NEW YORK (awp international) - Die Wall Street dürfte ihren Rekordlauf zum Auftakt der Berichtssaison der Unternehmen fortsetzen. Die jüngste Verunsicherung nach einem vorübergehend deutlicheren Anstieg der Anleiherenditen ist rasch verflogen. Der Broker IG taxierte den US-Leitindex Dow Jones Industrial am Freitag rund eine Stunde vor dem Auftakt 0,41 Prozent höher auf 25 680 Punkte.

Erst vor einer Woche war die 25 000-Zähler-Marke erstmals gefallen. Nach einem Plus von 25 Prozent 2017 ging es im noch jungen Jahr 2018 nun schon um rund 3,5 Prozent nach oben.

Zuletzt hatte die noch im alten Jahr beschlossene US-Steuerreform den Kursen frischen Schwung verliehen. Investoren setzen auf höhere Unternehmensgewinne. Mögliche Risiken etwa durch eine stärkere Straffung der Geldpolitik der US-Notenbank als erwartet finden derzeit wenig Beachtung.

Aus charttechnischer Sicht zeichnet sich laut dem Analysten Hans-Peter Reichhuber von der BayernLB denn auch noch kein Ende des 2009 begonnen langfristigen Aufwärtstrend an der Wall Street ab. Kurzfristig sieht er aber durchaus Risiken. "Allerdings könnte sich die zunehmende Beschleunigung der Aufwärtsbewegung als ungesunde Übertreibung erweisen, die demnächst korrigiert wird", erklärte er in einem Marktkommentar.

Auf der Unternehmensseite rückt langsam aber sicher die beginnende Quartalsberichtssaison der Unternehmen in den Blick. Während viele Unternehmen schon im alten Jahr von der US-Steuerreform profitieren, werden Banken zunächst in Teilen belastet. Denn viele haben sogenannte Verlustvorträge in ihren Büchern stehen, mit denen sie künftige Steuern senken können. Angesichts der niedrigeren Steuerquote sind diese Verlustvorträge nun aber weniger wert - und Abschreibungen werden fällig. Mit Blick auf das Tagesgeschäft hat das aber keine Bedeutung.

Trotz einer massiven Belastung durch die Steuerreform verdient die grösste US-Bank JPMorgan Chase denn auch weiterhin Milliarden. Unterm Strich kamen im Schlussquartal 4,2 Milliarden Dollar als Gewinn heraus. Ein stark laufendes Privatkundengeschäft glich dabei ein anhaltend maues Kapitalmarktgeschäft aus. Die Papiere fielen im vorbörslichen US-Handel um ein halbes Prozent.

Auch die Aktien des Keditkarten-Anbieters American Express fielen um etwa ein halbes Prozent, nachdem die Analysten von JPMorgan sie von "Overweight" auf "Neutral" abgestuft hatten.

Facebook-Aktionäre reagierten negativ darauf, dass die Nutzer des Online-Netzwerks künftig mehr Beiträge von Freunden und Familie statt von Unternehmen, Medien und politischen Gruppen zu sehen bekommen. Die Papiere von Facebook sackten vorbörslich um mehr als 4 Prozent ab. Ob der Schritt negative Folgen für das Geschäft haben wird, bleibt indes abzuwarten. Es wäre auch es denkbar, dass er den Wettbewerb um vorhandene Werbeslots anheizt.

Die Anteilsscheine des Einzelhändlers Kohl's gewannen mehr als 3 Prozent, nachdem die Analysten von JPMorgan und RBC Capital sich zuversichtlicher als noch zuletzt geäussert hatten./mis/ag