BAD HOMBURG (dpa-AFX) - Die möglichen Unregelmäßigkeiten beim US-Generikahersteller Akorn bringen den Medizinkonzern Fresenius in die Bredouille. Fresenius-Chef Stephan Sturm schloss am Dienstag bei der Bilanzvorlage für 2017 auch einen Rückzug von der geplanten milliardenschweren Übernahme von Akorn nicht aus, sollten sich die Vorwürfe als "materiell erweisen".

Die Dauer der Überprüfung lasse sich nicht abschätzen, es sei aber noch viel zu früh, "um über den Ausgang der Untersuchung zu spekulieren". Dies gelte auch für die Frage, ob es im Falle eines Scheiterns der Transaktion zu Entschädigungszahlungen kommen müsste. Im gegenteiligen Fall - also bei "nicht materiellen Ergebnissen", werde Fresenius den milliardenschweren Zukauf "selbstverständlich" durchführen.

Der Konzern lässt derzeit bei Akorn von externen Sachverständigen untersuchen, ob das amerikanische Unternehmen beim Zulassungsverfahren neuer Medikamente in den USA gegen Vorgaben der Gesundheitsbehörde FDA verstoßen hat. Die Vorwürfe sind dem Bad Homburger Dax-Konzern laut Sturm "seit ein paar Wochen" bekannt. "Wir haben einen anonymen Hinweis erhalten", so der Fresenius-Chef.

An der Börse ging es für die Fresenius-Aktie zuletzt um 1,6 Prozent nach oben. Das Papier war einer der wenigen Gewinner im Dax. Dahinter steckt laut Händlern die Hoffnung, dass es zu einem Abbruch des Kaufs kommen könnte, denn die Geschäfte von Akorn hatten sich zuletzt verschlechtert.

Sturm verwehrte sich gleichzeitig gegen Vorwürfe, sein Unternehmen habe im vergangenen Jahr bei der Feststellung des Unternehmenswertes von Akorn nicht genau genug hingeschaut. "Wir haben die intensivste Due Dilligence ever" gemacht, betonte Sturm im Gespräch mit Journalisten. Auch Fresenius sei der zweifelhafte Ruf Akorns bekannt gewesen. Der US-Konzern war vor einigen Jahren wegen Bilanzunregelmäßigkeiten in die Schlagzeilen geraten. Zudem war der Konzern Ziel einer Reihe von Überprüfungen der Medikamentenaufsicht FDA, unter anderem in einem Werk in Illinois. Allerdings habe Fresenius während der Überprüfungsphase nicht in den "sehr sensiblen Bereich" der nun von den Vorwürfen betroffenen Produktentwicklung schauen können, betonte Sturm.

Ursprünglich wollte Fresenius den Kauf von Akorn Anfang 2018 abschließen, doch bislang haben die Kartellbehörden in den USA noch kein grünes Licht gegeben. Zudem steht Akorn selbst unter Preisdruck auf dem US-Markt für Nachahmermedikamente. Die Sorge, Fresenius könne sich mit dem Zukauf verhoben haben, belastet die Aktie seit längerem. Sturm hatte zuvor monatelang den Akorn-Kauf gegen Kritik auch mit dem Argument verteidigt, dass die Amerikaner der Flüssigmedizinsparte Kabi den bislang verschlossenen Zugang in die Apotheken öffnen.

Das Akorn-Management versuchte bereits am Montagabend, die Gemüter zu beschwichtigen: Die Ermittlungen von Akorn hätten bisher keine Ergebnisse geliefert, die einen wesentlichen Einfluss auf die eigene Geschäftstätigkeit hätten, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens. Akorn glaube daher nicht, dass diese Untersuchung einen Abschluss der Übernahme durch Fresenius gefährde./tav/elm/she/jha/

Unternehmen im Artikel: Akorn, Inc., Fresenius