Zürich (Reuters) - Nach nur vier Jahren als selbstständiges Unternehmen begibt sich die Schweizer Pharmafirma Vifor in die Arme der deutlich größeren australischen CSL.

Der Biotechkonzern aus Melbourne will für die 2017 vom Apothekenkonzern Galenica abgespaltene Vifor 10,9 Milliarden Franken auf den Tisch legen. Bedingung für den Deal ist, dass 80 Prozent der Vifor-Aktionäre einschlagen. Angesichts des hohen Preises und der Zustimmung durch den Vifor-Verwaltungsrat sowie den größten Aktionär gehen Analysten davon aus, dass die Übernahme wie geplant bis Mitte 2022 in trockenen Tüchern ist.

"Dies ist ein großartiger Deal wegen des Wachstumspotenzials, das wir mit beiden Organisationen haben", sagte CSL-Chef Paul Perreault zum größten Zukauf in der Firmengeschichte am Dienstag. Die Angebotspaletten der Firmen ergänzten sich. CSL ist vor allem im Blutplasma-Geschäft tätig. Vifor ist Weltmarktführer für Produkte gegen Eisenmangel. Zudem betreiben die Schweizer zusammen mit Fresenius Medical Care ein Gemeinschaftsunternehmen, das Medikamente gegen Nierenleiden entwickelt und vermarktet.

Die Transaktion ermögliche es Vifor, das Wachstum mit Wirkstoffen bei Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- und Nierenerkrankung sowie in der Transplantationsmedizin zu beschleunigen. Dass die Synergien der Transaktion vor allem über den Umsatz und nicht die Kosten erwirtschaftet werden sollen, ist auch eine gute Nachricht für die rund 2500 Vifor-Mitarbeiter. Ein Stellenabbau sei nicht geplant, wie Perreault sagte. CSL ist mit 25.000 Angestellten zehn Mal größer.

"TAKE THE MONEY AND RUN"

Vifor ist seit Monaten ein Übernahmekandidat. Vor gut einem Jahr hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass ein Finanzinvestor die Gesellschaft aus St. Gallen ins Visier genommen hatte. Dabei wurde immer wieder spekuliert, dass der mit einem Anteil von 23,2 Prozent größte Aktionär, der Schweizer Financier Martin Ebner, den Absprung suche. Ebner hat das nie bestätigt.

Bei der CSL-Offerte von 167 Franken je Aktie stimmte er jedenfalls zu, seine Anteile anzudienen. Dieser Preis entspricht einer Prämie von 61 Prozent zum Kurs von Anfang Dezember, als Medienberichte zum Interesse von CSL auftauchten. Mit Ebner verbundene Aktionäre dürften ihre Titel ebenfalls andienen, erklärten Experten. Am Vortag hatte ein weiterer Vifor-Aktionär zu Reuters gesagt, er würde ein Angebot von 160 Franken je Aktie oder mehr unterstützen. Am Dienstag kletterten die Vifor-Titel bis auf 160,75 Franken. "Wir erwarten, dass die Transaktion zustande kommt und es kein höheres Angebot oder ein Gegenangebot gibt", erklärte Martin Betschart, Analyst der Luzerner Kantonalbank.

Vifor befindet sich nicht in Bestform. Der Kaliumbinder Veltassa hat die hohen Erwartungen bisher nicht erfüllt. Der Produktkandidat ANG-3777 zur Linderung von Nierenschäden bei Transplantationen verfehlte wichtige Studienziele. Zudem ist Vifor in einen Patentstreit mit Mylan und Sandoz verstrickt. ZKB-Analyst Laurent Flamme ist der Meinung, dass CSL einen deutlich zu hohen Preis zahlt und empfiehlt den Vifor-Aktionären mit Blick auf die am 18. Januar beginnende Angebotsfrist: "Take the money and run".