- von Christian Krämer und Aftab Ahmed und David Lawder

Bangalore/Berlin (Reuters) - Der US-Vorschlag für die Weltbankspitze ist beim G20-Treffen der führenden Industrie- und Schwellenländer auf Zustimmung gestoßen.

Demnach hat der ehemalige Mastercard-Chef Ajay Banga beste Chancen, Präsident der internationalen Entwicklungsbank mit Sitz in Washington zu werden. In der Bundesregierung gibt es jedoch noch keine Entscheidung für eine Unterstützung. Am Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine dominierte der Krieg das G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs im südindischen Bangalore. Deutschland und Frankreich warnten, es könne nicht sein, dass Russland für die Invasion weniger scharf verurteilt werde als im vergangenen Jahr. Ob dies so kommt, wird sich im Abschlussdokument am Samstag zeigen.

Eine Sprecherin des für die Weltbank in der Bundesregierung zuständigen Entwicklungsministeriums sagte der Nachrichtenagentur Reuters auf Anfrage, Minister Svenja Schulze (SPD) habe noch keine Entscheidung getroffen, ob sie für Banga stimmen werde. Schulze hatte gegenüber Reuters zuvor die Bedingung aufgestellt, dass die USA auf jeden Fall eine Frau nominieren müssten. Ob sie im Gouverneursrat der Weltbank für Banga stimmen werde, werde sie nach einem Treffen mit Banga entscheiden, wenn sie sehe, ob dieser die Forderungen für eine umfassende Reform der Weltbank erfüllen wolle.

FDP-Chef Christian Lindner hatte dagegen am Rande des G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs gesagt, Banga sei ein beachtlicher Vorschlag für die Weltbank. Er könne als Manager aus der Wirtschaft hoffentlich auch verstärkt private Investitionen mobilisieren. Ihm könne mit seinem Lebenslauf zudem ein Schulterschluss zwischen Industrie- und Schwellenländern gelingen. Die Bundesregierung habe Sympathie für den US-Vorschlag.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire nannte Banga in einem Reuters-Interview einen guten Kandidaten. Er ist US-Bürger indischer Abstammung und derzeit Vize-Vorsitzender der Beteiligungsgesellschaft General Atlantic. Zudem arbeitet er als Co-Vorsitzender von Partnership for Central America eng mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris zusammen. Die Organisation koordiniert etwa private und öffentliche Investitionen im Norden Zentralamerikas. Zwar können Mitgliedstaaten noch bis zum 29. März andere Bewerber für die Nachfolge von David Malpass vorschlagen. Die USA stellen jedoch traditionell den Weltbank-Chef. Malpass hat seinen Rücktritt für Ende Juni erklärt, deutlich vor dem Ende seiner Amtszeit im April 2024.

"Die G20 müssen die russische Aggression gegen die Ukraine verurteilen", forderte Le Maire. Die Gruppe dürfe nicht hinter Texten aus dem vergangenen Jahr zurückgehen, sondern müsse diese wiederholen. Indien als diesjähriger G20-Gastgeber will in dem Konflikt aber neutral bleiben und Regierungsvertretern zufolge eine G20-Debatte über zusätzliche Sanktionen gegen Russland unbedingt verhindern. Insider sagten Reuters, es werde darauf gedrängt, das Wort "Krieg" im geplanten Abschlussdokument nicht zu verwenden.

Le Maire konterte, Russland allein sei für den Krieg verantwortlich, der massive Konsequenzen für die Weltwirtschaft habe durch eine hohe Inflation, Lieferkettenprobleme und Rohstoffengpässe. "Der Krieg in der Ukraine ist kein lokaler Konflikt." Europa arbeite an zusätzlichen Sanktionen, weil die russische Aggression nicht akzeptabel sei. "Die Sanktionen werden mit der Zeit zunehmend effizient sein." Zwar seien die Prognosen für die Weltwirtschaft besser als zuletzt noch gedacht. Der Krieg bleibe aber das größte Risiko.

Lindner sagte, es werde auch in Zukunft mit Russland kein "Business as usual" geben. Es müsse zunächst die Finanzierungslücke der Ukraine in diesem Jahr geschlossen werden. Wie große diese genau sei, wollte der FDP-Chef nicht beziffern. Der Bedarf sei aber noch nicht gedeckt. Am Donnerstag hatten die G7-Gruppe der führenden Industrienationen mitgeteilt, für dieses Jahr seien 39 Milliarden Dollar bereits gesichert.

Russland war nicht mit hochrangigen Vertretern beim G20-Treffen vor Ort, China nur virtuell zugeschaltet. US-Finanzministerin Janet Yellen rief die Vertreter Russlands auf, sich nicht zu Komplizen des Kreml zu machen. Dieser sei für Tote und globale Probleme verantwortlich.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)