vergleich: 2018 hatte es noch zu einem Wachstum von 1,5 Prozent gereicht. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht an diesem Mittwoch eine erste Prognose zum Abschneiden im vorigen Jahr.

"Die deutsche Konjunktur bewegt sich im Niemandsland zwischen Stabilisierung und Stagnation", sagte Ökonom Uwe Dürkop von der Berliner Sparkasse. Das lag im vergangenen Jahr vor allem an der exportabhängigen Industrie, die seit mehreren Quartalen in der Rezession steckt. Sie leidet zum einen unter einer schwächeren Auslandsnachfrage, zum anderen aber auch unter dem Strukturwandel in der Autoindustrie.

Ohne letzteres wäre die Wirtschaft mehr als doppelt so stark gewachsen, ergaben Berechnungen des Ifo-Instituts. "Diese Schwäche dürfte den Anstieg der Wirtschaftsleistung 2019 um etwa 0,75 Prozentpunkte gedämpft haben", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Zwar sei die Nachfrage nach deutschen Autos gestiegen. "Die Kunden wurden aber nicht aus der inländischen Produktion bedient", sagte der Münchner Ökonomen. "Vielmehr weitete die Branche die Produktion deutscher Marken an Standorten außerhalb Deutschlands aus und führte die Autos dann nach Deutschland ein." Eine mögliche Ursache für die Produktionsverlagerungen sei ein vermehrtes Umrüsten deutscher Standorte auf die Herstellung von Elektroautos.

"KEINE AUSGEPRÄGTE REZESSION"

Für Wachstumsimpulse dürfte 2019 erneut der private Konsum gesorgt haben, der von Rekordbeschäftigung und steigender Kaufkraft angetrieben wird. So wuchs der Umsatz im Einzelhandel nicht nur das zehnte Jahr in Folge, sondern mit real 2,9 Prozent zugleich so kräftig wie seit 2015 nicht mehr. Auch der Bauboom setzte sich fort - nicht zuletzt wegen der historisch niedrigen Zinsen.

Für 2020 rechnen die meisten Experten mit einem Wachstum von etwa einem Prozent. Einen Teil des erwarteten Anstiegs erklären sie damit, dass das Jahr diesmal mehr Arbeitstage zählt. "Der deutschen Wirtschaft dürfte also eine ausgeprägte Rezession mit einbrechenden Investitionen, stillstehenden Produktionsbändern und deutlich zunehmender Arbeitslosigkeit erspart bleiben", sagte Commerzbank-Ökonom Marco Wagner. "Dafür spricht ebenfalls eine sich fortschreitende Stabilisierung der chinesischen Wirtschaft, die für die deutsche Industrie in den vergangenen Jahrzehnten enorm an Bedeutung gewonnen hat." Die Volksrepublik ist der wichtigste Handelspartner Deutschlands.