Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt hat am Mittwoch im Zuge der wachsenden Unsicherheit im Nahen Osten deutlich an Boden verloren. Der Leitindex SMI weitete die Verluste aus dem frühen Geschäft am Nachmittag aus und schloss den Handel nahe am Tagestief ab. Die Spannungen im Nahen Osten hielten die Anleger auf Trab. Sie seien nach dem verheerenden Raketeneinschlag in ein Krankenhaus im Gazastreifen noch mehr verunsichert, sagte ein Händler. Jetzt drohe der Krieg zu eskalieren und eine rasche diplomatische Lösung liege vorläufig ausser Reichweite.

Sollte es im Nahen Osten zu einem Flächenbrand und einer Ausbreitung der Krise kommen, dann ist mit deutlich steigenden Energiepreise zu rechnen. Und davor fürchten sich die Börsianer, da dies die Inflationstrends befeuern dürfte und die Notenbanken zu weiteren Zinsschritten zwingen könnte. Zudem würde ein solches Szenario der Entwicklung in der Weltwirtschaft zusetzen, hiess es. Darüber hinaus kam zur Wochenmitte das Thema Handelskrieg zwischen den USA und China wieder verstärkt auf, vor allem in der Chipindustrie.

Der SMI büsste zur Wochenmitte 1,28 Prozent auf 10'675,44 Punkte ein. Zuletzt hatte der Index im März auf derart tiefem Niveau geschlossen. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, verlor 1,52 Prozent auf 1661,65 und der breite SPI 1,30 Prozent auf 13'970,71 Zähler. Im SLI verloren bis auf zwei alle Aktien an Wert. Erschwerend für die hiesigen Aktien kam der zur Stärke neigende Franken hinzu.

Bei den Einzeltiteln standen am Berichtstag die Papiere von ABB (-6,5%) im Mittelpunkt. Der Elektrokonzern hatte im dritten Quartal 2023 den Umsatz kräftig gesteigert und der Gewinn legte unter anderem dank Sondereffekten zu. Doch ABB enttäuschte mit den Angaben zum Auftragseingang, was am Markt Gewinnmitnahmen auslöste. Vor allem das China-Geschäft läuft nicht mehr wie gewollt.

Die Titel des Pharmazulieferers Lonza fanden derweil nach dem Kurseinbruch des Vortages noch keinen Boden. Sie gaben um weitere 3,5 Prozent nach, nachdem am Dienstag ein Abschlag von 16 Prozent verbucht worden war. Lonza hatte die Anleger am Kapitalmarkttag mit der Vorlage neuer Ziele nicht überzeugt. Die Deutsche Bank stufte die Aktie ab.

Im zunehmend unsicheren Börsenumfeld verloren einige weitere konjunktursensitive Titel klar an Wert: Etwa der Sanitärtechniker Geberit (-3,3%), den laut Händlern Ergebnissorgen belasteten. Schwächer schloss am Tag vor der Ergebnisvorlage auch der Rolltreppen- und Liftbauer Schindler (PS: -2,5%), während die Banken Julius Bär (-2,8%) und UBS (-2,4%) ebenfalls zu den grossen Verlierern zählten.

Klar schwächer tendierten auch Technologiewerte, allen voran die in der Halbleiterbranche tätige VAT Group (-4,5%) sowie der Sensorenhersteller AMS Osram (-2,8%). Händler begründeten die Schwäche mit dem enttäuschenden Abschneiden des Chipausrüsters ASML und den allgemeinen Spannungen am Chipmarkt.

Gewinnmitnahmen waren am Berichtstag in den Titeln der Novartis-Abspaltung Sandoz (-3,8% auf 28,33 Fr.) zu sehen. Die Aktien des Börsenneulings waren Anfang Monat mit einem Kurs von 24 Franken erstmals an der SIX gehandelt worden und hatten am Montag ein Hoch von 30 Franken erreicht.

Der Genussschein von Roche (-1,2%) schlossen am Tag vor dem Quartalsbericht klar tiefer. Die Aktien der anderen Schwergewichte Novartis (-0,3%) und Nestlé (-0,5%) gingen nicht ganz so schwach aus dem Handel. Einzige Gewinner waren die defensiven Givaudan (+0,3%) und Swisscom (+0,1%), während positive Konjunkturdaten aus China die Luxusgütertitel von Richemont (-0,3%) und Swatch Group (-0,4%) vor grösseren Verlusten bewahrte.

Im breiten Markt sackten Idorsia um knapp 10 Prozent ab, nachdem Goldman Sachs das Kursziel deutlich reduziert hatte. Auch Obseva (-9,1%) oder Inficon (-10%) zählten zu den grössten Verlierern.

Auf der Gegenseite rückten Santhera um 16 Prozent vor. Meier Tobler (+2,6%) waren nach der Gewinnwarnung und den Kurseinbussen des Vortages gesucht. Die Erholung gestützt habe eine verteidigende Kaufempfehlung aus dem Hause Research Partners, hiess es.

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