Jedes zweite Unternehmen im produzierenden Gewerbe hält das asiatische Land für attraktiv - über Deutschland sagen das nur 38 Prozent, wie am Montag aus einer Kantar-Umfrage für die Unternehmensberatung FTI-Andersch hervorgeht. Demnach wollen nur 40 Prozent der Firmen, bei denen konkrete Planungen bereits begonnen haben, in ihr Produktionsnetzwerk in Deutschland investieren. Bei denjenigen, wo nicht unmittelbar ein Ausbau ansteht, kann sich nur ein Drittel weitere Investitionen in der Heimat vorstellen.

Die größte Gruppe derjenigen, die jetzt außerhalb Deutschlands planen zu expandieren, wollen dies in Asien tun - insgesamt 40 Prozent, 15 Prozent direkt in China. Es folgen mit je 35 Prozent Ost- sowie Mittel- und Westeuropa und mit 32 Prozent Nord-, Mittel- und Südamerika - davon zwei Drittel direkt in den USA. "Der Standort Deutschland hat für viele Unternehmen deutlich an Attraktivität verloren", sagte Mike Zöller, Vorstand von FTI-Andersch. Grund seien etwa hohe Energiepreise und die Verfügbarkeit von Energie, das regulatorische Umfeld und Fachkräftemangel. Auch weltweit gebe es Verschiebungen. China sei nach wie vor für die Mehrheit deutscher Unternehmen ein attraktiver Standort. Dies gilt nicht nur wegen der schieren Größe im mit Indien bevölkerungsreichsten Land der Welt. Firmen profitieren nach eigenen Angaben in China auch von flexibleren Arbeitszeitgesetzen und finden zudem oft leichter geeignetes Personal als in Deutschland.

China ist für die exportorientierte deutsche Wirtschaft ein extrem wichtiger Absatzmarkt und zugleich größter Handelspartner für Importe. In der neuen China-Strategie der Bundesregierung werden die Firmen allerdings aufgefordert, ihre Risiken und Abhängigkeiten im China-Geschäft abzubauen ("De-Risking"). Die Regierung beschreibt China als Partner, Wettbewerber, aber auch als systemischer Rivale. Die Regierung in Peking sei bereit, zur Durchsetzung politischer Ziele wirtschaftlichen Druck auszuüben.

Dennoch wollen rund 84 Prozent der jetzt schon in China tätigen Firmen laut der Umfrage auch dort bleiben. Etwa 73 Prozent schließen aus, Teile ihres Produktionsnetzwerks aus China zu verlagern - gut jeder Fünfte will in Asien künftig stärker diversifizieren und arbeitet gerade an einem dezentraleren Produktionsnetzwerk. Insgesamt 58 Prozent der Unternehmen arbeiten daran, ihr Lieferantennetzwerk auch in anderen Ländern Asiens auszubauen, 50 Prozent wollen ihre europäischen Lieferketten verbessern.

Außerhalb Asiens gelten derzeit vor allem die USA als extrem attraktiv. Rund 21 Prozent der Betriebe wollen dort jetzt investieren. Ganz konkret haben zwölf Prozent damit begonnen, diese Planungen umzusetzen, hieß es. Jedes vierte Unternehmen arbeitet an neuen Kooperationen oder Zukäufen mit Zugang zum US-Markt. "In den USA finden die Unternehmen ein Land mit großem Absatzmarkt, niedrigeren Energiekosten sowie mit liberaler Marktwirtschaft", sagte Florian Warring, Experte für Einkauf und Lieferketten bei FTI-Andersch. Der "Inflation Reduction Act" der US-Regierung wirke wie ein großes Subventionsprogramm für ausländische Direktinvestitionen.

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Ralf Banser - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)