Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Schlimmer geht immer: Nachdem die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal mit einer Stagnation des Bruttoinlandsprodukts (BIP) enttäuscht hat, könnte es im dritten Quartal sogar zu einem BIP-Rückgang kommen. Umfragedaten aus der Industrie deuten auf eine Schwäche von Auftragseingängen und Produktion hin, und es ist fraglich, ob eine Erholung des privaten Konsums das ausgleichen kann. Die Woche bringt einen Satz Daten für das dritte Quartal, die eine Standortbestimmung ermöglichen werden.

Um gleich mit dem Privatkonsum zu beginnen: Die Einzelhandelsumsätze sind im Juli gegenüber dem Vormonat um 0,8 Prozent gesunken, erwartet worden war eine Umsatzstagnation. Kenner der Materie wissen: Das ist nicht der ganze Privatkonsum, und das letzte Wort sind die minus 0,8 Prozent wohl auch nicht gewesen. Aber nach einer Konjunkturerholung sieht das nicht aus. Nun kommen Daten aus der Industrie.


   Deutscher Auftragseingang sinkt im Juli deutlich 

Der Auftragseingang der Industrie dürfte zu Beginn des dritten Quartals deutlich gesunken sein. Von Dow Jones Newswires befragte Analysten rechnen damit, dass die Bestellungen im Juli gegenüber dem Vormonat um 5,0 Prozent zurückgegangen sind, nachdem sie allerdings im Juni um satte 7,0 Prozent angezogen hatten. Ein beträchtlicher Teil dieses Zuwachses beruhte auf Großaufträgen aus dem "sonstigen Fahrzeugbau", wo für den Folgemonat mit einer statistischen Gegenreaktion zu rechnen ist.

Die Daten werden am Mittwoch (8.00 Uhr) veröffentlicht. Interessant auch die zeitgleich anstehenden Zahlen zum Umsatz im verarbeitenden Gewerbe, die einen Vorgeschmack auf die am nächsten Tag anstehenden Produktionsdaten geben werden.


   Deutsche Produktion sinkt im Juli leicht 

Die Produktion im produzierenden Sektor dürfte im Juli erneut gesunken sein. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass der Output im verarbeitenden Gewerbe, in der Bau- und der Energiewirtschaft gegenüber dem Vormonat um 0,2 Prozent zurückgegangen ist. Für eine geringere Produktion spricht vor allem die Schwäche der Auftragseingänge.

Die waren zwar auf den ersten Blick stark gestiegen, allerdings war der Anteil von Großaufträgen außergewöhnlich hoch, und die werden nur langsam abgearbeitet. Zudem hatte S&P Global in der Juli-Einkaufsmanagerumfrage von einem beschleunigten Produktionsrückgang berichtet und der Branchenverband VDA von einer rückläufigen Pkw-Produktion. Die Daten werden am Donnerstag (8.00 Uhr) veröffentlicht.

Einen frühen Blick auf die Aktivität im August erlaubt der Maut-Fahrleistungsindex für diesen Monat, der am Freitag (8.00 Uhr) kommt. Die Referenzreihe dieses Index ist die Industrieproduktion.


   Deutsche Exporte im Juli rückläufig 

Bereits am Montag (8.00 Uhr) veröffentlicht Destatis Zahlen zu den Ausfuhren im Juli und zur Handelsbilanz. Auch hier kann es eigentlich nur besser werden, denn im zweiten Quartal hatten die Nettoexporte einen negativen Wachstumsbeitrag von 0,9 Prozentpunkten zur BIP-Quartalsrate geliefert. Bereits jetzt ist allerdings klar, dass die Ausfuhren in Drittstaaten um 2,9 Prozent zurückgegangen sind. Für die gesamten Ausfuhren wird ein Minus von 1,5 Prozent erwartet.


   Zinsentscheidungen in Australien und Kanada 

Daneben gibt es in der Woche Zinsentscheidungen an entgegengesetzten Enden der Welt. Die Reserve Bank of Australia (RBA) veröffentlicht ihr geldpolitisches Statement am Dienstag (6.30 Uhr). Sie dürfte ihre Zinsen nach einer Reihe schwacher Konjunkturdaten zunächst nicht weiter anheben. Überwiegend schwach waren zuletzt auch die kanadischen Konjunkturdaten. Allerdings hatte die Bank of Canada (Zinsentscheidung am Mittwoch, 16.00 Uhr) nach der Zinserhöhung im Juli mitgeteilt, dass sie ihr Inflationsziel trotz der Straffung voraussichtlich erst 2025 erreichen werde.

Ebenfalls am Mittwoch (20.00 Uhr) veröffentlicht die US-Notenbank ihr Beige Book, das eine Grundlage der Zinsentscheidung am 20. September bilden wird.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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September 01, 2023 10:27 ET (14:27 GMT)