FRANKFURT (Dow Jones)--Weiter abwärts geht es auch zum Wochenausklang an den europäischen Aktienmärkten. Die Nachrichtenlage rund um den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zermürbt die Marktteilnehmer. Das Wochenende steht an, und niemand weiß, was in den beiden kommenden Tagen geschehen wird. Daher wird das Risiko nochmals an der Börse nach unten gefahren - Aktien werden verkauft und Anleihen gekauft.

Aber auch die mittelfristigen Aussichten lesen sich nicht gut. So erwartet die DWS aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise, dass die Inflationsraten noch stärker steigen als bisher erwartet. Eine Rezession in Europa dürfte jedoch aufgrund massiver Fiskalprogramme, einschließlich zusätzlicher Militärausgaben, sowie Investitionen des Privatsektors in die Energieinfrastruktur vermieden werden. Angesichts der geopolitischen Unwägbarkeiten dürfte es an den Finanzmärkten weiter volatil zugehen, aber auf Sicht von zwölf Monaten bleibt die DWS vorsichtig optimistisch.

Der DAX fällt um 3,3 Prozent auf 13.239 Punkte. Denn zusätzlich belasten Wirtschaftsdaten: So ist der deutsche Export im Januar bereits vor Kriegsausbruch um 2,8 Prozent gefallen, während Ökonomen mit 1,3 Prozent Plus gerechnet hatten. Im Euro-Stoxx-50 geht es 3,3 Prozent tiefer auf 3.616 Punkte. Von der Flucht in die sicheren Häfen profitieren die Anleihen, hier geht es für die Kurse nach oben. Der Preis für die Unze Gold steigt dagegen um 0,6 Prozent auf 1.946 Dollar.


   US-Arbeitsmarkt rückt in den Hintergrund 

Das in normalen Zeiten wichtigste Ereignis des Monats geht dagegen weitgehend unter: Die US-Arbeitsmarktdaten für Februar spielen diesmal kaum eine Rolle. Sie werden nach den starken ADP-Daten mit 440.000 neuen Stellen erwartet. Da die US-Notenbank zudem die erste Zinserhöhung schon angekündigt hat, haben sie kaum noch indikative Bedeutung.

Wichtiger ist die Entwicklung der Stundenlöhne als Zeichen des Inflationsdrucks. Sie werden allein gegen den Vormonat schon 0,50 Prozent höher erwartet. Da sich die US-Notenbank aber im Gegensatz zur EZB klar zur Inflationsbekämpfung verpflichtet fühlt, hätten höhere Löhne steigende Zinserwartungen zur Folge. Entsprechend dürften sich Anleger weiter aus dem Euro-Raum verabschieden und im höher rentierlichen und stabilen Dollar anlegen.


   Stagflation breitet sich aus - Autos unter Druck 

Steigende Lohnforderungen verschärfen vor allem in Europa die Angst vor einer Stagflation angesichts weiter ansteigender Energiepreise bei zugleich zunehmenden Wachstumsrisiken durch den Ukraine-Krieg. Auch besteht die Gefahr, dass sich die Lieferkettenprobleme verschärfen. Vor allem Autoaktien stehen daher weiter unter Druck, der Sektor gehört mit minus 4,5 Prozent zu den großen Verlierern in Europa. BMW fallen 4,5 Prozent, VW sogar 4,9 Prozent und Mercedes-Benz büßen 2,2 Prozent ein. "Die Ukraine ist für die deutsche Automobilindustrie ein zentrales Zuliefererland", warnt Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Vor allem Kabelbäume stünden dabei im Mittelpunkt. Die Automobilhersteller könnten deshalb gezwungen sein, ihre Produktion zu drosseln. Damit steigen die Sorgen, dass sie nicht wie erhofft 2022 den Absatzeinbruch durch die Corona-Pandemie aufholen werden. Entsprechend stürzen auch die Autozulieferer weiter ab: Continental im DAX fallen um 4,8 Prozent, für Valeo und Faurecia in Paris und Vitesco geht es ebenfalls deutlich nach unten.

Der Kursverfall von Uniper setzt sich mit Einbußen von 10 Prozent ungebremst fort. Die Aktie der Mutter Fortum gibt um 5 Prozent nach. Uniper könnte durch mögliche Lieferunterbrechungen aus Russland sowie die Auswirkungen westlicher Sanktionen betroffen sein. Zu den Verbindungen des deutschen Energieversorgers nach Russland gehören laut Bernstein der Betrieb von Kohle- und Gaskraftwerken durch die börsennotierte Tochtergesellschaft Unipro, langfristige Beschaffungsverträge und die finanzielle Beteiligung am Pipelineprojekt Nord Stream 2.

Merck KGaA legen dagegen um 2,6 Prozent zu. Hier treiben positive Analystenkommentare nach ihren guten Geschäftszahlen vom Vortag.


   Hannover Rück steigt in den DAX auf 

Bei Einzelunternehmen ist die Nachrichtenlage eher dünn. Als kleine Überraschung wird der DAX-Aufstieg von Hannover Rück eingestuft. Zudem steigen Daimler Truck auf, Siemens Energy und Beiersdorf müssen dagegen den DAX verlassen. Bis auf Siemens Energy notieren auch sie alle im Minus.

In Zeiten wie diesen wird versucht, dass Abwärtspotenziel an den Aktienmärkten auszuloten. So verweisen die Marktstrategen der Commerzbank auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für den DAX, das in dieser Woche unter 13 gefallen ist, und für den Stoxx-50 liegt das KGV bei 14. Dieser große Bewertungsabschlag zum S&P-500-KGV von 20 ist für die Marktstrategen ein wichtiges Argument, warum der DAX einen Boden bilden könne. Doch für dieses Szenario müsste es in den kommenden Tagen zu einer ersten Trendwende im Ukraine-Krieg kommen. Die Hoffnung liege hier auf China, welches eventuell in einer Vermittlerrolle im Ukraine-Krieg Einfluss auf Putins Entscheidungen nehmen könnte. Setze sich die Invasion Putins in den nächsten Tagen jedoch ungebremst und unerbittlich fort, dürfte der DAX weiter nach unten laufen.


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Aktienindex              zuletzt      +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.623,76      -3,2%       -118,02         -15,7% 
Stoxx-50                3.459,25      -2,5%        -89,77          -9,4% 
DAX                    13.270,03      -3,1%       -428,37         -16,5% 
MDAX                   29.277,80      -3,5%      -1055,08         -16,6% 
TecDAX                  3.073,16      -2,4%        -74,74         -21,6% 
SDAX                   13.297,95      -2,7%       -368,60         -19,0% 
FTSE                    7.016,61      -3,1%       -222,24          -2,0% 
CAC                     6.178,98      -3,1%       -199,39         -13,6% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite      -0,02                    -0,04          +0,16 
US-Zehnjahresrendite        1,79                    -0,06          +0,28 
 
DEVISEN                  zuletzt      +/- %  Fr, 8:37 Uhr  Do, 17:30 Uhr   % YTD 
EUR/USD                   1,0978      -0,8%        1,1009         1,1049   -3,5% 
EUR/JPY                   126,67      -0,9%        127,36         127,74   -3,2% 
EUR/CHF                   1,0082      -0,7%        1,0132         1,0167   -2,8% 
EUR/GBP                   0,8262      -0,4%        0,8262         0,8281   -1,7% 
USD/JPY                   115,40      -0,1%        115,50         115,62   +0,3% 
GBP/USD                   1,3288      -0,4%        1,3341         1,3341   -1,8% 
USD/CNH (Offshore)        6,3242      +0,0%        6,3231         6,3233   -0,5% 
Bitcoin 
BTC/USD                41.718,40      -1,9%     41.381,00      42.670,51   -9,8% 
 
 
 
ROHOEL                   zuletzt  VT-Settl.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                 110,29     107,67         +2,4%           2,62  +48,1% 
Brent/ICE                 112,49     110,46         +1,8%           2,03  +45,9% 
 
METALLE                  zuletzt     Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.945,62   1.935,91         +0,5%          +9,71   +6,4% 
Silber (Spot)              25,21      25,16         +0,2%          +0,05   +8,2% 
Platin (Spot)           1.090,68   1.083,20         +0,7%          +7,48  +12,4% 
Kupfer-Future               4,83       4,77         +1,1%          +0,05   +8,1% 
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March 04, 2022 06:55 ET (11:55 GMT)