FRANKFURT (awp international) - Am deutschen Aktienmarkt nimmt die Konjunkturskepsis wieder zu. Anziehende Corona-Infektionszahlen und warnende Worte der US-Notenbank mit Blick auf die Wirtschaftslage verunsicherten am Donnerstag die Anleger. Hinzu kommt die anhaltende Sorge um den Handelsstreit zwischen den USA und China. Zudem setzt US-Präsident Donald Trump auch in Sachen Iran auf Konfrontation.

All dies sorgte am vorletzten Tag der Handelswoche für deutliche Kursabschläge. Der Dax verlor bis zum Nachmittag 1,27 Prozent auf 12 812,19 Punkte. Damit hält sich der Leitindex aber weiter im Bereich um die 12 750 bis 12 850 Zähler, der charttechnisch betrachtet stützend wirkt. Am Nachmittag veröffentlichte US-Konjunkturdaten, die schwächer als erwartet ausgefallen waren, wirkten sich indes zunächst nicht zusätzlich belastend aus. Der MDax sank um 0,96 Prozent auf 27 138,07 Punkte. Der Leitindex der Eurozone EuroStoxx 50 fiel um 1,3 Prozent.

Am Vorabend hatte die US-Notenbank Federal Reserve die wirtschaftlichen Unsicherheiten aufgrund der Corona-Pandemie hervorgehoben und eine langsamere Erholung für die weltgrösste Volkswirtschaft prognostiziert. Einige Mitglieder der US-Notenbank hatten sich zugleich dafür ausgesprochen, "irgendwann" für mehr Klarheit beim künftigen Zinspfad zu sorgen, während es im letzten Protokoll noch hiess, dass dies auf einem der nächsten Treffen geschehen solle.

"Ganz so eilig wie es einige am Markt erwartet haben, hat es die Fed dann doch nicht mit einer weiteren Lockerung ihrer Geldpolitik", kommentierten die Analysten der Commerzbank. Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners sieht nun "neue Probleme für die Börsen". Die Prognose der US-Notenbank passe nicht zu den steil nach oben gelaufenen Aktienindizes. "Lange Zeit galt die Fed als ultimativer Retter am Aktienmarkt. Jetzt verdirbt ausgerechnet sie die Party."

Unter den Einzelwerten standen Delivery Hero und Wirecard im Blick, nachdem die Deutsche Börse am Vorabend mitgeteilt hatte, dass der insolvente Zahlungsabwickler am Montag Dax und TecDax verlassen muss. Dafür steigt - wie bereits erwartet - der Online-Essenslieferdienst Delivery in den Leitindex auf und der Laserspezialist LPKF zieht in den Technologiewerte-Index ein. Im MDax ging es für Delivery um knapp 1,8 Prozent abwärts. Händler sprachen von Gewinnmitnahmen.

Die Anteilsscheine von Aixtron , die für Delivery in den MDax aufsteigen, gaben ebenfalls nach und verloren 1,3 Prozent. Hornbach Baumarkt dagegen legten um 1,6 Prozent zu. Sie werden von Montag an die Papiere des Spezialmaschinenbauers für die Chipindustrie im SDax ersetzen.

Quartalsbilanzen legte der Konzertveranstalter CTS Eventim sowie der Immobilienkonzern TAG vor. Die Corona-Krise traf CTS im zweiten Quartal herb und ein Ausblick auf das restliche Jahr wurde nicht gewagt. Nach anfänglich noch leichten Verlusten rutschten die Papiere zuletzt um fast 2,8 Prozent ab.

Die Aussicht auf eine Prognoseanhebung im Laufe des weiteren Jahres sorgte bei den TAG-Papieren zeitweise für ein 18-Jahreshoch, zuletzt stand die Aktie noch mit einem Kursplus von rund 5,6 Prozent an der MDax-Spitze. Der Immobilienkonzern profitierte im zweiten Quartal weiter von steigenden Mieten in Ballungszentren. In diesem Kielwasser profitierten auch andere Branchengrössen wie Aroundtown , Deutsche Wohnen und Vonovia mit Kursaufschlägen.

Die Anteilsscheine von Schaeffler und New Work bildeten mit jeweils mehr als neun Prozent Abschlag die Schlusslichter im SDax. Der Automobil- und Industriezulieferer will sich über eine Kapitalerhöhung frisches Geld beschaffen und ruft daher eine ausserordentliche Online-Hauptversammlung im September ein.

Die Privatbank Berenberg empfiehlt das Papier des Karrierenetzwerks New Work zum Verkauf. Das Schlimmste dürfte zwar vorbei sein, doch die Stellenanzeigen gingen weiter zurück, hiess es. Vor diesem Hintergrund sei die Aktie zu hoch bewertet.

Am Rentenmarkt betrug die Umlaufrendite wie am Vortag minus 0,49 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,03 Prozent auf 145,48 Punkte. Der Bund Future gewann 0,35 Prozent auf 177,13 Euro.

Der Euro notierte bei 1,1816 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittwochnachmittag auf 1,1933 Dollar festgesetzt./tav/fba

--- Von Tanja Vedder, dpa-AFX ---