Das Statistische Bundesamt bezifferte am Donnerstag das Plus bei Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen auf insgesamt 19,2 Milliarden Euro. Der Bund allein erreichte einen Überschuss von 6,2 Milliarden Euro. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will das Geld für die Schuldentilgung verwenden und damit nicht für kurzfristige Steuersenkungen, wie sie Koalitionspolitiker fordern. Schäubles Ministerium sieht die Haushaltszahlen als Signal an die Partner in der Welt, dass Etatüberschüsse und Wachstumsimpulse sich nicht ausschließen.

"Es ist europäisch, eigentlich weltweit einmalig, wenn sie Länder unserer Größenordnung vergleichen, dass es drei Jahre in Folge Überschüsse in dieser Größenordnung gibt", bewertete ein hohe Regierungsvertreter die Haushaltsentwicklung. Schäuble räumte ein, dass "besondere Umstände" wie etwa die niedrigen Zinsen mitverantwortlich für die günstige Finanzlage des Bundes seien. Sein Vorhaben, den Überschuss zur Tilgung der Bundesschuld von knapp 1,3 Billionen Euro zu verwenden, begründete er mit den Worten: "Damit stärken wir die langfristige Tragfähigkeit unserer öffentlichen Finanzen".

BUND STOCKT FLÜCHTLINGSRÜCKLAGE NICHT WEITER AUF

Zwar blieb der Überschuss 2016 beim Bund etwa um die Hälfte hinter der Vorjahreszahl zurück. Allerdings zahlte er allein rund neun Milliarden Euro an Länder und Kommunen, um ihnen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zu helfen. Die im Jahr zuvor gebildete Rücklage zur Finanzierung von Flüchtlingskosten, der mit knapp 13 Milliarden Euro dotiert wurde, musste der Bund nicht antasten. Dass er nun darauf verzichten will, auch den Überschuss 2016 dieser Rücklage zuzuweisen, wie es nach Gesetzeslage geboten wäre, deutet darauf hin, dass die Regierung die finanziellen Belastungen durch den Flüchtlingszuzug inzwischen als nicht mehr so gravierend sieht.

Die Gründe für die gute Finanzentwicklung beim Bund waren vielfältig: eine robuste Konjunktur, geringere Zinskosten, ein höher als eingeplanter Bundesbank-Gewinn sowie schwächere Abflüssen von Investitionsausgaben. Dass die bereitgestellten Investitionsmittel etwa im Verkehrsbereich, beim Betreuungsgeld oder beim Breibandausbau nur schleppend abflossen, wird im Finanzministerium kritisch bewertet. "Das ist ein Phänomen, das wir überall haben", hieß es. Das zeige, dass man an den Planungsprozessen arbeiten müsse. Zudem ist diese Entwicklung nach Darstellung des Finanzministeriums ein Argument gegen Forderungen, die Investitionen noch mehr aufzustocken. Am Geld liege hier es nämlich nicht.

Allein wegen des Überschusses jetzt eine neue Debatte über Steuersenkungen zu beginnen, davon rät das Finanzministerium ab. Bayerns Finanzminister Markus Söder forderte bereits rasche Steuerentlastungen. "Wir sollten den Bürgern wieder etwas zurückgeben. Angesichts der niedrigen Zinsen und der steigenden Inflation braucht es jetzt rasch Steuersenkungen", sagte er der "Bild"-Zeitung. Auch der SPD-Haushaltspolitik Johannes Kahrs hatte sich schon für schnelle Entlastungen für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen ausgesprochen. Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckhardt Rehberg, stützte dagegen Schäubles Tilgungsvorschlag.