Weder habe die Schiene in den vergangenen Jahren nennenswert Marktanteile von der Straße gewonnen, noch sei der Bund finanziell entlastet worden, sagte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller am Donnerstag in Berlin. Beides sei aber mit der Bahnreform vor 25 Jahren verbunden worden und dahinter stehe ein Verfassungsauftrag. "Bund und DB AG haben beide Ziele der Bahnreform verfehlt." Scheller wies daraufhin, dass zuletzt auch nur drei von vier Fernzügen pünktlich gewesen seien. Diese Qualitätsprobleme waren auch Thema eines weiteren Treffens zwischen Verkehrsminister Andreas Scheuer und Bahnchef Richard Lutz. Lutz versprach schrittweise Besserung in den nächsten Monaten.

Rechnungshof-Präsident Scheller kritisierte, die Bahn könne ihre Investitionen aus eigenen Mitteln nicht mehr aufbringen. Und obwohl die Bahn vor 25 Jahren vom Bund komplett entschuldet worden sei, habe sie inzwischen wieder rund 20 Milliarden Euro an Schulden angehäuft. "Der Verfassungsauftrag ist liegen geblieben. Und der Bund hat tatenlos zugeschaut." Die Prüfer des Rechnungshofs haben dazu eine Studie erarbeitet, die am Donnerstag dem Parlament zur Verfügung gestellt wurde. Die Deutsche Bahn wollte sich zum Bericht nicht äußern.

Der Termin fiel mit dem zweiten Spitzengespräch zwischen Bahnchef Lutz und Verkehrsminister Scheuer sowie Koalitionsvertretern zusammen. Die Politik dringt auf ein Konzept, wie Pünktlichkeit und Service verbessert werden können. Die Bahn präsentierte dafür ein Instrumentenpaket, das allerdings bereits weitgehend bekannt ist: "Was vorne ansteht ist, dass wir Schritt für Schritt pünktlicher werden wollen und wir werden vor allen Dingen dafür unsere Personalkapazitäten aufstocken", versprach Lutz. So will die Bahn 2019 rund 22.000 neue Mitarbeiter einstellen, nachdem bereits im vergangenen Jahr rund 24.000 rekrutiert wurden. Mit mehr Lokführern und Technikern sollen Zugausfälle und Verspätungen bekämpft werden.

Konzentrieren will sich die Bahn zudem auf Verbesserungen in Engpass-Regionen etwa um Hamburg, Würzburg und Mannheim. Offen blieb allerdings, wie die Investitionen dafür bezahlt werden sollen. Das soll bei weiteren Treffen Thema werden. Dem Unternehmen fehlen bis 2023 für Schienennetz und Betrieb zusammen gut elf Milliarden Euro. Lutz erwägt daher, die internationale Nahverkehrstochter Arriva zu verkaufen.

RECHNUNGSHOF SIEHT AUSLANDSGESCHÄFT DER BAHN KRITISCH

Der Rechnungshof sieht die Aktivitäten der Bahn im Ausland, etwa über den Logistiker Schenker oder Arriva, ohnehin kritisch: "Statt sich auf das Gemeinwohl zu konzentrieren, ist sie zum Global Player geworden", sagte Scheller. Der Gewinn der Töchter bliebe fast komplett im Ausland, das Geschäft in Deutschland profitiere nicht. "Der Bund muss jetzt Klarheit schaffen", verlangte Scheller. Er müsse deutlich machen, was aus dem Auslandsgeschäft werde und ob die Bahn sich am Gemeinwohl oder am Gewinn orientieren solle. "Es ist höchste Eisenbahn - und zwar für den Bund."